Mit der Daily-Soap »Gute Zeiten, Schlechte Zeiten« ist die Schauspielerin Susan Sideropoulos bekannt geworden. Nun startet im ZDF die Makeover-Show »That’s My Style«, bei der sie Frauen auf der Suche nach einem neuen Kleidungsstil unterstützt. Nur wenige wissen, welchen Stellenwert gesellschaftspolitisches Engagement im Leben der 44-Jährigen einnimmt. Im Interview spricht Sideropoulos über ihre neue Show, die Liebe zur Komödie und ihre jüdische Identität.
Frau Sideropoulos, in »That’s My Style« helfen Sie Frauen beim Makeover, also der Suche nach einem neuen Kleidungsstil.
Mehr noch, anders als anderswo kommen unsere Kandidatinnen mit eigenem Budget und einer Herausforderung im Gepäck: grad stark abgenommen zu haben etwa oder ausschließlich schwarz zu tragen. Während ich sie wie Freundinnen an die Hand nehme, schauen meine Stylisten daher nicht nur auf den Look, sondern die Persönlichkeit, mit der sie sich im Vorfeld intensiv auseinandergesetzt haben. Es geht also in erster Linie um den Menschen und erst in zweiter um seinen Style.
Als Entertainerin sind Sie es beruflich gewöhnt, dass andere Ihren Look gestalten. Würden Sie das auch privat zulassen?
Im Prinzip schon, denn es geht dabei um Expertise. Wenn jemand fachlich dazu in der Lage ist, meinen Look mitzugestalten, das also professionell oder aus Überzeugung macht, nehme ich es doch dankbar an.
Andererseits ist gerade der eigene Stil in unserer Selbstoptimierungsgesellschaft so sehr Ausdruck der eigenen Persönlichkeit, dass man ihn sich umso lieber selbst gestaltet.
Vielleicht. Aber gerade weil uns diese Selbstoptimierungsgesellschaft so viel abverlangt, ist es doch völlig legitim, damit überfordert zu sein und wie unsere Kandidatinnen Unterstützung in Anspruch zu nehmen. Ansonsten hätten sie sich ja nicht auf diese Sendung beworben. Wobei wir bei unserer Auswahl auch darauf geachtet haben, alle Altersgruppen, Konfektionsgrößen, Herkunftsgeschichten dabei zu haben.
Andererseits werden hier wieder mal Frauen meist von Männern gestaltet. Sagt Ihnen der Begriff »Male Gaze« etwas?
Noch nicht.
Die weibliche Darstellung in Kunst, Kultur, Medien aus männlicher, meist heteronormativer Perspektive.
Da empfehle ich, dass wir uns mal komplett vom Gedanken verabschieden, ob es nun Männer oder Frauen sind, die Männer oder Frauen stylen. Das sind in erster Linie Menschen, die sich mit Liebe und Leidenschaft für ihren Job engagieren. Ich habe mir in 25 Jahren Berufserfahrung noch nie darüber Gedanken gemacht, wer mich anzieht - zumal es überwiegend Frauen waren.
Aber nur, weil es für Sie persönlich keine Rolle spielt, könnte es ja gesellschaftlich eine spielen...
Aber das ständig zu thematisieren, vertieft doch seinerseits eine Spaltung, die es eigentlich beseitigen will. Dürfen Männer jetzt keine Frauen mehr anziehen? Das ist doch lächerlich.
Das dürfen sie natürlich auch weiterhin, aber ein paar mehr sichtbare Frauen in der Branche wären vielleicht nicht nur in der männerdominierten Haute Couture gut.
Absolut, doch ich sehe die Entwicklung da sehr zuversichtlich.
Okay. Wir reden hier ja auch vom Nachmittagsprogramm, in dem große gesellschaftspolitische Fragen eher selten diskutiert werden.
Absolut. Wir brauchen auch leichte Unterhaltung, die uns emotional berührt und einfach Spaß macht.
Ein Feld, auf dem Sie sich seit Ihrem Karrierebeginn bei »Gute Zeiten, schlechte Zeiten« 2001 bewegen. Sind Sie zufrieden damit, eher in Vorabendformaten vorzukommen als in Problemfilmen ab acht?
Total. Als Schauspielerin liebe ich einfach Komödien, obwohl ich auch Drama und Krimi gedreht habe. Doch die leichte Unterhaltung und Komödie liegt mir einfach und ist ein angenehmes Pendant zu meiner zweiten Existenz. Ich verbringe mittlerweile mindestens die Hälfte des Lebens mit gesellschaftskritischen Themen, engagiere mich sozial, habe verschiedene Dokus moderiert, eine Coaching-Ausbildung absolviert, zwei Bestseller geschrieben und das dritte Buch erscheint diesen Monat.
Und vieles davon hat mit ihrer Familiengeschichte als Enkelin jüdischer Holocaust-Opfer zu tun.
Auch. Ich sehe mich da zwar weder als echte Aktivistin noch Stimme der jüdischen Community an; das möchte ich schon deshalb nicht sein, weil jeder einen eigenen Blick auf die Dinge hat. Was mir aber wichtig ist, sind offene Türen und offene Herzen. Dafür betreibe ich Aufklärung über jüdische Traditionen und jüdisches Leben. Um Vorurteile abzubauen, versuche ich, die Reichweite von Social Media sinnvoll zu nutzen.
Sie sind allerdings eher kulturell als religiös praktizierende Jüdin, oder?
Nennen wir es traditionell praktizierend. Ich bin nicht streng religiös aufgewachsen, wir feiern freitags zu Hause aber Schabbat und auch sonst alle jüdischen Festtage. Meine Kinder hatten gerade ihre Bar Mizwa, ich wurde jüdisch getraut. All so was ist mir wichtig.
Und womöglich noch wichtiger seit dem Massaker vom 7. Oktober 2023 und der antisemitischen Welle, die seither über der Welt bricht?Weil ich mir jetzt - schon aus Selbstschutz - nicht andauernd alles Leid der Welt vor Augen halte, hatte das auf meinen realen Alltag wenig spürbaren Einfluss. Obwohl es natürlich allgegenwärtig ist. Ich möchte meine Energie und Kraft auf die Dinge verwenden, auf die ich echten Einfluss habe. Meiner Meinung nach ist der Großteil der Menschen eigentlich gut. Dass die Minderheit einfach nur wahnsinnig laut ist, soll nicht mein Leben bestimmen. Ich verändere, was in meiner Macht steht, und akzeptiere, was nicht in meiner Macht steht.
Würden Sie diesen Einfluss gerne dazu nutzen, ihre Haltung in einer Fiktion über die Schoah zum Ausdruck zu bringen?
Total gerne. Solche Filme, generell historisch zu drehen - das reizt mich sehr und fehlt auch noch auf meiner Liste. Wenn es auf mich zukommt, würde ich diese Erfahrung auch emotional gerne mal machen.
Dann hoffen wir mal, dass ein paar Produzenten dieses Interview lesen.
Bitte!
»That’s My Style« startet am Sonntag, 15. Juni um 14.55 wöchentlich (sechs Folgen) im ZDF. In der Mediathek sind die jeweiligen Folgen ab Freitag, 10.00 Uhr abrufbar.