Judenhass

Polizeischutz für Konzert mit jüdischer Musik im Beethoven-Haus

Ludwig van Beethoven (1770-1827) Foto: picture alliance / World History Archive

Judenhass

Polizeischutz für Konzert mit jüdischer Musik im Beethoven-Haus

Traditionell erklingt am 17. Dezember, dem Tauftag Beethovens, in seinem Bonner Geburtshaus Musik von ihm. Nicht so in diesem Jahr. Mit dem Konzert wäre Beethoven sicher einverstanden gewesen - aber nicht mit den Umständen

 18.12.2023 13:49 Uhr

Unter Polizeischutz und mit besonderen Sicherheitsvorkehrungen ist am Sonntagabend im Bonner Beethoven-Haus vergessene jüdische Musik aus der Nazizeit aufgeführt worden.

»Dass es in Deutschland wieder notwendig geworden ist, jüdische Musikerinnen und Musiker an Orten wie diesen zu schützen, die für Toleranz und Verständigung stehen, lässt mich schaudern«, sagte der Direktor des Beethoven-Hauses, Malte Boecker, im ausverkauften Kammermusik-Saal: »Widmen wir das Konzert allen Opfern von Antisemitismus in Geschichte und in Gegenwart.«

Vor etwa eineinhalb Jahren habe man sich entschieden, für das traditionelle Tauftagskonzert Ludwig van Beethovens (1770-1827) das Berliner Ensemble »Lebensmelodien« mit seinem Projekt zur Erinnerung an jüdische Musikerinnen und Musiker einzuladen, so Boecker. Nach den Terrorangriffen der radikalislamischen Hamas vom 7. Oktober habe der Abend eine neue Bedeutung erhalten: »Die Musik aus der Zeit des Nationalsozialismus trifft plötzlich auf neue, nicht für möglich gehaltene Formen des Antisemitismus.«

Ende Oktober sei sogar das Beethoven-Haus betroffen gewesen: Die historische Fassade wurde mit pro-palästinensischen und extremistischen Parolen beschmiert. Daher habe man sich für das Sicherheitskonzept entschieden, sagte der Direktor.

Aufgeführt wurden acht Werke jüdischer Musikschaffender aus der Zeit zwischen 1933 und 1945. Das Kammerensemble »Lebensmelodien« mit Gesang von Kantor Isidoro Abramovicz von der Synagoge Charlottenburg brachte Stücke zwischen Melancholie und Ausgelassenheit zu Gehör.

Vor jedem Stück berichtete die Schauspielerin Iris Berben in ebenso unterhaltsamen wie berührenden Texten über die Schicksale der Männer und Frauen, von denen die meisten im Warschauer Ghetto oder im Vernichtungslager Auschwitz ermordet wurden. Die Musik wurde teils auf abenteuerliche Weise gerettet und über Generationen als Familiengeheimnis bewahrt.

Das Projekt »Lebensmelodien« wird unter anderem vom Antisemitismusbeauftragten der Bundesregierung Felix Klein sowie dem Evangelischen Kirchenkreis Tempelhof-Schöneberg unterstützt. Dessen Superintendent Michael Raddatz betonte, »Lebensmelodien« sei auch ein Bildungsprojekt mit bislang bundesweit 300 Schulpartnerschaften.

Weiter verwies er auf die aktuelle humanitäre Katastrophe im Nahen Osten mit einer Unzahl von zivilen Opfern. »Ihnen allen, auf israelischer und palästinensischer Seite, gilt unser Mitgefühl«, so der Geistliche. »Wir stehen bei diesen Konzerten immer mit Juden, Muslimen und Christen zusammen und bitten um den Frieden.«

Der Künstlerische Leiter von »Lebensmelodien«, Nur Ben Shalom, sagte, »in dieser dunklen und schweren Zeit, in der der Antisemitismus immer mehr zunimmt«, stelle er sich die Frage nach der Zukunft.

»Diese Musik ist ein Zeugnis für die Vernichtung des jüdischen Volkes.« Doch es gehe auch um Hoffnung, so der jüdische Künstler: »Wenn wir solche Melodien spielen und die Geschichten hinter ihnen erzählen, bringen wir diese verlorenen Stimmen zurück und kämpfen für die Hoffnung unserer Zukunft«, betonte der Klarinettist.

Brüssel

»Gegen EU-Grundwerte«: Kommission verurteilt Festival

Eine Sprecherin der Europäischen Kommission hat den Boykott der Münchner Philharmoniker und ihres Dirigenten Lahav Shani in die Nähe von Antisemitismus gerückt und scharf verurteilt

von Michael Thaidigsmann  12.09.2025

Sachbuch

Aus dem Leben einer Rebellin

Gerhard J. Rekel hat der jüdischen Sozialaktivistin Lina Morgenstern eine lesenswerte Biografie gewidmet

von Gerhard Haase-Hindenberg  12.09.2025

TV

Auch Niederlande drohen mit ESC-Boykott, wenn Israel teilnimmt

Gastgeber Österreich hat sich bereits eindeutig für eine Teilnahme Israels ausgesprochen

 12.09.2025

Belgien

»Ruf unseres Landes beschmutzt«: Premier rügt Gent-Festival

Premier Bart de Wever kritisiert die Leiter eines belgischen Festivals dafür, die Münchner Philharmoniker und ihren Dirigent Lahav Shani ausgeladen zu haben

 12.09.2025

Nach Canceln in Gent

Solidarität in Berlin: Konzert mit Lahav Shani

Der israelische Dirigent und die Münchner Philharmoniker treten am Montag beim Musikfest Berlin auf

 12.09.2025

Belgien

Prosor: Ausladung von Shani »purer Antisemitismus«

Der israelische Dirigent Lahav Shani darf nicht auf dem Flanders Festival Ghent auftreten, weil er sich nicht genug vom Vorgehen Israels in Gaza distanziert habe. Das sorgt international für Kritik

 12.09.2025

Streaming

»Verstehen statt behaupten«

Ein Gespräch mit Dan Shaked über seine Abneigung gegen Petitionen, das Spionagedrama »The German« und den Dreh mit Schauspielkollege Oliver Masucci

von Katrin Richter  12.09.2025

Sehen!

»Humans 2.0«

Die Suche nach dem Moment des perfekten Gleichgewichts – das australische Ensemble »Circa« gastiert in Berlin

von Bettina Piper  12.09.2025

Kino

Für Hermann Göring lernte Russell Crowe Deutsch

Crowe spielt den Nazi-Verbrecher in »Nuremberg«, einem packenden Thriller über die Nürnberger Prozesse

von Manuela Imre  12.09.2025