Berlin

Glauben (auch) für Ungläubige

»Der Tanach gehört nicht nur den Religiösen, sondern allen.« Dieser Satz von Meir Shalev bei der Eröffnung der 10. Deutsch-Israelischen Literaturtage am Samstagabend im Deutschen Theater in Berlin könnte als Motto der gesamten achttägigen Veranstaltungsreihe stehen.

»Glaubenssachen« heißt das Thema, und zum Auftakt war der israelische Schriftsteller die Idealbesetzung. Der 1948 geborene Autor las aus seinem bei Diogenes deutsch erschienenen Buch Aller Anfang, in dem er den Tanach, die hebräische Bibel, systematisch auf erste Erwähnungen liest – den ersten Kuss, das erste Lachen, den ersten Traum und, last not least, die erste Liebe.

Die taucht als Begriff, wie man erfuhr, in der Schrift nicht bei Adam und Eva auf, auch nicht bei anderen Paaren, sondern bei Abraham und Isaak, als Elternliebe.

Nationalepos Den Gegenpart zu Shalev, dem säkularen Zionisten, für den der Tanach das israelische und jüdische Nationalepos ist, gab auf der Bühne Eva Menasse. Die 1970 in Wien geborene Autorin las aus ihrem 2009 bei Kiepenheuer & Witsch herausgekommenen Erzählungsband Lässliche Todsünden. Todsünden sind eine Kategorie der katholischen Theologie.

Das passt zu Menasses Biografie, die als Tochter eines säkularen jüdischen Vaters und einer christlichen Mutter mehr oder minder katholisch erzogen wurde, aber – auch ausweislich eines goldenen Magen David, den sie um den Hals trägt – sich dem Judentum verbunden fühlt.

jubiläum Warum die Veranstalter der Literaturtage, das Goethe-Institut und die den Grünen nahestehende Heinrich-Böll-Stiftung, für das Jubiläum der seit 2005 stattfindenden Literaturtage gerade das nicht unbedingt zeitgeistige Thema Glauben gewählt haben, hatte zuvor in seiner Eröffnungsrede Ralf Fücks vom Vorstand der Böll-Stiftung sehr plausibel gemacht.

Zwischen Israel und Deutschland, so Fücks, gebe es jede Menge Asymmetrien in der Wahrnehmung von Geschichte, Politik und Gesellschaft. Eine, und nicht die unwichtigste, sei eben der Glaube: Während Deutschland in weiten Teilen eine areligiöse Gesellschaft geworden sei, könne man Israel nicht denken ohne Religion. Ein Thema, das deshalb mit Sicherheit nicht nur diese Deutsch-Israelischen Literaturtage bis zum 13. April beschäftigen wird.

www.goethe.de/literaturtage
www.boell.de/literaturtage

Holzstörche zur Geburt in Niederösterreich. Noch immer werden neben den klassischen Namen viele biblische Namen den Kindern gegeben.

Statistik

Diese hebräischen Vornamen in Österreich sind am beliebtesten

Österreichische Eltern wählen gern Klassiker. Unter den Top Ten sind auch viele Namen biblischen Ursprungs

von Nicole Dreyfus  16.11.2025

TV-Tipp

Sie ging über Leichen: Doku »Riefenstahl« zeigt eine überzeugte Nationalsozialistin

Das Erste zeigt Andres Veiels vielschichtigen Dokumentarfilm über Leben und Wirken von Hitlers Lieblingsregisseurin Leni Riefenstahl. Der Film geht auch der Frage nach, wie ihre Filme bis in die Gegenwart ausstrahlen

von Jens Hinrichsen  16.11.2025

TV-Tipp

»Unser jüdischer James Bond«

Die Arte-Doku »Der Jahrhundert-Spion« erzählt die schillernde Lebensgeschichte des Ex-CIA-Agenten Peter Sichel, der seinerzeit den Ausbruch des Kalten Kriegs beschleunigte

von Manfred Riepe  16.11.2025

Aufgegabelt

Noahs Eintopf

Rezepte und Leckeres

 16.11.2025

Kunst

Illustrationen und Israel-Hass

Wie sich Rama Duwaji, die zukünftige »First Lady von New York«, auf Social Media positioniert

von Jana Talke  13.11.2025

Kino

Zwischen »Oceans Eleven« und Houdini-Inszenierung

»Die Unfassbaren 3« von Ruben Fleischer ist eine rasante wie präzise choreografierte filmische Zaubershow

von Chris Schinke  13.11.2025

Amsterdam

Chanukka-Konzert im Concertgebouw kann doch stattfinden

Der israelische Kantor Shai Abramson kann doch am 14. Dezember im Amsterdamer Konzerthaus auftreten - allerdings nur bei zusätzlich anberaumten Konzerten für geladene Gäste

 13.11.2025

Geheimnisse & Geständnisse

Plotkes

Klatsch und Tratsch aus der jüdischen Welt

 13.11.2025

Film

Dekadenz, Krieg und Wahnsinn

»Yes« von Nadav Lapid ist provokativ und einseitig, enthält aber auch eine tiefere Wahrheit über Israel nach dem 7. Oktober

von Sascha Westphal  13.11.2025