Geheimdienst

Die Akte Gehlen

Eine derart ungebrochene Karriere war wohl nur in der Nische der Geheimdienste möglich: Im deutschen Vernichtungskrieg gegen die Sowjetunion leitete Reinhard Gehlen die Ostspionage – und nach dem Krieg den Geheimdienst der Bundesrepublik. Dort scharte er alte Kameraden um sich. Eine Kommission von vier Historikern darf nun Licht in die Trübe jener Jahre werfen: Der Nachrichtendienst-Kenner Wolfgang Krieger (Marburg), der Militärhistoriker Rolf-Dieter Müller (Potsdam) und die Zeitgeschichtler Jost Dülffer (Köln) und Klaus-Dietmar Henke (Dresden) sollen beim BND umfassende Akteneinsicht erhalten. Der Untersuchungszeitraum ist beschränkt auf die Jahre 1945 bis 1968 – also genau die Regentschaft Gehlens. Die Verträge mit dem BND stehen kurz vor dem Abschluss, bereits in wenigen Wochen könnten sich die Aktenschränke in Pullach erstmals öffnen.

Das Bundeskriminalamt war schon 2008 mit einer Studie zur Geschichte des eigenen Hauses herausgekommen, das Auswärtige Amt vor einigen Monaten; die Hausgeschichte des BND soll 2015 der Öffentlichkeit präsentiert werden. BND-Präsident Ernst Uhrlau (SPD) hatte sich zwar bereits 2006 dafür ausgesprochen, die Geschichte des Dienstes offenzulegen. Erst jetzt steht allerdings auch das Bundeskanzleramt dahinter.

»Das Umdenken kommt spät«, sagt das Mitglied der Historikerkommission Klaus-Dietmar Henke. Wie gründlich es ausfällt, ist auch noch ungewiss: Zwar sollen die Historiker unbeschränkten Zugang zu allen Akten erhalten. Allerdings: Bevor ihr Ergebnis an die Öffentlichkeit geht, wird der BND jede geschriebene Zeile kontrollieren. Die Historiker dürfen nicht alles veröffentlichen, was sie entdecken.

vorgaben Es gebe, so Henke, die klare Vorgabe, dass die Historiker Rücksicht nehmen auf die Sicherheitsinteressen der Bundesrepublik, auf die Belange der »Partnerdienste« sowie auf die Persönlichkeitsrechte einzelner BND-Beamter. »Natürlich ist das ein Problem«, sagt Henkes Kommissionskollege Wolfgang Krieger. Man müsse das aber als Preis für die wertvolle Akteneinsicht hinnehmen – solange der BND nicht versuche, Informationen nach politischem Gutdünken zu selektieren.

Genau davor warnen manche. Die Historikerin Gaby Weber, die seit Jahren die braunen Wurzeln des BND auf eigene Faust erforscht, beklagt, dass die Agenten oft sogar die ältesten Akten im Namen angeblicher Sicherheitsinteressen schwärzten. Zuletzt mussten Journalisten den BND gar verklagen, um Einsicht in Akten über den NS-Verbrecher Adolf Eichmann zu erhalten. Auch hier waren Sicherheitsinteressen der heutigen Bundesrepublik vorgeschoben worden – das Bundesverwaltungsgericht sah das anders.

Dass solche Konflikte »vorprogrammiert« sind, wie Wolfgang Krieger sagt, schreckt die Historiker jedoch nicht ab. »Was die historische Wahrheit betrifft«, so kündigt Kommissionsmitglied Klaus-Dietmar Henke an, »werden wir uns nichts abhandeln lassen.«

Fernsehen

»Mord auf dem Inka-Pfad«: War der israelische Ehemann der Täter?

Es ist einer der ungewöhnlichsten Fälle der deutschen Kriminalgeschichte. Die ARD packt das Geschehen nun in einen sehenswerten True-Crime-Vierteiler

von Ute Wessels  30.04.2025

Medien

Leon de Winter wird Kolumnist bei der »Welt«

Bekannt wurde er vor mehr als 30 Jahren mit Romanen wie »Hoffmanns Hunger«. Jetzt will der niederländische Autor Leon de Winter in Deutschland vermehrt als Kolumnist von sich hören lassen

von Christoph Driessen  29.04.2025

Fernsehen

»Persischstunden«: Wie eine erfundene Sprache einen Juden rettet

Das Drama auf Arte erzählt von einem jüdischen Belgier, der im KZ als angeblicher Perser einen SS-Mann in Farsi unterrichten soll. Dabei kann er die Sprache gar nicht

von Michael Ranze  29.04.2025

Berlin

Antisemitismusbeauftragter für alle Hochschulen soll kommen

Details würden derzeit noch im Senat besprochen, sagte Wissenschaftssenatorin Ina Czyborra

 29.04.2025

Jerusalem

Seltenes antikes Steinkapitell wird in Israel ausgestellt

Ein Fund aus dem Jahr 2020 gibt israelischen Archäologen Rätsel auf. Die Besonderheit des Steinkapitells aus römischer Zeit: Es ist mit einem mehrarmigen Leuchter - im Judentum Menorah genannt - verziert

 29.04.2025

Berlin

Jüdisches Museum erforscht Audio-Archiv von »Shoah«-Regisseur

Claude Lanzmann hat mit seiner epochalen Dokumentation »Shoah« Geschichte geschrieben. Das Jüdische Museum Berlin nimmt ein Doppeljubiläum zum Anlass, um das umfangreiche Recherchematerial des Regisseurs zu erschließen

von Alexander Riedel  29.04.2025

Köln

»Charlie Hebdo«-Überlebender stellt Comic zu NS-Raubkunst vor

»Zwei Halbakte« heißt ein 1919 entstandenes Gemälde von Otto Mueller. Die Geschichte des Kunstwerks hat der französische Zeichner Luz als Graphic Novel aufgearbeitet. Mit teils sehr persönlichen Zugängen

von Joachim Heinz  28.04.2025

Berlin

»Eine Zierde der Stadt«

Es ist einer der wichtigsten Orte jüdischen Lebens in Deutschland: Vor 30 Jahren wurde das Centrum Judaicum im denkmalgeschützten Gebäude der Neuen Synagoge in der Oranienburger Straße in Berlin-Mitte eingeweiht

 28.04.2025

Paris

»Bambi«-Neuverfilmung: Nah an Felix Saltens Original

Ganz ohne Spezialeffekte und Animation: In Michel Fesslers »Bambi«-Neuauflage stehen echte Tiere vor der Kamera. Das Buch wurde einst von den Nazis verboten

von Sabine Glaubitz  28.04.2025