Finale

Der Rest der Welt

Ich hoffe natürlich, dass mein Auszug weniger dramatisch und lang wird, als der, an den wir Tausende Jahre erinnern. Foto: Thinkstock

Finale

Der Rest der Welt

Was meine neue Wohnung mit dem Pharao zu tun hat

von Naomi Bader  26.03.2018 17:59 Uhr

Noch vor dem ersten Biss in eine Mazze begannen bei mir dieses Jahr die unverdaulichen Angelegenheiten. Und dabei ging es nicht um den Auszug aus Ägypten, sondern um meinen Auszug von zu Hause.

Als ich meiner Mutter erzählte, ich hätte eine bezahlbare Wohnung in Köln gefunden, antwortete sie traurig: »Wieso denn ausgerechnet jetzt? Ich habe mich doch gerade erst an dich gewöhnt.«

Und so sehr es auch eine unverträgliche Nachricht für sie gewesen sein mag, dass ihre Jüngste nun wirklich und richtig ausziehen würde – ich für meinen Teil musste daraufhin erst einmal verdauen, dass meine eigene Mutter mehr als 20 Jahre gebraucht hatte, um sich an mich – ihre Tochter – zu gewöhnen.
Leicht verletzt antwortete ich also, dass sie mich würde ziehen lassen müssen.

Gan Eden Die Anspielung auf die Pessachgeschichte – den Pharao, der seine jüdischen Sklaven nicht ziehen lassen will – gefiel ihr allerdings gar nicht. Es sei mit uns beiden eher eine umgekehrte Pessachgeschichte gewesen, meinte sie. Statt Sklavenarbeit hätte ich hier im Gan Eden gelebt und sie trotzdem mit einer ewig unausgeräumten Spülmaschine, Tausenden Schuhen im Flur und überall herumliegenden Kleidungsstücken geplagt. Wenn überhaupt also, müsste sie ausziehen, damit es auch nur ansatzweise zur Erzählung passe.

Nach zähen Verhandlungen einigten wir uns, dass ich ohne weitere Plagen das Haus verlassen würde. Dann aber sahen wir eine weitere schwierige Aufgabe auf uns zukommen. Denn wie Moses damals das Rote Meer teilte, mussten wir unsere bisher gemeinsam genutzte und sehr geliebte Schal-Sammlung, die einem Meer aus Stoff gleicht, teilen. Aber wir haben es geschafft, und jetzt gibt es für sie und mich nur noch zwei letzte, schwer verdauliche Angelegenheiten an Pessach: die Mazzot, und dass ich damit noch ein letztes Mal unbesorgt zu Hause herumkrümeln werde.

Manna Außerdem hoffe ich natürlich, dass mein Auszug weniger dramatisch und lang wird, als der, an den wir Tausende Jahre später noch erinnern. Und für die Zeit nach dem Umzug bin ich jetzt schon gefasst auf die Wüste – im Kühlschrank. Mein Äquivalent zu Manna: Nudeln mit Pesto.

Sorgen machte sich meine Mutter schließlich nur noch um meinen zukünftigen Mitbewohner. Ich versuchte, sie zu beruhigen: Wir werden keine Spülmaschine haben, es ist also völlig in Ordnung, Geschirr einfach in die Spüle zu stellen. Es wird auch keine Kaffeemaschine geben, deren letzte Ladung ich trinken könnte, und wenn der Kühlschrank mit mir auch oft leer bleiben wird – ich habe doch jetzt eine tolle Schal-Sammlung zu bieten, die ich mit ihm teilen kann.

Die interessierte meinen zukünftigen Mitbewohner allerdings wenig, als ich ihm dann neulich die Anekdote mit meiner Mutter erzählte. Seine Reaktion: »Fast 22 Jahre hat sie gebraucht?! Wie soll ich es dann mit dir schaffen?«

Nachruf

Filmproduzent mit Werten

Respektvoll, geduldig, präzise: eine Würdigung des sechsfachen Oscar-Preisträgers Arthur Cohn

von Pierre Rothschild  15.12.2025

Meinung

Xavier Naidoos antisemitische Aussagen? Haken dran!

Der Mannheimer Sänger füllt wieder Konzertsäle. Seine Verschwörungserzählungen über Juden und holocaustrelativierenden Thesen scheinen kaum noch jemanden zu stören

von Ralf Fischer  15.12.2025

Los Angeles

Bestürzung über Tod von Rob Reiner und Ehefrau Michele

Der jüdische Regisseur und seine Frau wurden tot in ihrem Haus aufgefunden. Die Polizei behandelt den Fall als mögliches Tötungsdelikt

 15.12.2025

Justiz

Gericht: Melanie Müller zeigte mehrmals den Hitlergruß

Melanie Müller steht erneut vor Gericht: Die Schlagersängerin wehrt sich gegen das Urteil wegen Zeigens des Hitlergrußes und Drogenbesitzes. Was im Berufungsverfahren zur Debatte steht

von André Jahnke  14.12.2025

Feiertage

Weihnachten mit von Juden geschriebenen Liedern

Auch Juden tragen zu christlichen Feiertagstraditionen bei: Sie schreiben und singen Weihnachtslieder

von Imanuel Marcus  14.12.2025

Nachruf

Trauer um Hollywood-Legende Arthur Cohn

Arthur Cohn war immer auf der Suche nach künstlerischer Perfektion. Der Schweizer Filmproduzent gehörte zu den erfolgreichsten der Welt, wie seine Oscar-Ausbeute zeigt

von Christiane Oelrich  12.12.2025

Computerspiel

Lenny Kravitz wird James-Bond-Bösewicht

Als fieser Schurke will der Musiker im kommenden Jahr dem Agenten 007 das Leben schwer machen – allerdings nicht auf der Kinoleinwand

 12.12.2025

Berlin

Jüdisches Museum bekommt zusätzliche Förderung

Das Jüdische Museum in Berlin gehört zu den Publikumsmagneten. Im kommenden Jahr feiert es sein 25. Jubiläum und bekommt dafür zusätzliche Mittel vom Bund

 12.12.2025

Aufgegabelt

Latkes aus Dillgürkchen

Rezepte und Leckeres

 12.12.2025