Wuligers Woche

Der Preis ist heiß

Nur bedingt nobel: Die israelfeindliche BDS-Bewegung ist für den Friedensnobelpreis nominiert. Foto: imago stock&people

Der Literaturnobelpreis fällt dieses Jahr ins Wasser. Schuld ist ein, wie man auf Kölsch sagt, »Föttchesföhler«, der die Schwedische Akademie aufgemischt hat, von der die schon wegen der Dotierung mit 750.000 Euro hoch begehrte Auszeichnung verliehen wird.

Das ist schade, weil damit auch zwei in bildungsbürgerlichen Kreisen beliebte Gesellschaftsspiele flachfallen: Die Raterunde »Wer kriegt den Preis?« vor der Verleihung, und nach Bekanntgabe des Empfängers »Wer ist das? Nie von dem/der gehört.« (Jüdische Variante: »Ist das jemand von uns?«)

boykott Natürlich gibt es auch noch andere Nobelpreise – für Medizin, Physik, Chemie und Volkswirtschaft. Aber um da mitreden zu können, muss man sich in der Materie etwas auskennen. Von Literatur dagegen versteht jeder etwas. Wie vom Nahostkonflikt. Womit wir beim Friedensnobelpreis sind. Für den ist dieses Jahr unter anderem die israelfeindliche BDS-Bewegung nominiert. Das sind die Leute, die eine Berliner Kulturveranstaltung boykottierten, weil ein israelischer Teilnehmer 500 Euro Reisekostenzuschuss von seiner Regierung bekommen hatte.

Nun sagt eine Nominierung noch nichts aus. 1939 war Adolf Hitler für den Friedensnobelpreis vorgeschlagen worden, bekam ihn aber dann doch nicht und fing aus Frustration darüber den Zweiten Weltkrieg an. Die Chancen, dass BDS am 10. Dezember nach Oslo eingeladen wird, sind gering. Bei dem britischen Wettanbieter Ladbrokes werden die Israelboykotteure nur unter »Andere« gelistet. Ganz oben stehen dort aktuell Kim Jong-un und sein südkoreanischer Kollege Moon Jae-in mit einer Quote von 4 zu 6, gefolgt von Donald Trump mit 10 zu 1 und weiter unten Angela Merkel mit 16 zu 1. Von unseren Leuten ist keiner dabei. Nicht einmal Bibi Netanjahu.

BDS sollte sich dennoch nicht grämen. Wenn Oslo nicht klappt, gibt es noch viele andere schöne Ehrungen, bei denen Antizionisten traditionell beste Chancen besitzen. Zum Beispiel den Erich-Maria-Remarque-Friedenspreis der Stadt Osnabrück, den schon Uri Avnery und Henning Mankell erhalten haben.

Hamas Oder der Theodor-W.-Adorno-Preis der Stadt Frankfurt/Main, der 2012 an Judith Butler (»Hamas und Hisbollah sind progressiv und links«) ging. Nicht zu vergessen der Wilhelmine-von-Bayreuth-Preis für Toleranz und Humanität in kultureller Vielfalt.

Den verlieh die Stadt Bayreuth 2016 an die amerikanische Frauenorganisation »Code Pink«, die zuvor in Teheran an einer Konferenz von Schoa-Leugnern teilgenommen hatte. Zwar reichen die Preisgelder dieser Auszeichnungen nicht an die eine Million Euro heran, die es für den Nobelpreis gibt. Aber jeder hat mal klein angefangen.

Kommendes Jahr, wenn die Schwedische Akademie sich halbwegs berappelt hat, soll auch der Literaturnobelpreis wieder vergeben werden. Ich nominiere schon mal Armin Langer für sein fiktionales Gesamtwerk.

Programm

Termine und TV-Tipps

Termine und Tipps für den Zeitraum vom 28. August bis zum 4. September

 27.08.2025

Sachbuch

Die Gruppe 47, Günter Grass und die ersten »Shitbürger«

»WELT«-Herausgeber Ulf Poschardt rechnet in seinem neuen Bestseller »Shitbürgertum« auch mit der Kontinuität des deutschen Judenhasses ab. Ein exklusiver Auszug

von Ulf Poschardt  27.08.2025

Filmfestspiele

Gal Gadot wird zur Hassfigur in Venedig

In einem offenen Brief verlangen 1500 Unterzeichner die Ausladung der israelischen Schauspielerin von den Filmfestspielen. Doch die hatte offenbar nie die Absicht, nach Venedig zu kommen

von Nicole Dreyfus  27.08.2025

Atlanta

Woody Allen verteidigt Auftritt bei Moskauer Filmfestival

In einem CNN-Interview legt der Regisseur und Schauspieler dar, warum er an dem russischen Event teilnahm

 27.08.2025

Essay

Übermenschlich allzumenschlich

Künstliche Intelligenz kann Großartiges leisten. Doch nicht zuletzt die antisemitischen Ausfälle von Elon Musks Modell »Grok« zeigen: Sie ist nicht per se besser als ihre Schöpfer. Ein alter jüdischer Mythos wirft Licht auf dieses Dilemma

von Joshua Schultheis  27.08.2025

Archäologie

Vorform der Landwirtschaft: Steinsicheln für die Getreideernte

Funde aus einer Höhle in Zentralasien stellen Annahmen zur Entstehung der Landwirtschaft infrage. Offenbar liegen deren Ursprünge nicht nur in der Region Vorderasien, die auch das heutige Israel umfasst

von Walter Willems  26.08.2025

Digital

Initiative von Heidelberger Hochschule: Neuer Podcast zum Judentum

»Jüdische Studien Heute« als Podcast: Das neue Angebot der Hochschule für Jüdische Studien Heidelberg will alle zwei Wochen Forschungsthemen aufgreifen und Einblicke in die jüdische Lebenswelt bieten

von Norbert Demuth  26.08.2025

Zahl der Woche

1902

Fun Facts und Wissenswertes

 26.08.2025

TV-Tipp

»Barbie« als TV-Premiere bei RTL: Komödie um die legendäre Puppe

Im ersten Realfilm der 1959 von Ruth Handler erfundenen Puppe ist Barbieland eine vor Künstlichkeit nur so strotzende Fantasie

von Michael Kienzl  26.08.2025