Zu Fuss durchs jüdische New York

Steins Zeit

Immer wieder war ich an der Central Synagogue in Manhattan mit ihren hübschen zwei türkisgoldenen Zwiebeltürmen vorbeigelaufen, und immer wieder war ich nicht hineingegangen – warum? Weil mir etwas dazwischenkam, weil ich gerade keine Zeit hatte, weil mir anderes wichtiger war. Aber am vergangenen Mittwoch habe ich mich mittags um 12.45 Uhr dann endlich doch einer Besichtigungstour angeschlossen. Und als ich die Eingangspforte durchschritten hatte, fühlte ich mich gleich wie daheim in der ganz alten Welt: Klar, dachte ich, maurischer Stil!

Legende Für Nichteingeweihte: Im 19. Jahrhundert verbreitete sich in Deutschland eine Legende, die von protestantischen und jüdischen Intellektuellen in die Welt gesetzt wurde. Dieser Legende zufolge hatte es im mittelalterlichen Spanien unter muslimischer Herrschaft ein goldenes Zeitalter der Toleranz gegeben, in dem Muslime, Christen und Juden einträchtig nebeneinander lebten. Resultat: Viele deutsche Synagogen erinnerten von außen ein bisschen an Moscheen und sahen von innen wie die Alhambra aus.

Die Central Synagogue in Manhattan wurde 1870 eben von Jeckes, von preußischen Juden, erbaut. Kein Wunder, dass ich mir gleich wie zu Hause vorkam. Irgendwie sah es hier ja fast so aus wie in der Rykestraße in Berlin – nur unvergleichlich viel prächtiger, größer auch, mit eindrucksvollen bunten Glasfenstern und einer gewaltigen Orgel. Ja, man feierte in der Central Synagogue von Anfang an Reformgottesdienste, und früher wurde dabei auch auf Deutsch gebetet. Die nette und kundige Frau, die uns herumführte, erzählte uns, dass sich jeden Freitagabend hier sieben- oder achthundert Leute zum Kabbalat Schabbat einfinden. »Dies ist kein Museum«, sagte sie. Wie schön.

Lärm Irritierend fand ich allerdings, dass Henry Fernbach, der Architekt, die Bima in Richtung Westen ausrichtete – weg von der lärmenden Lexington Avenue, aber eben auch weg von Zion. Ähm: Seit wann neigt man sich in Richtung Kalifornien und schaut Jerusalem beim Davenen mit dem Allerwertesten an?

Central Synagogue, 646 Lexington Avenue

Spanien

Mallorca als Vorbild

Das Stadtparlament von Palma hat eine Antisemitismus-Resolution verabschiedet – anders als der Rest des Landes

von Sabina Wolf  26.07.2024

Sport

Der Überflieger

Artem Dolgopyat ist in Israel ein Star. Bei den Olympischen Spielen 2021 in Tokio gewann der Turner Gold, 2023 wurde er Weltmeister. Nun tritt er in Paris an

von Martin Krauß  26.07.2024

Europäisches Parlament

»Zittert. Das hier ist nur der Anfang«

Die frisch gebackene französische Abgeordnete Rima Hassan hetzt gegen Israel

von Michael Thaidigsmann  25.07.2024

Ausstellung

Olympioniken im KZ Buchenwald

Auf dem Ettersberg bei Weimar treffen unterschiedlichste Biografien aufeinander

von Matthias Thüsing  25.07.2024

Frankreich

»Man ist schließlich französisch«

Ganz Paris feiert die Olympischen Spiele. Ganz Paris? Nicht alle Juden fühlen sich vom erwünschten »Wir-Effekt« angesprochen. Denn das Land bleibt zerrissen

von Sophie Albers Ben Chamo  25.07.2024

USA

Die zweite Wahl?

Mit dem Rückzug von Joe Biden und der Kandidatur von Kamala Harris könnte das Rennen um die Präsidentschaft noch einmal richtig spannend werden

von Michael Thaidigsmann  24.07.2024

Jüdische Emigration

Die Niederlande - Ein Ort der Zuflucht für Juden?

Die Historikerin Christine Kausch nimmt das Leben jüdischer Flüchtlinge in den Blick

von Christiane Laudage  24.07.2024

Vor 80 Jahren

Von Rhodos nach Auschwitz

1944 wurden 2000 Jüdinnen und Juden von Rhodos nach Auschwitz deportiert. Nur wenige überlebten

von Irene Dänzer-Vanotti  23.07.2024

Jerusalem

Nach Gaza entführter Holocaust-Experte für tot erklärt 

Der Historiker Alex Dancyg ist in der Geiselhaft umgekommen

 22.07.2024