Jüdischer Weltkongress

Niemanden zum Sündenbock machen

Ronald S. Lauder, Präsident des Jüdischen Weltkongresses Foto: Marco Limberg

Vor einer neuen Welle von Hass und Vorurteilen in Zeiten von Corona warnt Ronald S. Lauder. Der Präsident des Jüdischen Weltkongresses (WJC) äußerte sich in einem Gastbeitrag für die »Süddeutsche Zeitung« (Donnerstag) besorgt darüber, dass angesichts der Pandemie alte Verhaltensmuster wiederbelebt würden, »ob in den dunklen Tiefen des Internets oder in öffentlichen Mitteilungen«.

Anstatt die Ausbreitung des Virus zu bekämpfen, würden Frauen und Männer zu Sündenböcken gemacht, schreibt Lauder. Zu den Betroffenen gehörten nicht nur asiatischstämmige Menschen, weil die Pandemie in China ihren Ursprung nahm, sondern auch Juden.

schuld »Als im 14. Jahrhundert die Beulenpest in Europa wütete, wurden Juden verantwortlich gemacht, weil ihre Vorväter angeblich Brunnen vergiftet hätten«, so Lauder. Nach Deutschlands Niederlage im Ersten Weltkrieg hätten deutsche Nationalisten den Juden die Schuld dafür gegeben.

Adolf Hitler habe daran wenig später anknüpfen können. »Mit einem katastrophalen Ergebnis, das im Holocaust mit dem Massenmord an sechs Millionen Juden endete.«

Aktuell transportieren nach den Worten Lauders beispielsweise Medien in der Türkei, Griechenland, Ungarn oder Algerien antisemitische Vorurteile und Verschwörungstheorien.

Aktuell transportieren nach den Worten Lauders beispielsweise Medien in der Türkei, Griechenland, Ungarn oder Algerien antisemitische Vorurteile und Verschwörungstheorien. Es seien »ressentimentgeladene Karikaturen hakennasiger Juden« in Umlauf sowie die Behauptung, Juden würden Machtpositionen in Politik, Finanz- und Gesundheitswesen dazu benutzen, das Virus zu verbreiten.

Krise »Wenn wir eines in den vergangenen Wochen gelernt haben, dann dass wir durch diese Krise nur gemeinsam hindurchkommen. Das Virus unterscheidet nicht zwischen reich und arm, Stadt oder Land, Asiaten, Europäern, Afrikanern oder Amerikanern«, hält Lauder fest.

»Kurz gesagt: Wir werden einander brauchen. Wenn wir diese schwierige Zeit mit Schuldzuweisungen vergeuden, wird es umso schwieriger, nicht nur die Menschheit von dieser Erkrankung selbst zu heilen, sondern auch unsere Gesellschaften angesichts unabsehbarer sozialer und wirtschaftlicher Auswirkungen.«

Deshalb, so der Appell des WJC-Präsidenten, reiche es nicht aus, nur auf eine aggressive Sprache zu verzichten. »Wir müssen vielmehr einschreiten, wo sie verwendet wird.«  kna

New York

Ex-Krypto-König Bankman-Fried soll für 25 Jahre ins Gefängnis

Noch vor zwei Jahren wurde Sam Bankman-Fried als Finanzgenie und Galionsfigur einer Zukunftswelt des Digitalgelds gefeiert. Nun soll er als Betrüger mehr als zwei Jahrzehnte hinter Gittern verbringen

von Andrej Sokolow  28.03.2024

Interview

Der Medienschaffer

Der Ausnahmejournalist und Unternehmer Roger Schawinski über Erfolg, Judenhass und den 7. Oktober

von Nicole Dreyfus  28.03.2024

Nachruf

Joe Lieberman stirbt mit 82 Jahren

Fast ein Viertel Jahrhundert lang setzte er sich als Senator auch für jüdische Belange ein

von Imanuel Marcus  28.03.2024

USA

Bildhauer Richard Serra gestorben

Für mehr als 100 öffentliche Orte schuf er Skulpturen – von Philadelphia und St. Louis bis Bochum und Kassel

 27.03.2024

Moskau

Evan Gershkovich bleibt in Untersuchungshaft

Putin will den inhaftierten US-Journalisten gegen russische Gefangene auszutauschen

 26.03.2024

Glosse

Woher stammt der Minderwertigkeits-komplex vieler Schweizer gegenüber Deutschen?

Und was verbindet die Identitätskarte mit der Rappenspalterei?

von Nicole Dreyfus  25.03.2024

Schweiz

Antisemitismus-Problem an Schulen

Die Zahlen sind erschreckend, doch die Stadt Bern wiegelt ab. Und jüdische Eltern verlieren das Vertrauen

von Nicole Dreyfus  24.03.2024

Großbritannien

»Beste Wünsche für eine Refua Schlema«

Oberrabbiner Sir Ephraim Mirvis und das Board of Deputies wenden sich nach ihrer Krebsdiagnose an Prinzessin Kate

 24.03.2024 Aktualisiert

Jubiläum

Mehr als koscheres Pastrami-Sandwich

New York feiert in diesem Jahr seinen 400. Geburtstag. Eine Reise durch die jüdische Geschichte der Stadt

von Hannes Stein  23.03.2024