Großbritannien

»Kein guter Ort für Juden«

Tuvia Tenenbom Foto: Gregor Zielke

Herr Tenenbom, Sie waren jetzt in London, während der sogenannten »Israeli Apart-heid Week«. Was haben Sie dort erlebt?
Die britischen Juden, mit denen ich gesprochen habe, sind in diesen Tagen doch recht besorgt. Ich habe sogar unter jungen Menschen echte Angst erlebt, sich hier als Jude zu erkennen zu geben. Als ich zu einem Vortrag vor jüdischen Studenten der Cambridge-Universität mit dem Taxi abgeholt wurde, haben sich die Veranstalter noch nicht einmal getraut, dem Fahrer genau zu sagen, wohin er mich fahren sollte, also in die Nähe der Synagoge. Sie hatten auch Sicherheitsbedenken, die Veranstaltung vorher anzukündigen. Und als ich sie darauf ansprach, sagten sie, sie hätten nur vereinzelte Stände von Israelgegnern auf dem Universitätsgelände wahrgenommen, sonst sei alles in bester Ordnung.

Sie glauben, das ist nicht die Wahrheit?
Nein, sie versuchen, sich etwas vorzumachen. Großbritannien ist kein guter Ort für Juden. Die Sicherheitsmaßnahmen sind noch schlimmer als in Deutschland. Die Juden dort leben in ständiger Angst.

Ein britisches Phänomen?
Das glaube ich nicht. Es ist in anderen europäischen Ländern vergleichbar. Der Hass auf Juden äußert sich sowohl direkt als auch in obsessiver Kritik an der israelischen Regierung.

Aber die Londoner Regierung hat doch jetzt erst ein Anti-Boykott-Gesetz erlassen.

Aber gleichzeitig unterstützt die britische Regierung antiisraelische NGOs finanziell. Sie sind genauso auf den israelisch-palästinensischen Konflikt fokussiert wie andere europäische Regierungen und Parlamente. Es gibt so viele Brennpunkte im Nahen Osten und dem Rest der Welt – warum kümmern sie sich nicht um Tschetschenien oder den Sudan? Warum interessieren sie sich nicht für die Palästinenser in den arabischen Ländern, denen es richtig schlecht geht? Nein, diese einseitige Fokussierung auf Israel ist doch letztlich nur ein neues Gesicht des alten Antisemitismus.

Speziell bei den Briten?
Nein, keineswegs. Manche Deutsche meinen verrückterweise, dass sie sich, weil Deutschland damals die Juden umgebracht hat, heute um die Rechte der Palästinenser kümmern müssen. Ebenso gibt es Briten, die sagen, dass die Palästinenser heute nicht so viele Probleme hätten, wenn die Briten den Juden 1948 nach dem Mandat kein Land gegeben hätten. Dieses Denken ist völlig unmoralisch. Aber so denkt man auch in anderen europäischen Ländern, etwa Schweden oder Norwegen. Jedes Land hat da seine eigene Meschigassen.

Sehen Sie die Gefahr nur in Europa?

Das ist ein Phänomen, das überall in der westlichen Welt zu beobachten ist, sogar in den USA. Ich war dort jetzt mehr als sechs Monate für mein neues Buch »Allein unter Amerikanern« unterwegs. Und ich habe es nicht für möglich gehalten, aber unter jungen Amerikanern verbreiten sich die gleichen Vorurteile gegenüber Juden und Israel. Erschreckend!

Mit dem Autor des Buches »Allein unter Juden«, Journalisten und Theaterregisseur sprach Detlef David Kauschke.

Award

Sarah Jessica Parker erhält Golden-Globe-Ehrenpreis

Die Schauspielerin soll für besondere Verdienste um das Fernsehen ausgezeichnet werden

 14.11.2025

Tel Aviv

Noa Kirel und Daniel Peretz heiraten mit »kleiner Feier«

Die Sängerin und der HSV-Torwart standen in Jaffa unter großen Sicherheitsvorkehrungen unter der Chuppa

von Nicole Dreyfus  13.11.2025

Ausstellung

Avantgardistin der Avantgarde

Berthe Weill förderte nicht nur die moderne Kunst der Jahrhundertwende, als Galeristin war sie selbst eine Schlüsselfigur. Eine Ausstellung in Paris ehrt die Pionierin

von Sabine Schereck  13.11.2025

Kommentar

In Zohran Mamdanis New York werden Juden geduldet, nicht akzeptiert

»Liberale Zionisten« müssen in der Regierung des neuen Bürgermeisters keinen »Lackmustest« fürchten. Was beruhigend klingen soll, zeigt, wie stark der Antisemitismus geworden ist - nicht zuletzt dank Mamdani

von Gunda Trepp  11.11.2025 Aktualisiert

Zürich

Goldmünze von 1629 versteigert

Weltweit existieren nur vier Exemplare dieser »goldenen Giganten«. Ein Millionär versteckte den Schatz jahrzehntelang in seinem Garten.

von Christiane Oelrich  11.11.2025

USA

Mehrgewichtig, zionistisch und stolz

Alexa Lemieux ist Influencerin in den sozialen Medien und zum Vorbild für viele junge jüdische Frauen geworden

von Sarah Thalia Pines  11.11.2025

Prag

Der Golem-Effekt

Seit mehr als fünf Jahrhunderten beflügelt das zum Schutz der Juden geschaffene Wesen aus Staub und Worten die Fantasie. Ein Blick zurück mit Büchern, Filmen und den »Simpsons«

von Sophie Albers Ben Chamo  11.11.2025

Raubkunst

Zukunft der Bührle-Sammlung ungewiss

Die Stiftung Sammlung E. G. Bührle hat ihren Stiftungszweck angepasst und streicht die Stadt Zürich daraus

von Nicole Dreyfus  10.11.2025

Wien

Österreichs Regierung mit neuer Strategie gegen Antisemitismus

KI-gestützte Systeme zum Aufspüren von Hate Speech, eine Erklärung für Integrationskurse, vielleicht auch Errichtung eines Holocaust-Museums: Mit 49 Maßnahmen bis zum Jahr 2030 will Wien gegen Antisemitismus vorgehen

 10.11.2025