Der von der russischen Justiz zur Fahndung ausgeschriebene Schriftsteller Dmitry Glukhovsky erwartet kein rasches Ende des Krieges von Kremlchef Wladimir Putin gegen die Ukraine. »Der Krieg wird noch lange weiter gehen«, sagte er der Deutschen Presse-Agentur.
»Ein Ende kann man nur erwarten im Fall eines Machtwechsels oder wenigstens durch den Wechsel des Präsidenten«, sagte der russisch-jüdische Autor (42), der aktuell nicht in Russland ist, weil ihm dort ein Gerichtsverfahren und viele Jahre Straflager drohen. Glukhovsky soll nach Meinung der russischen Justiz dem Ansehen der russischen Armee geschadet haben.
»Der Krieg wurde von ihm (Putin) persönlich losgetreten«, sagte Glukhovsky. »Die gesellschaftliche Unterstützung hat sich nur mit Schwierigkeiten entfaltet, als der Krieg begann. Und wie es im Fall von anderen auf eine Person zugeschnittenen Regimes und Diktaturen ist, lässt sich erst nach dem Tod des Anführers mit radikalen Veränderungen rechnen auch in der Außenpolitik und im militärischen Vorgehen.«
Der Autor der »Metro«-Trilogie, der auch Deutsch spricht, ist seit Jahren ein scharfer Kritiker des russischen politischen Systems. Nach Beginn des russischen Angriffskrieges gegen die Ukraine hatte er wiederholt in sozialen Netzwerken die Invasion verurteilt. Zu den Folgen des in Abwesenheit erstellten Haftbefehls und der Fahndung sagte Glukhovsky (»Der Posten«, »Text«): »Für mich heißt das, dass ich nicht mehr in die Heimat zurückkehren kann. Die Fahndung zwingt mich, in Europa zu bleiben. Und ich habe keine Absicht zurückzukehren.«
Zugleich meinte Glukhovsky, dass er weder der Erste noch der Letzte sei, dem es so ergehe. »Es gibt andere Autoren, Publizisten, Regisseure, Philosophen und Politiker, die gehen mussten, um ihre Freiheit zu behalten.« Aber leicht sei das nicht. »Das ist sehr schade, weil ich Russland sehr liebe, mich viel damit verbindet - Familie, Freunde, Haus, meine Kindheit, meine Kultur und Sprache. Dort ist Heimat. Wie ich damit nun leben kann, weit davon entfernt, weiß ich noch nicht.«
Aus Glukhovskys Sicht wäre es ein Fehler, wenn der Westen auf Russland zuginge in diesem Konflikt. »Ich würde in dieser Lage die Deutschen und die Regierung und Europa aufrufen wollen, nicht zu versuchen, die russische Führung zu besänftigen oder zufrieden zu stimmen oder ihnen die Möglichkeit zu geben, das Gesicht zu wahren, weil das nur zu noch mehr Blut und Appetit führen kann«, sagte er.
»Es ist jetzt so ein Fall, in dem zu viel für die Ukraine, für Russland und den ganzen Kontinent auf dem Spiel steht und Prinzipienfestigkeit gefragt ist, als dass man den allgemeinen Wertekompass Europas in der gegenwärtigen politischen Konjunktur verlassen kann.« dpa/ja