Ungarn

Budapester Revisionismus

Blick auf die ungarische Hauptstadt Budapest. Auf dem Gelände des ehemaligen Josefstädter Güterbahnhofs soll das neue Museum entstehen. Foto: dpa

Die Auseinandersetzung um das geplante »Haus der Schicksale« in Budapest geht weiter. Vor Kurzem fand ein weiteres Treffen zwischen dem Vorsitzenden des jüdischen Verbands Mazsihisz, András Heisler, und ranghohen Regierungsvertretern statt – ohne Ergebnis. János Lázár, Minister im Büro des Premiers, beharrt auf den Plänen des Kabinetts, der umstrittenen Historikerin Mária Schmidt Konzeption und Führung des neuen Museums anzuvertrauen.

Seit mehr als einem Jahr argumentiert Mazsihisz gegen diese Idee: Schmidt fehle sowohl die professionelle Kompetenz als auch die internationale Anerkennung auf dem Gebiet der Holocaust-Studien, so Heisler. »Ich kann mir schwer vorstellen, dieses Projekt als international anerkanntes Holocaust-Museum zu entwickeln, wenn Frau Schmidt federführend beteiligt wäre.«

Konzept Die rechtskonservative Historikerin gilt als eine der wichtigsten intellektuellen Figuren, die der Regierungspartei Fidesz nahestehen. Sie leitet seit 2002 das Budapester Totalitarismus-Museum, das unter dem Namen »Haus des Terrors« die Verbrechen des ungarischen Faschismus und Staatssozialismus thematisiert. Linksliberale Publizisten und Intellektuelle kritisieren das Konzept dieser Einrichtung und behaupten, dass Schmidts Perspektive auf die neuere Geschichte das Land stets als Opfer ausländischer Besatzung präsentiere und damit Ungarns Schuld an den Verbrechen relativiere.

In der Tat liegt dieser Eindruck nahe. In Aufsätzen und öffentlichen Auftritten der Historikerin ging es mehrmals um die »Instrumentalisierung des Holocaust«, die darauf abziele, die ungarische Nation pauschal für schuldig zu erklären. Schoa-Opfer und ihre Nachfahren »bestehen nach wie vor darauf, uns zu sagen, um wen wir trauern sollen und um wen nicht«, sagte Schmidt in einem Fernsehinterview. »Sie verlangen jeden Tag unser Mitgefühl, während sie blind und taub für das Leid der anderen bleiben.«

Angesichts solcher Behauptungen gilt sie für viele ungarische Historiker als revisionistisch und wenig geeignet, das kollektive Gedächtnis der Ungarn zu gestalten. Ihren Kritikern wirft Schmidt vor, Ungarns nationales Interesse nicht zu berücksichtigen.

Diplomatie Vor diesem Hintergrund erscheinen Mazsihisz’ Argumente eher diplomatisch formuliert, glauben regierungskritische Publizisten. Tatsächlich ist der jüdische Verband auf eine gewisse Kooperation mit den Machthabern angewiesen. Und auch Fidesz bemüht sich, die Beziehungen mit der jüdischen Gemeinde nicht allzu sehr zu beschädigen. So soll jetzt etwa die Renovierung einiger Synagogen staatlich gefördert werden. Und Minister Lázár verspricht immerhin, dem neuen Museum nicht im Alleingang grünes Licht zu geben.

Schweiz

NGO verklagt Schweiz wegen Kauf israelischer Drohnen

Ein Kollektiv aus Genf will mit einer Klage erreichen, dass die Schweiz keine Drohnen aus Israel beschafft

 17.07.2025

London

Geheimbesuch vom Monarchen

Er kam, um ihr persönlich zum Geburtstag zu gratulieren, und blieb eine halbe Stunde: König Charles III. war bei Anita Lasker-Wallfisch zu Gast

von Michael Thaidigsmann  17.07.2025

Auszeit

Mit Schwimmkleid ins Wasser

Wie orthodoxe Frauen im Sommer am Zürichsee eine Auszeit vom Alltag nehmen

von Nicole Dreyfus  17.07.2025

Geburtstag

Einziger jüdischer NASA-Chef: Dan Goldin wird 85

Als er Administrator der Raumfahrtbehörde wurde, wollte er alles »schneller, besser und billiger« hinkriegen. Denn Geldfresser bremsten die NASA

von Imanuel Marcus  17.07.2025

Iran

Esthers Kinder

Wie die älteste Diaspora-Gemeinschaft 2700 Jahre überlebte – und heute erneut um ihre Existenz kämpft

von Stephen Tree  16.07.2025 Aktualisiert

Interreligiöser Dialog

»Das ist Verrat«

Ein Imam aus den Niederlanden nahm an einer Reise muslimischer Geistlicher nach Israel teil - prompt verlor er seinen Job

von Michael Thaidigsmann  15.07.2025

USA

Düsterer »Nice Jewish Boy«

Seinen ersten Kinofilm sah Ari Aster im Alter von vier Jahren und ist fast daran gestorben. Als junger Hollywood-Regisseur mischt er nun das Horror-Genre auf

von Sarah Thalia Pines  14.07.2025

Die in Genf geborene Schweizer Schriftstellerin und Philosophin Jeanne Hersch aufgenommen im März 1999

Philosophie

Der Moment des Staunens

Am 13. Juli jährt sich der Geburtstag von Jeanne Hersch zum 115. Mal. Lange wurde die Existentialistin ausgerechnet von der akademischen Forschung marginalisiert – und kaum als jüdische Philosophin wahrgenommen

von Richard Blättel  11.07.2025

Spanien

»Haut ab, ihr Hurensöhne« - Wirt vertreibt Israelis

Ein Gastwirt rastet gegenüber einer Gruppe israelischer Touristen aus, beschimpft sie und verweist sie des Lokals

von Michael Thaidigsmann  11.07.2025