Beschneidungsdebatte

Brit ohne Schnitt

Gut vorbereitet: Utensilien für die Brit Mila Foto: Rafael Herlich

In Deutschland macht im Beschneidungsstreit ein seltsamer Kompromiss die Runde. Der Linken-Abgeordnete Jens Petermann forderte am 19. Juli im Bundestag, die Beschneidung »ins Schmerzlos-Symbolische zu verschieben« und zu warten, bis der Junge 14 sei und selbst entscheiden dürfe. Ähnlich Martin Benninghoff vergangene Woche in der Financial Times Deutschland: Er rief jüdische Eltern auf, ihre Söhne nur noch »symbolisch« zu beschneiden.

Petermann und Benninghoff richten ihren Blick nach Großbritannien. Dort seien, behaupten sie, in einigen jüdischen Gemeinden nicht chirurgische Initiationsriten gängige Praxis. Doch stimmt das? Jon Benjamin vom Board of Deputies of British Jews, der jüdischen Dachorganisation des Landes, sagt: »Das ist kompletter Unsinn.«

Auch die beiden Chabad-Rabbiner Mendel Cohen und Moshe Muller wissen nichts von symbolischen Beschneidungen. Maurice Levenson von der Londoner Initiation Society, einer über 250 Jahre alten Institution, die für die höchsten medizinischen und religiösen Standards bei Beschneidungen sorgt, schüttelt ebenfalls den Kopf.

progressiv Ähnlich geht es Rabbiner Tony Bayfield, Präsident der Bewegung für Reformjudentum. Auch Rabbiner Mark Goldsmith von der Londoner North Western Reform Synagogue und Rabbinerin Jackie Tabick von der Northwest Surrey Synagogue, die sich »progressiv« nennt, haben noch nie von symbolischen Beschneidungen gehört, ebenso wenig wie Rabbiner Ian Morris von der Sinai Synagogue in Leeds oder Rabbiner Reuven Silverman aus Manchester. »Das heißt aber nicht, dass es das nicht gibt«, sagen Tabick und Morris.

Rabbiner Jonathan Romain von der Londoner Maidenhead Synagogue allerdings weiß von einer »kleinen Minderheit« von Eltern, die sich gegen eine Beschneidung entscheiden und stattdessen die Namensgebung mit alternativen Ritualen wie Segenssprüchen und Gebeten feiern. »Die meisten dieser Eltern sind gemischt-religiöse Paare, dessen einer Partner gegen die Beschneidung ist, nicht aber gegen eine jüdische Identität des Kindes«, sagt Romain.

säkular Laura Miller aus London berät solche Paare seit 15 Jahren. Sie führt jährlich knapp 50 Mal eine alternative Zeremonie, die sogenannte Brit Shalom (deutsch: Friedensbund), durch. Miller gehört dem säkular-humanistischen Judentum an, »doch die Brit Shalom wird auch in anderen Gemeinden zelebriert«, sagt sie.

Der Arzt Mark D. Reiss führt eine Liste von Leuten, die eine Brit Shalom durchführen. In der Rubrik »Großbritannien« ist Miller die Einzige. »Andere wollen nicht veröffentlicht werden«, sagt Reiss. »Aber seit etwa sechs Monaten erhalte ich verstärkt Anfragen von Eltern.«

Schweiz

NGO verklagt Schweiz wegen Kauf israelischer Drohnen

Ein Kollektiv aus Genf will mit einer Klage erreichen, dass die Schweiz keine Drohnen aus Israel beschafft

 17.07.2025

London

Geheimbesuch vom Monarchen

Er kam, um ihr persönlich zum Geburtstag zu gratulieren, und blieb eine halbe Stunde: König Charles III. war bei Anita Lasker-Wallfisch zu Gast

von Michael Thaidigsmann  17.07.2025

Auszeit

Mit Schwimmkleid ins Wasser

Wie orthodoxe Frauen im Sommer am Zürichsee eine Auszeit vom Alltag nehmen

von Nicole Dreyfus  17.07.2025

Geburtstag

Einziger jüdischer NASA-Chef: Dan Goldin wird 85

Als er Administrator der Raumfahrtbehörde wurde, wollte er alles »schneller, besser und billiger« hinkriegen. Denn Geldfresser bremsten die NASA

von Imanuel Marcus  17.07.2025

Iran

Esthers Kinder

Wie die älteste Diaspora-Gemeinschaft 2700 Jahre überlebte – und heute erneut um ihre Existenz kämpft

von Stephen Tree  16.07.2025 Aktualisiert

Interreligiöser Dialog

»Das ist Verrat«

Ein Imam aus den Niederlanden nahm an einer Reise muslimischer Geistlicher nach Israel teil - prompt verlor er seinen Job

von Michael Thaidigsmann  15.07.2025

USA

Düsterer »Nice Jewish Boy«

Seinen ersten Kinofilm sah Ari Aster im Alter von vier Jahren und ist fast daran gestorben. Als junger Hollywood-Regisseur mischt er nun das Horror-Genre auf

von Sarah Thalia Pines  14.07.2025

Die in Genf geborene Schweizer Schriftstellerin und Philosophin Jeanne Hersch aufgenommen im März 1999

Philosophie

Der Moment des Staunens

Am 13. Juli jährt sich der Geburtstag von Jeanne Hersch zum 115. Mal. Lange wurde die Existentialistin ausgerechnet von der akademischen Forschung marginalisiert – und kaum als jüdische Philosophin wahrgenommen

von Richard Blättel  11.07.2025

Spanien

»Haut ab, ihr Hurensöhne« - Wirt vertreibt Israelis

Ein Gastwirt rastet gegenüber einer Gruppe israelischer Touristen aus, beschimpft sie und verweist sie des Lokals

von Michael Thaidigsmann  11.07.2025