Aserbaidschan

Besuch aus dem Kaukasus

In Aserbaidschan, einer ehemaligen Sowjetrepublik zwischen dem Kaspischen Meer und dem Kaukasus, leben rund 30.000 Juden. Das heute vor allem muslimisch geprägte Land zwischen Europa und Asien blickt auf eine mehr als 2500-jährige jüdische Geschichte zurück.

Wie vielfältig jüdisches Leben in Aserbaidschan aussieht, hat vergangene Woche eine Ausstellung des Fotografen Etibar Jafarov in der Synagoge Pestalozzistraße in Berlin gezeigt. Parallel dazu wurde an dem Abend ein Buch mit Jafarovs Fotografien präsentiert. An der Ausstellungseröffnung nahmen eine Delegation der jüdischen Gemeinden Aserbaidschans sowie führende Vertreter aus der Politik sowie des Zentralrats der Juden in Deutschland teil.

symbolik Die Synagoge in der Berliner Pestalozzistraße im Stadtbezirk Charlottenburg erstrahlt an diesem Abend im Kerzenlicht und ist von Stimmengewirr belebt. Ganz vorn vor dem Aron Hakodesch hängen die Flaggen Aserbaidschans und Israels – Halbmond und Davidstern – Seite an Seite. Diese ausgeprägte Symbolik der guten Beziehungen zwischen Juden und Muslimen soll sich durch die gesamte Veranstaltung ziehen.

Mit einem Wechsel von aserbaidschanischen und chassidischen Volksliedern stimmt der Chor der Synagoge unter Kantor Isidoro Abramowicz die Teilnehmenden auf einen Abend des jüdisch-muslimischen Dialogs ein.

Das erste Grußwort hält der aserbaidschanische Botschafter in Deutschland, Nasimi Aghayev. Er freue sich, die jüdische Delegation aus seinem Land in Berlin willkommen zu heißen, sagt er. »Wir zeigen, was möglich ist, wenn Juden und Muslime zusammenarbeiten. Maschalla und Masel Tov!«

grußworte Neben dem aserbaidschanischen und dem israelischen Botschafter, Ron Prosor, sind auch Zentralratsgeschäftsführer Daniel Botmann und der Vorsitzende der Jüdischen Gemeinde zu Berlin, Gideon Joffe, in die Pestalozzistraße gekommen. Ihre Grußworte geben der Veranstaltung einen politischen Rahmen.

Ron Prosor stellt Beziehungsebenen heraus, in denen sich Israel und Aserbaidschan seit einigen Jahren annähern: »Wir vernetzen uns weiter in den Bereichen Telekommunikation, Energie, Diplomatie, Sicherheit und Militär. Davon profitieren beide Länder und beide Bevölkerungen.«

In Qırmızı Qesebe befindet sich eine der weltweit größten jüdischen Siedlungen.

In der darauffolgenden Podiumsdiskus­sion erzählen drei Mitglieder der jüdischen Delegation aus Aserbaidschan von ihrer Lebenswirklichkeit in dem Land. Milikh Yevdayev, Vorsitzender der Religionsgemeinschaft der Bergjuden in Baku, hebt seine tiefe Verbundenheit mit Aserbaidschan hervor, einem Land, das, wie er sagt, »Juden und Jüdinnen die uneingeschränkte Ausübung ihrer religiösen Rituale garantiert«. Dafür, betont Yevdayev, sei er sehr dankbar.

Zum Abschluss der Redebeiträge spielt Farida Rustamova, Konzertmeisterin und Mitbegründerin des ersten aserbaidschanischen Kammerorchesters in Deutschland, ein Violinen-Solo.

SYNAGOGEN Im Zentrum des Abends steht die Fotoausstellung. Zentrale Motive sind neben den Synagogen im Land die Bildungseinrichtungen der Bergjuden sowie der aschkenasischen und georgischen Juden in Baku und in Qırmızı Qesebe, der »Roten Stadt«, im Norden des Landes.

»Jerusalem des Kaukasus« genannt, ist sie die größte jüdische Siedlung außerhalb Israels und New Yorks und zugleich das letzte verbliebene Schtetl in Europa. Qırmızı Qesebe wurde bereits im 18. Jahrhundert von dem muslimischen Herrscher Huseynali Khan als Schutzraum für die jüdische Bevölkerung der Region eingerichtet.

Die Bergjuden spielten während der Zeit, als die Rote Stadt gegründet wurde, auch für die Landwirtschaft eine bedeutende Rolle. Die landwirtschaftlichen Fähigkeiten der Bergjuden waren viel gerühmt, auch in den Ebenen, vor allem, als die Bevölkerung wuchs. Heute sind die rund 3200 persischsprachigen Bewohner der Roten Stadt aus dem öffentlichen Leben nicht mehr wegzudenken und in verschiedensten Institutionen des Landes vertreten.

feingefühl Dem Fotografen Etibar Jafarov gelingt es, sowohl die Dynamik auf den Straßen als auch innerhalb des Gemeinde- und Familienlebens mit Feingefühl einzufangen. Jung und Alt werden in ihrem Alltag betend, spielend, lachend, aber auch zu besonderen Anlässen wie einer Barmizwa porträtiert.

Aufnahmen von kostbaren Artefakten wie Trachtenkleidung, Menorot und Torarollen aus dem Jüdischen Museum in Qırmızı Qesebe reflektieren das prachtvolle Erbe der jüdischen Gemeinschaft. Bei den Gästen des Abends stößt die Ausstellung auf positive Resonanz. »Es ist beeindruckend, wie Tradition und Moderne in den Farben und Straßenbildern der Roten Stadt verschmelzen«, sagt eine Besucherin.

Italien / Vatikan

Roms Oberrabbiner kritisiert Papst für Israel-Aussagen

Eine namhafte jüdische Stimme wirft Papst Franziskus in Sachen Gaza-Krieg »selektive Empörung« vor. Bei anderen Konflikten weltweit halte sich das Kirchenoberhaupt dagegen zurück

 18.01.2025

Irland

Der Präsident soll nicht reden

Wenn es nach der jüdischen Gemeinschaft geht, soll Michael D. Higgins, irischer Staatspräsident, in diesem Jahr nicht bei der Gedenkfeier zum Holocaust-Gedenktag sprechen

von Michael Thaidigsmann  16.01.2025

Ungarn

Abschied von der ältesten Olympiasiegerin

Die legendäre Turnerin Ágnes Keleti ist in Budapest gestorben – nach einem langen, außergewöhnlichen Leben voller Medaillen

von Martin Krauß  15.01.2025

Frankreich

Iris Knobloch bleibt Präsidentin des Filmfestivals Cannes

Sie ist die erste Frau an der Spitze des Festivals

 15.01.2025

Porträt

Die Krankenschwester und der Urwalddoktor

Vor 150 Jahren wurde Albert Schweitzer geboren. An seiner Seite wirkte seine Frau Helene Schweitzer Bresslau – eine Heldin, die oft vergessen wird

von Anja Bochtler  15.01.2025

USA

Betrug mit Corona-Hilfen? Jewish Voice for Peace zahlt mehr als halbe Million Dollar zurück

Um einer Verurteilung zuvorzukommen, zahlt die Organisation freiwillig 677.634 Dollar

von Ralf Balke  15.01.2025

Kalifornien

»Es ist okay, nicht okay zu sein«

Wie die jüdische Gemeinschaft in Los Angeles mit den verheerenden Bränden umgeht – ein Zeugenbericht

von Jessica Donath  13.01.2025 Aktualisiert

Essay

Ritt ins Verderben

Gedanken eines österreichischen Juden zu einer möglichen Kanzlerschaft des Rechtsextremisten Herbert Kickl

von Vladimir Vertlib  12.01.2025 Aktualisiert

Frankreich

Zuflucht vor Mobbing

Weil die Zahl antisemitischer Vorfälle dramatisch steigt, nehmen immer mehr jüdische Eltern ihre Kinder von öffentlichen Schulen und schicken sie auf private. Eine Erkundung in Paris

von Florian Kappelsberger  12.01.2025