USA

Aus der Feder eines Massenmörders

Die Tagebücher von Josef Mengele, der Todesarzt von Auschwitz, wurden für 300.000 US-Dollar in den USA versteigert. Der Käufer ist der Enkel eines Holocaust-Überlebenden, er blieb anonym. Die Mengele-Tagebücher haben 3.400 Seiten und decken den Zeitraum von 1960 bis 1975 ab. Der Käufer will nun sie und 5.000 andere Dokumente über den Holocaust der Öffentlichkeit zugänglich machen. Dies sei wichtig, um Holocaust-Leugnern entgegenzutreten, teilte er mit. Sein eigener Großvater habe Mengele in Auschwitz erlebt.

Menachem Rosensaft hingegen, Vizepräsident des Vereins »jüdischer Holocaust-Überlebender und ihrer Nachkommen« kritisierte den Handel. Von Nazi-Memorabilia dürfe niemand profitieren. Der Käufer werde nun reich, da er mit dem physischen Material auch das Copyright und die Filmrechte erworben habe. Rosensafts Mutter ist eine Holocaust-Überlebende, seine Tante war in Auschwitz, und Mengele, sagt Rosensaft, habe sie in die Gaskammer geschickt.

aktionshäuser Noch mehr aber kritisierte Rosensaft das Auktionshaus Alexander Autographs, das auf historische Dokumente, Briefe und Militaria spezialisiert ist, es hat etwa auch ein handsigniertes Bilder von Adolf Hitler verkauft (für 55.000 US-Dollar). Der Präsident von Alexander Autographs, Bill Panagopulos, wies diese Kritik jedoch zurück.

Viele Aktionshäuser handelten mit Nazi-Hinterlassenschaften, und die meisten Käufer seien Juden oder jüdische Institutionen, sagte er. Im übrigen sei er selbst gegen Nazis, das Dorf, aus dem sein griechischer Vater komme, sei von Nazis ausgelöscht worden. Er hatte auch dem Holocaust-Museum Yad Vashem die Bände angeboten, das aber nichts habe bezahlen wollen. Der Verkäufer der Tagebücher ist laut Panagopulos eine amerikanische Firma, die mit Mengele nichts zu tun habe.

Josef Mengele, auch als der »Engel des Todes« bekannt, war einer der notorischsten, und nach den Krieg einer der meistgesuchten Verbrecher des Nazi-Regimes, Aber er entkam. Nicht einmal der Mossad fand ihn. Der SS-Arzt hatte in dem Vernichtungslager Auschwitz Experimente an Menschen gemacht, vor allem an Zwillingen und Schwangeren, er hat auch die selektiert, die in den Gaskammern ermordet wurden.

Mengele floh, wie viele Nazi-Verbrecher, mithilfe der »Rattenlinie«, einem Netzwerk des Vatikans und der italienischen Polizei, das Geld von der CIA bekam. 1949 bestieg er ein Schiff von Italien nach Argentinien, mit einem falschen Pass,1956 stellte ihm die deutsche Botschaft in Buenos Aires Dokumente auf seinen richtigen Namen aus und 1985 legte Rabbiner Marvin Hier vom Simon Wiesenthal Center in Los Angeles Briefe vor, wonach der US-Militärgeheimdienst CIC Mengele kurz nach dem Krieg festgenommen, aber wieder freigelassen hatte. Nun sei er in Paraguay.

fahndung Die CIA ließ in Paraguay nach ihm suchen – das Land wurde damals von einem US-freundlichen Diktator regiert –, ohne Erfolg. Im Juni 1985 entdeckte das Bundeskriminalamt sein Grab in Brasilien. Dort war er sechs Jahre zuvor ertrunken. Die brasilianischen Behörden hatten die Tagebücher seinem einzigen Sohn Rolf gegeben.

In den Tagebücher beschwert sich Mengele über die Promiskuität, den Feminismus und die »Rassenmischung« in Europa, schimpft über die Juden, die »schmutzigen« argentinischen Kinder, bezeichnet US-Präsident Eisenhower als »medioker« und den sowjetischen Staatschef Nikita Chruschtschow als »brutalen Kleinbürger«. Die beiden würden noch die Menschheit mit der Atombombe ausrotten. Die Tagebücher brachten weniger als erwartet ein. Panagopulos hatte mit einer Million Dollar gerechnet.

Web

Schwarmintelligenz auf Abwegen

Alle benutzen Wikipedia, aber kaum einer weiß, dass es immer wieder Manipulationsversuche gibt. Auch bei Artikeln zum Thema Israel

von Hannah Persson  10.02.2025

Rassismus auf WhatsApp

Britischer Staatssekretär entlassen

Andrew Gwynne hatte sich über den »zu jüdisch« klingenden Namen eines Mannes lustig gemacht

 09.02.2025

USA

Der andere Babka-King

Chris Caresnone will Menschen zusammenbringen. Dazu probiert der Influencer live Gerichte aus. Die jüdische Küche hat es ihm besonders angetan. Ein Gespräch über Gefilte Fisch und Menschlichkeit

von Sophie Albers Ben Chamo  09.02.2025

Rom

Achtjähriger getreten, geschlagen und bedroht, weil er eine Kippa trug

Der Täter zückte einen abgebrochenen Flaschenhals, als die Mutter und eine Ladeninhaberin ihn aufhalten wollten

 07.02.2025

Brüssel

Kurswechsel in Belgien?

Am Montag vereidigte König Philippe die neue Föderalregierung unter Führung des flämischen Nationalisten Bart De Wever. Nicht nur im Hinblick auf Nahost dürfte sich einiges ändern

von Michael Thaidigsmann  04.02.2025

Angouleme

Charlie-Hebdo-Karikaturist für Comic über Nazi-Raubkunst geehrt

Nach der Terrorattacke auf sein Satire-Blatt vor zehn Jahren wurde Renald Luzier Comic-Buch-Autor

 03.02.2025

Berlin

Friedman: Totalitäre Regime verbreiten Fantasiegeschichten

Der Publizist sieht die westlichen Demokratien zunehmend unter Druck

 03.02.2025

Andorra

Kleiner, sicherer Hafen?

Die Toleranz hat Geschichte im Zwergstaat zwischen Frankreich und Spanien. Aber die jüdische Gemeinschaft darf keine erkennbare Synagoge haben

von Mark Feldon  02.02.2025

Italien

Kaffeeklatsch in Cinecittà

In den 50er- und 60er-Jahren kam Hollywood in die Ewige Stadt. Stars wie Marlon Brando, Audrey Hepburn und Charlie Chaplin zogen nach Rom. Ein neues Buch liefert den Tratsch dazu

von Sarah Thalia Pines  02.02.2025