Kroatien

Alternative Fakten erleichtern das Gewissen

Gedenkveranstaltung im ehemaligen Vernichtungslager Jasenovac (April 2017); Regisseur Sedlar behauptet in seinem Film, es sei lediglich ein Arbeitslager gewesen. Foto: dpa

Der Regisseur Jakov Sedlar erhielt kürzlich den alljährlich vergebenen Preis der Stadt Zagreb. Vertreter der jüdischen Gemeinde Kroatiens und des serbischen Nationalrats reagierten in einem offenen Brief an den Stadtrat empört auf die Auszeichnung. Sie werfen dem Regisseur vor, Jasenovac nicht als das zu bezeichnen, was es war – ein Konzentrationslager, in dem Juden, Serben und Roma systematisch vernichtet wurden.

Ein besonderer Schlag ins Gesicht der Juden, Serben und Roma in Kroatien ist, dass Sedlar den mit rund 4000 Euro dotierten Preis vier Tage vor der alljährlichen offiziellen Gedenkveranstaltung für die Opfer des Konzentrationslagers erhielt.

Vernichtungslager Sedlars Film Jasenovac – die Wahrheit zufolge handelte es sich bei dem Konzentrationslager Jasenovac lediglich um ein Arbeitslager. Die Zahl der Opfer wird vom Regisseur auf bis zu 20.000 heruntergerechnet. Seriöse Schätzungen gehen indes von 82.000 bis 100.000 Ermordeten aus, vorwiegend Juden, Serben und Roma sowie kroatische und muslimische Oppositionelle. Jasenovac gilt als das einzige Vernichtungslager im Zweiten Weltkrieg in Europa, in dem ohne deutsche Beteiligung planmäßig gemordet wurde.

Der Film trägt »die Wahrheit« im Titel und ist doch nichts anderes als eine Aneinanderreihung von Fake News, »alternativen Fakten« und anderen Begriffen, die derzeit für das Wort »Lüge« in Gebrauch sind. Aufgedeckt haben dies die kroatische Wochenzeitung »Novosti« und das Onlineportal »Lupiga«.

So verwendete Sedlar für den Film gefälschte Überschriften der Zeitung »Vjesnik« und Fotos, auf denen Konzerte und Fußballspiele im Konzentrationslager Jasenovac gezeigt werden. Diese Bilder sollen dem Zuschauer suggerieren, das KZ habe komfortable Freizeitmöglichkeiten geboten. Doch keines der Fotos entstand tatsächlich in dem Todeslager, sondern an anderen Orten – und zu anderen Zeiten.

Darüber hinaus wird in dem Film behauptet, der jüdisch-kroatische Dirigent Milan Sachs sei vorzeitig aus dem Lager entlassen worden. Damit soll der Eindruck erweckt werden, das Ustascha-Regime sei nicht antisemitisch gewesen. In Wahrheit war Milan Sachs aber nie Häftling in Jasenovac. Dies sind nur zwei Beispiele für eine Reihe von Fehlern, Lügen und falschen Darstellungen.

Ustascha Der Film entlastet das Gewissen kroatischer Nationalisten und Rechtsextremer. Die wahren Verbrecher des Zweiten Weltkriegs sind laut dem Film nicht etwa die Nationalsozialisten und ihre Kollaborateure der Ustascha, sondern die jugoslawischen Partisanen, die gegen sie kämpften. In dem Film wird auch behauptet, die jugoslawischen Kommunisten nutzten Jasenovac zwischen 1945 und 1951 als »Todeslager« – eine wirre Unterstellung, für die es keinerlei Belege gibt.

Im vergangenen Jahr wurde der Film auch in Deutschland gezeigt. Die Präsidentin des »Kroatischen Hauses München«, Neda Caktas, setzte sich dafür ein und lobte den Regisseur.

Tschechien

Auf den Wegen der Prager Juden

Während immer wieder neue Formen des Erinnerns gefordert werden, hat in der Goldenen Stadt die Zukunft bereits begonnen

von Kilian Kirchgeßner  12.05.2025

Meinung

Codewort: Heuchelei

Nemo fordert den Ausschluss Israels beim ESC in Basel. Damit schadet der Sieger des vergangenen Jahres der Schweiz und der eigenen Community

von Nicole Dreyfus  11.05.2025

Eurovision Song Contest

Vorjahressieger Nemo gegen Teilnahme Israels am ESC

Für Israel tritt die Sängerin Yuval Raphael an, die die Terroranschläge auf Israel am 7. Oktober 2023 überlebte

 10.05.2025

USA

Juden in den USA wünschen sich Dialog mit neuem Papst

Anders als sein Vorgänger Franziskus hat sich Leo XIV. als Kardinal nicht mit israelkritischen Äußerungen zum Gazakrieg hervorgetan. Jüdische US-Organisationen hoffen auf einen guten Austausch mit dem neuen Papst

von Christoph Schmidt  09.05.2025

USA

Die Magie der Start-ups

Auch Arielle Zuckerberg mischt in der Hightech-Welt mit. Als Investorin ist die Schwester von Mark Zuckerberg derzeit zudem auf jüdischer Mission

von Paul Bentin  08.05.2025

Judenhass

Alarmierende Zahlen

J7 stellt ersten Jahresbericht über Antisemitismus in den sieben größten Diaspora-Gemeinden vo

 07.05.2025

Meinung

Null Toleranz für Gewaltaufrufe

Ein Großereignis wie der Eurovision Song Contest darf keine Sicherheitslöcher zulassen, findet unsere Schweiz-Redakteurin Nicole Dreyfus

von Nicole Dreyfus  07.05.2025

Eurovision Song Contest

Israelische Sängerin Yuval Raphael wird von der Schweiz nicht extra geschützt

Die Basler Sicherheitsbehörden wissen um die angespannte Lage, das Sicherheitsrisiko in der Schweiz ist hoch

von Nicole Dreyfus  06.05.2025

Interview

»Wir sind ein Impulsgeber«

Zentralratspräsident Josef Schuster über die Internationale Task Force gegen Antisemitismus J7, den deutschen Vorsitz und ein Treffen in Berlin

von Philipp Peyman Engel  05.05.2025