Spitzensport

»Wir wollen wie alle sein«

Bei der Sommerolympiade in Berlin 1936 versuchte das NS-Regime, sich weltöffentlich zu zeigen Foto: imago images/AGB Photo

Die Olympischen Spiele in Berlin 1936 sind als Propaganda-Spiele der NS-Diktatur in die Geschichte eingegangen. Ein Jahr nach Verabschiedung der Nürnberger Rassengesetze und zeitgleich mit der Errichtung des Konzentrationslagers Sachsenhausen präsentierte sich Deutschland der Weltöffentlichkeit als weltoffenes und friedliebendes Land.

ANTISEMITISMUS Anlässlich des 85. Jahrestags der Spiele in Berlin fand am 24. August in Tel Aviv eine Konferenz unter dem Titel »Vereint durch Sport« statt. Eingeladen hatte das Center for Jewish Impact gemeinsam mit dem Sportverein Maccabi Tel Aviv und der World Zionist Organization (WZO). Hochrangige Politiker, Historiker, Sportfunktionäre und Sportler aus dem In- und Ausland diskutierten, wie sich Hass, Rassismus und Antisemitismus in Sport und Gesellschaft bekämpfen lassen.

Externer Inhalt

An dieser Stelle finden Sie einen externen Inhalt, der den Artikel anreichert. Wir benötigen Ihre Zustimmung, bevor Sie Inhalte von Sozialen Netzwerken ansehen und mit diesen interagieren können.

Mit dem Betätigen der Schaltfläche erklären Sie sich damit einverstanden, dass Ihnen Inhalte aus Sozialen Netzwerken angezeigt werden. Damit können personenbezogene Daten an Drittanbieter übermittelt werden. Dazu ist ggf. die Speicherung von Cookies auf Ihrem Gerät nötig. Mehr Informationen finden Sie hier.

In seiner Eröffnungsrede unterstrich WZO-Präsident Yaakov Hagoel, dass die Weltgemeinschaft während der Spiele 1936 ihre Augen vor dem Antisemitismus der Nazis verschlossen habe. Auch heute würde die Welt viel zu wenig gegen den wieder erstarkenden Antisemitismus unternehmen. Die israelischen Medaillen bei den Olympischen Spielen in Tokio hätten ihn hingegen mit Stolz erfüllt, so Hagoel. Der Kampf gegen Antisemitismus sei immer auch ein Kampf für ein starkes und selbstbewusstes Israel, das der einzige Garant sei, dass sich der Holocaust nicht wiederhole.

Auch Uzi Dann, Sportjournalist der »Haaretz«, kritisierte, dass sich Institutionen wie der Weltfußballverband FIFA in den letzten Jahren zwar deutlich gegen Rassismus sowie für Toleranz gegenüber der LGBT-Community ausgesprochen hätten, das Problem des Antisemitismus jedoch konsequent vernachlässigten.

SCHICKSALE Die geschäftsführende Direktorin der Holocaust-Gedenkstätte Yad Vashem, Dorit Novak, beleuchtete in ihrem Vortrag die Auswirkungen des Antisemitismus auf jüdische Sportler in Nazi-Deutschland. Dazu las sie Teile des Abschiedsbriefes des Stuttgarter Turners Fritz Rosenfelder aus dem Jahr 1933 vor, der seinen Suizid damit begründete, dass er es »nicht über sich bringen [könne], von der Bewegung, von der das nationale Deutschland die Rettung erhofft, als Vaterlandsverräter betrachtet zu werden«. Gleichzeitig habe es gerade in der Zeit der Schoa zahlreiche Sportler gegeben, die sich gegenüber jüdischen Sportlern solidarisch zeigten und sich sogar aktiv gegen das NS-Regime stellten.

Als Beispiel schilderte Novak die Geschichte des erfolgreichen Radrennfahrers Gino Bartali, der während des Zweiten Weltkriegs als Fahrradkurier für eine italienische Untergrundbewegung tätig war und auch persönlich eine jüdische Familie bei sich versteckte.

Von ihren persönlichen Erfahrungen erzählte die Judoka Shira Rishony, die in den letzten Jahren mit ihrer israelischen Mannschaft an zahlreichen Turnieren im Ausland teilnahm. Es sei nicht ungewöhnlich, dass von Sportlern in bestimmten Ländern verlangt werde, sich in der Freizeit nicht als Israelis zu erkennen zu geben. Aus Sicherheitsgründen müsse man dann »neutrale« Kleidung ohne hebräische Aufdrucke tragen. Selbst bei den Olympischen Spielen schmücke man seit dem Terroranschlag 1972 in München aus Sicherheitsgründen die israelischen Unterkünfte im Olympiadorf nicht wie üblich mit der nationalen Flagge. Dies habe sich erst dieses Jahr in Tokio geändert.

RIVLIN Besonders in Erinnerung geblieben sei ihr das Judo-Grand-Slam-Turnier in Abu Dhabi 2015, so Novak: »Bereits im Vorfeld bedurfte es großer Lobbyarbeit, dass wir überhaupt an dem Turnier teilnehmen durften. Statt unserer gewöhnlichen Judoanzüge mit hebräischer Aufschrift und der israelischen Flagge auf der Brust musste die israelische Mannschaft gemäß einer Vereinbarung mit den Vereinigten Arabischen Emiraten neutrale Anzüge der Internationalen Judo-Föderation tragen. Selbst als Tal Flicker für Israel die Goldmedaille gewann, wurde nicht die israelische Hymne, sondern eine Melodie des internationalen Judo-Verbands gespielt. Ich habe mich damals gefragt: Warum dürfen wir nicht wie alle sein?«

Ehrengast der Konferenz war der ehemalige Staatspräsident Reuven Rivlin, der während der Veranstaltung mit der Auszeichnung »Tolerance in Sports« geehrt wurde. In seiner Dankesrede bekräftigte Rivlin die Wichtigkeit des Kampfes gegen Antisemitismus, betonte jedoch gleichzeitig die eigene Verantwortung.

Wer zu Recht von der Welt fordere, entschieden gegen Antisemitismus vorzugehen, solle sich auch in Israel uneingeschränkt gegen jede Form der Ausgrenzung einsetzen. Sport, so Rivlin, könne tatsächlich rassistische Menschenbilder entlarven: Während die Nazis 1936 jüdische Sportler aus ihrer Mannschaft verbannten, um die Überlegenheit der »arischen Rasse« unter Beweis zu stellen, sei es dem afroamerikanischen Sportler Jesse Owens gelungen, mit seinem vierfachen Leichtathletik-Gold die Absurdität der Rassenideologie vor Augen zu führen. Im Sport, so Rivlin, zähle weder die Herkunft, die Hautfarbe noch der Glaube. Stattdessen sei es nur wichtig, wie fleißig man trainiert habe.

Glosse

Auf, auf zum bewaffneten Kampf!

Eine deutsche Komikerin wechselte am Wochenende wieder einmal das Genre. Enissa Amani versuchte allen Ernstes, rund 150 Berlinern zu erklären, dass Nelson Mandela das Vorgehen der Hamas gegen Israel gutgeheißen hätte

von Michael Thaidigsmann  21.11.2025 Aktualisiert

Palästinensischer Terror

Auch Hamas-Geisel Guy Gilboa-Dalal wurde in Gaza sexuell missbraucht

Der Täter setzte ihm ein Messer an den Hals und sagte: »Wenn du jemandem davon erzählst, bringe ich dich um.«

 21.11.2025

Tourismus

Totes Meer: »Enttäuschende Sehenswürdigkeit«

Warum bekommt ein so schöner Ort eine so miese Bewertung? Welche Touristenorte stehen noch auf der wenig ruhmreichen Liste der enttäuschendsten Urlauberziele auf der Welt?

 21.11.2025

Jerusalem

Gideon Sa’ar verurteilt steigende Terror-Renten der Palästinenser

»Die Palästinensische Autonomiebehörde hat ihre Zahlungen an Terroristen nicht eingestellt. Tatsächlich verdoppelt sie diese fast«, so der Außenminister

 21.11.2025

Meinung

Alles muss ans Licht

Eine unabhängige Untersuchungskommission über die Terroranschläge des 7. Oktober ist ein Akt von Pikuach Nefesch

von Sabine Brandes  21.11.2025

Jerusalem

US-Botschafter: Radikale Siedler nicht repräsentativ für gesamte Gemeinschaft

US-Botschafter: Israel nimmt das Problem ernst und dämmt die gewalttätigen Gruppen ein

 21.11.2025

Geiseln

»Alon – du bist nicht allein«

Der israelisch-deutsche Doppelstaatsbürger Alon Ohel spielt auf dem Klavier, das eigens auf dem Platz der Geiseln für ihn aufgestellt wurde

von Sabine Brandes  20.11.2025

Gaza-Gefangenschaft überleben

»Wut zerstört dich«

Der nach mehr als zwei Jahren aus der Hamas-Gefangenschaft entlassene Avinatan Or hat eine zutiefst bewegende und motivierende Rede über Resilienz gehalten. Eine Dokumentation

von Avinatan Or  20.11.2025

Gespräch

»Der Überlebenskampf dauert an«

Arye Sharuz Shalicar über sein neues Buch, Israels Krieg gegen den palästinensischen Terror und die verzerrte Nahost-Berichterstattung in den deutschen Medien

von Detlef David Kauschke  20.11.2025