Emily Damari, britisch-israelische Überlebende des 7. Oktober und von 471 Tagen Geisel-Gefangenschaft in Gaza, hat auf einer Wohltätigkeitsveranstaltung in London darüber gesprochen, wie sie ihren Entführern bis zum letzten Moment standgehalten hat.
In dem Interview vor Live-Publikum beim jährlichen UJIA-Dinner (United Jewish Israel Appeal) erzählte die 29-Jährige, die ein begeisterter Fußballfan ist, dass die Hamas-Terroristen ihr am Tag der Freilassung ein rotes Sweatshirt zum Anziehen gegeben hätten, zitiert sie der »Jewish Chronicle«. »Aber ich habe es nicht akzeptiert. Ich ziehe kein Rot an, ich bin Maccabi-Tel-Aviv-Fan. Die ganze Welt wird mich in diesem Moment sehen. Ich kann das nicht. Sie sagten: ›Bist du verrückt? Du gehst raus.‹ Und ich sagte: ›Nein. Ich gehe nicht in Rot da raus.‹ Und wie Sie gesehen haben, habe ich Grün getragen.»
Damari stammt aus dem besonders schwer getroffenen Kibbuz Kfar Aza. Sie erinnerte sich an die Schrecken des Morgens, wie Terroristen den Sicherheitsraum aufbrachen, ihren geliebten Hund töteten und sie selbst in die Hand und ins Bein schossen, so der Bericht. Danach seien sie und ihr bester Freund Gali Berman nach draußen gebracht worden. »Wir sitzen auf der Couch auf meinem Balkon (...) ich schaue nach rechts und nach links und sehe, wie etwa 60 oder 70 Terroristen tun, was sie wollen, und das sehr ekstatisch.«
Blut auf dem Fußboden
Damari wurde zusammen mit Gali Berman und dessen Zwillingsbruder Ziv, die noch immer in der Gewalt der Hamas sind, verschleppt. Sie sei zuerst in Wohnungen von Terroristen gebracht worden, »wo eine Familie war, sechs Kinder, Ehefrau, alles«. In der Zeit habe sie vier weitere Geiseln aus ihrem Kibbuz gesehen.
Dann sei sie ins Al-Shifa-Krankenhaus gebracht worden, das kein Ort für Zivilisten gewesen sei, sondern der Hamas, ist sie sich sicher. »Das Erste, was ich sah, als ich den Raum kam, waren ein Toter und Blut auf dem Fußboden.« Als Nächstes zehn oder 15 Terroristen mit Gewehren, und dann sei ein Arzt auf sie zugekommen und habe gesagt »Hallo, ich bin Dr. Hamas«. Der amputierte ihr zwei Finger an der zerschossenen Hand.
Rund 30 Mal sei sie an andere Orte gebracht worden, von Wohnungen mit Familien in Krankenhäuser, von Schulen in Tunnel. In den Tunneln unter dem Gazastreifen seien sie »in kleinen, stinkenden Käfigen« gefangen gehalten worden, »keine Bedingungen zum Überleben«. Mit ihr seien fünf weitere weibliche Geiseln dort gewesen. Sie seien behandelt worden »wie Tiere«.
»Das war der schönste Moment in meinem Leben am schlimmsten Ort meines Lebens.«
Emily Damari
Bei all dem Horror habe sie trotzdem bewusst eine »aktive Rolle« angenommen. »Ich habe versucht, die Wachen zu erziehen. Sie haben uns Gefangene genannt, und ich habe gesagt: ›Ich bin keine Gefangene. Ein Gefangener darf dreimal am Tag essen. Ein Gefangener schläft auf einem Bett. Ein Gefangener kann seine Eltern anrufen, und sei es nur einmal im Monat. Ein Gefangener trinkt Wasser, kann aufs Klo gehen und spülen.« Vor allem habe ein Gefangener etwas falsch gemacht, »ich bin nur in meinem Bett aufgewacht«.
Während sie in Gaza war, habe sie zuerst geglaubt, dass ihre Mutter und ihr Bruder ermordet worden seien. Doch dann habe sie bei der seltenen Gelegenheit, dass ein Terrorist den Fernseher anschaltete, plötzlich ihre »großartige« Mutter gesehen, die ihr Bild hielt und sich für ihre Freilassung einsetzte. »Das war der schönste Moment in meinem Leben an schlimmsten Ort meines Lebens. Ich fand heraus, dass sie am Leben war und für mich kämpfte.«
Als sie nach den Plänen für ihre Zukunft gefragt wird, antwortete Damari, dass Zukunft »ein schwieriges Wort ist, bis alle Geiseln freigelassen sind«, heißt es weiter im Bericht: »Solange meine Freunde noch Geiseln in Gaza sind, kann ich meine Zukunft nicht wirklich sehen.« Für die Gegenwart habe sie gelernt, die kleinen Dinge im Leben zu schätzen, »eine Tasse Wasser zu trinken, meiner Mutter ›Hallo‹ und ›Guten Morgen‹ zu sagen, meine Brüder zu umarmen. Das alles hat einen sehr, sehr großen Wert!« sal