Nahost

Verhandlungen um Geiseln: Vorsichtiger Optimismus in Kairo

Schin Bet-Chef Ronen Bar (l.) und Mossad-Direktor David Barnea sind an den Verhandlungen um eine Freilassung der Geiseln beteiligt. Foto: copyright (c) Flash90 2024

Während die indirekten Verhandlungen in Kairo über eine Freilassung israelischer Geiseln weitergehen, dauert der Krieg gegen den palästinensischen Terror an. Israels Armee beendete in Gaza einen zweiwöchigen Einsatz. Dutzende Hamas-Terroristen wurden getötet und acht ihrer Tunnel zerstört.

Die seit Monaten laufenden indirekten Verhandlungen über ein Geisel-Abkommen sollen in Kairo weitergehen. Eine Delegation des israelischen Inlandsgeheimdienstes Schin Bet und der israelischen Armee reise in die ägyptische Hauptstadt, teilte das Ministerpräsidentenamt in Jerusalem mit. Israel verhandelt nicht direkt mit den Aggressoren der Hamas, die auch diesen Krieg begannen und deren erklärtes Ziel es ist, den jüdischen Staat zu vernichten. Als Vermittler fungieren Ägypten, Katar und die USA.

Bei den schleppend verlaufenden Gesprächen geht es um den Austausch der verbleibenden Geiseln gegen palästinensische Häftlinge in israelischen Gefängnissen und um Wege zu einer dauerhaften Waffenruhe. Die Hamas fordert, dass Israel den von ihr selbst begonnenen Krieg schnell beendet. Israel wiederum möchte sich die Option auf ein militärisches Eingreifen in Gaza auch nach einer Freilassung der Geiseln offenhalten. Es geht um die Sicherheit der israelischen Bevölkerung.

Keine Garantie

Der Verhandlungsprozess kam zuletzt zum Erliegen und setzte erst kürzlich wieder ein, nachdem die Hamas Medienberichten zufolge bei einigen ihrer Positionen Flexibilität gezeigt hatte. Nach einer letzten Runde am Mittwoch in der katarischen Hauptstadt Doha zeigten einige Teilnehmer vorsichtigen Optimismus.

»Wir sehen Fortschritte. Wir sehen die Möglichkeit, dass ein Abkommen erzielt wird«, sagte der US-amerikanische Nationale Sicherheitsberater Jake Sullivan in Washington. »Garantieren können wir das nicht«, fügte er hinzu. »Da müssen noch eine Menge Details festgeklopft werden.«

Ähnlich hatten sich zuvor israelische Regierungsbeamte geäußert. »Wir sind einer Übereinkunft über die Prinzipien eines Deals nahe«, zitierte der israelische TV-Sender Channel 13 einen von ihnen.

Positiver Trend

Bei seiner Abschlusspressekonferenz im Rahmen des Nato-Gipfels in Washington äußerte sich auch US-Präsident Joe Biden optimistisch. »Der Trend ist positiv«, sagte er. Beide Seiten hätten einem von ihm vorgestellten Plan zugestimmt. Nun gehe es darum, die Einzelheiten auszuarbeiten.

Die Entscheidungsträger halten hingegen zumindest nach außen hin an ihren Positionen fest. »Die Mörder von der Hamas klammern sich immer noch an Forderungen, die den Grundzügen (eines Geisel-Abkommens) widersprechen und die Sicherheit Israels gefährden«, sagte der israelische Ministerpräsident Benjamin Netanjahu bei einer Feier zum Abschluss eines Ausbildungsjahrgangs für Offiziere.

Netanjahu bekräftigte seine Forderungen, dass Israel auch nach der Freilassung der Geiseln den Krieg fortsetzen und strategische Stellen im Gazastreifen militärisch besetzt halten werde.

Versagen eingeräumt

Die Terror-Führer der Hamas wiederum warfen ihm vor, die laufenden Verhandlungen zu »verzögern« und zu »sabotieren«. Weiter behaupteten die Terroristen in einer Erklärung, dass sie von den Vermittlern keine Informationen über die Ergebnisse der Gespräche mit der israelischen Seite erhalten hätten.

Eine interne Untersuchung der israelischen Armee über ihre Rolle bei dem Massaker palästinensischer Terroristen am 7. Oktober in einem Kibbuz räumt indes Israel mittlerweile das Scheitern des Militärs ein. »Die Untersuchungskommission stellt fest, dass die israelischen Streitkräfte bei ihrem Auftrag, die Bewohner des Kibbuz Beeri zu schützen, versagt haben«, heißt es in dem veröffentlichten Bericht.

Allein im Kibbuz Beeri nahe der Gaza-Grenze ermordeten die Terroristen 101 Zivilisten. Weitere 30 verschleppten sie in den Gazastreifen, 11 von ihnen befinden sich immer noch in der Gewalt der Hamas. 31 Angehörige von Sicherheitskräften fielen in den Kämpfen mit den mordenden Eindringlingen.

Entscheidender Einsatz

Überlebende des Massakers von Beeri hatten beklagt, dass die Armee erst Stunden nach Beginn des Überfalls am Schauplatz eintraf. Die Bewohner und ein kleines Kontingent des Kibbuz-eigenen bewaffneten Sicherheitsdienstes seien stundenlang auf sich allein gestellt gewesen.

Der interne Armee-Bericht lobt den Mut der Kibbuz-Bewohner und ihres Sicherheitsdienstes. Ihr Einsatz sei entscheidend gewesen, um »die Situation in den ersten Stunden des Kampfes zu stabilisieren und die Ausweitung des Angriffs auf weitere Teile des Kibbuz abzuwenden«.

Überlebende des Kibbuz Beeri begrüßten den Bericht, kritisierten aber zugleich dessen Einengung auf die Rolle der Armee. Vielmehr gehe es auch darum, die Verantwortung von Ministerpräsident Netanjahu zu klären. Dieser weigerte sich bisher beharrlich, Rechenschaft über mögliche eigene Versäumnisse abzulegen.

Drei Siedler

Die US-Regierung verhängte unterdessen weitere Sanktionen gegen Personen und Einrichtungen, die mit der israelischen Besetzung im Westjordanland in Verbindung stehen.

Nach Angaben des US-Außenministeriums waren die Betroffenen unter anderem an Gewalt gegen palästinensische Zivilisten beteiligt, haben deren Land unrechtmäßig »beschlagnahmt« und bedrohen »den Frieden, die Stabilität und die Sicherheit im Westjordanland«.

Die Maßnahmen richten sich gegen drei Einzelpersonen, vier von extremistischen Siedlern errichtete Außenposten im Westjordanland sowie die rechtsradikale Gruppe Lehava.

Zweistaatenlösung abgelehnt

Israel hatte während des Sechs-Tage-Krieges 1967 unter anderem das Westjordanland, den Gazastreifen und Ost-Jerusalem in einem Akt der Selbstverteidigung erobert. Damals versuchten die Nachbarstaaten Ägypten, Syrien und Jordanien, den jungen jüdischen Staat zu vernichten. Sie scheiterten.

Den Palästinensern wurden seit dem Jahr 2000 mehrfach 91 Prozent des Westjordanlandes sowie Gaza und ein autonomes Ost-Jerusalem für einen eigenen Staat angeboten. Sie lehnten entsprechende Abkommen und somit auch die Zweistaatenlösung ab. dpa/ja

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