Ernährung

Trendig veganes Schawuot

Foto: Getty Images

Natürlich laufen auch in diesem Jahr in Israel die Öfen auf Hochtouren, um duftenden Käsekuchen und Gviniot, mit Quark gefüllte Blätterteigtaschen, zu backen. Doch die israelischen Milchprodukthersteller preisen ebenso ihre milchfreien Alternativen an. Schawuot ohne Käse und Milch? »Wenn die Kunden das wünschen, dann natürlich«, meint Michal Betzer, die Marketingleiterin des Unternehmens Tnuva.

Gleichzeitig hält man die Tradition des Verzehrs von Milchprodukten am Feiertag aufrecht. »Ob es sich um den Satz aus der Tora ›Honig und Milch unter die Zunge‹ oder eine wirkungsvolle Marketingbotschaft handelt – Schawuot hat sich als Feiertag festlicher Milch-Mahlzeiten in das israelische Bewusstsein eingebrannt.«

Raffinesse Damit das so bleibt, produzieren die Hersteller vor dem Feiertag ein Vielfaches ihrer regulären Produkte von Milch über Joghurts und Schlagsahne bis zu Cremefüllungen. Darüber hinaus wollen sie die Geschmacksnerven ihrer Kunden mit neuen Produkten kitzeln.

In der Welt der Käsespezialitäten würden Verbraucher in aller Welt einen Schritt nach vorne bei der sensorischen Raffinesse machen, weiß Betzer. »Diejenigen, die bereits Käsefans sind, bewegen sich in Richtung aromatischerer Sorten und wollen etwa kräftigen Blauschimmelkäse. Jenen, die gerade in die Kategorie einsteigen, werden Ziegengouda oder gewürzte Feta-Würfel schmecken. Die altbekannte Käseplatte wird aufgewertet.«

Besondere Bedeutung hätte der »Homecooking-Trend«, der sich in der Corona-Pandemie noch verstärkt habe, sagt Betzer. »Viele Menschen kochen gern und zunehmend zu Hause und wollen dafür bessere und besondere Zutaten, am liebsten einen anderen Käse für jedes Gebäck oder jeden Auflauf.«

Israel ist eine Hochburg der veganen Kulinarik mit mehr Restaurants und Chefköchen, die sich auf fleisch- und milchlose Küche spezialisiert haben, als irgendwo sonst auf der Welt. Entsprechend umfangreich ist das Angebot an Alternativprodukten in den Supermärkten. Auch – und besonders – an Schawuot. Mit neuen Produkten, die rechtzeitig auf den Markt kommen, soll Abwechslung auf den veganen Feiertagstisch gebracht werden.

tierschützer Tierschützern gefällt, dass die Hersteller in diese Richtung investieren. Denn viele betrachten die Milch­industrie als Tierquälerei. Wie die Freedom Farm, die in einem YouTube-Video vor dem diesjährigen Fest erklärt: »Viele Jahre lang haben uns Molkereiunternehmen glauben gemacht, Schawuot sei das Fest der Milch. Hunderte Millionen Schekel werden in Werbung und Marketing investiert. Das Fest der Erstlingsfrüchte, ein Feiertag, der das Getreide des Landes feiern soll, ist zu einem kommerziellen Feiertag geworden. Zwischen diesem und der ursprünglichen Tradition gibt es nur noch wenig Verbindung.«

Um die neuesten kulinarischen Trends aufzuspüren, arbeitet Tnuva mit einigen der bekanntesten israelischen Food-Bloggern zusammen.

Leider habe dies Folgen: »Die Opfer sind die Kälber und Kühe, die Ziegen und Schafe, die täglich zu Millionen versklavt werden, um diese astronomischen Milchmengen zu liefern«, heißt es in dem Video, das dazu aufruft, sich an Schawuot besser Alternativ- statt Milchprodukte schmecken zu lassen.

Das will auch Rabbiner Akiva Gersh, der in seinem Blog dafür plädiert, »keinen Käsekuchen zu essen«. Die ganze Nacht Tora zu studieren, ergebe Sinn, meint er. »Aber was hat das Essen von Kuchen damit zu tun, die Übergabe der Tora zu feiern?« Er macht klar: »Es ist ein Brauch, aber kein Gesetz aus der Tora und keine Verpflichtung. Wenn Sie in den Himmel kommen, werden Sie nicht gefragt: ›Hast du Käsekuchen an Schawuot gegessen?‹«

Die industrialisierte Milchproduktion sei »ein Horror«. Seine Inspiration stamme von Rabbi Avraham Yitzchak HaKohen Kook, dem ersten Oberrabbiner des vorstaatlichen Israel. Der schrieb über die Tierhaltung: »Die Menschheit muss das Prinzip der Existenz der Milch der Mutter anerkennen. Die Mutter lebt nicht, damit sie nur aufgrund des Eigentumsrechts ausgebeutet werden kann. Sondern damit ihr zartes Junges, das Zicklein, das ihr lieb ist, ihre Milch säugen kann.«

Food-Blogger Alternativprodukte liegen aber auch ohne Überzeugung im Trend. Das Unternehmen Tnuva, so Betzer, habe bereits vor 15 Jahren die Bedeutung der Ersatzprodukte erkannt und sei eines der ersten auf diesem Gebiet gewesen. Anfang 2020 fasste das Unternehmen alle Produkte dieser Kategorie unter der Marke »Tnuva Alternative« zusammen. Die Nachfrage kommt nicht nur von veganen Verbrauchern, die etwa fünf Prozent der israelischen Bevölkerung ausmachen, sondern zunehmend von Menschen, die in ihre Ernährung pflanzliche Lebensmittel integrieren wollen.

Um die neuesten kulinarischen Trends aufzuspüren, arbeitet Tnuva mit einigen der bekanntesten israelischen Food-Bloggern zusammen, darunter Ron Yochananov und Yonit Zuckerman. Betzer ist begeistert: »Jeder Blogger bringt eine ganz andere Welt in Sachen Geschmack, Inhalt, Stil und sogar bei der Fotografie mit.« Auch Erez Komrovsky macht mit. Gemeinsam mit Tnuva veranstaltet der Chefkoch zu Schawuot einen Kochkurs und ein Pop-up-Restaurant, mit dem »den kulinarischen Neuheiten eine Bühne gegeben werden soll«. Außerdem haben die Koch-Stars der Social Media das Rezepteheft von Tnuva für den Feiertag gestaltet. Dieses Mal ist auch ein veganes Rezept für »Käsekuchen« dabei – ganz und gar ohne Käse.

Meinung

Der Weg zum Frieden in Nahost führt über Riad

Donald Trump sieht in Saudi-Arabien zunehmend einen privilegierten Partner der USA. Die Israelis müssen gemäß dieser neuen Realität handeln, wenn sie ein Abkommen mit dem mächtigen Ölstaat schließen wollen

von Joshua Schultheis  24.11.2025

Portrait

Die Frau, die das Grauen dokumentieren will

Kurz nach dem 7. Oktober 2023 gründete die israelische Juristin Cochav Elkayam-Levy eine Organisation, die die Verbrechen der Hamas an Frauen und Familien dokumentiert. Unser Redakteur sprach mit ihr über ihre Arbeit und ihren Frust über die Vereinten Nationen

von Michael Thaidigsmann  24.11.2025

Sderot

Zweitägiges iranisches Filmfestival beginnt in Israel

Trotz politischer Spannungen will das Event einen Dialog zwischen Israelis und Iranern anstoßen

von Sara Lemel  24.11.2025

Jerusalem

Israel billigt Einwanderung Tausender Inder mit jüdischen Wurzeln

Die Regierung verspricht sich davon eine Stärkung des Nordens – auch nach den Folgen des jüngsten Kriegs

 24.11.2025

Gaza/Jerusalem

Hamas spähte Social-Media-Profile von IDF-Soldaten aus

Zu den Zielen der Terroristen gehörte es, Armeeanlagen zu kartieren, Schwachstellen zu identifizieren und den Umgang mit israelischen Kampfpanzern zu erlernen

 24.11.2025

Militär

»Die IDF haben ihren Kernauftrag am 7. Oktober nicht erfüllt«

Generalstabschef Eyal Zamir sagte, die israelische Armee sei einer tiefgehenden Untersuchung all dessen verpflichtet, »was an diesem schrecklichen Tag geschehen ist«

 24.11.2025

Beirut

Israel tötet Hisbollah-Anführer

Haitham Ali Tabatabai, der Generalstabschef der Terrororganisation, war Ziel eines israelischen Luftangriffs

 24.11.2025

Nahost

Es brodelt zwischen Israel und dem Libanon

Israelische Armee beschießt nach Bruch des Waffenstillstands durch die Hisbollah Terrorstellungen im Südlibanon und in Beirut

von Sabine Brandes  23.11.2025

Tel Aviv

»Bringt die letzten Drei zurück!«

Demonstranten fordern die Rückgabe der Geiseln aus Gaza – und eine unabhängige Untersuchungskommission

von Sabine Brandes  23.11.2025