Israel

»Neue Hoffnung« will Netanjahu herausfordern

Der ehemalige israelische Bildungsminister Gideon Saar hat den Likud verlassen. Foto: Flash 90

Er hat den Premiersessel fest im Blick – und das nicht erst seit gestern. Gideon Saar, ehemaliger Innen- und Bildungsminister, gilt seit Jahren als schärfster Rivale von Premierminister Benjamin Netanjahu innerhalb des Likuds. Jetzt bricht er aus. Am Dienstagabend verkündete er, seine eigene Partei zu gründen: »Tikwa Chadascha« – die neue Hoffnung.   

Saar, der zum rechten Flügel der konservativen Partei gehörte und mit der TV-Moderatorin Geula Even Saar verheiratet ist, will auch seine neue Partei im rechten Spektrum der israelischen Politik ansiedeln. Seinen Knessetsitz, den er als Likudnik erhalten hatte, werde er sofort abgeben, versicherte er, als er die Neuigkeiten am Dienstagabend bei einer Pressekonferenz in Jerusalem verkündete.

»Der Likud fördert einen Personenkult um Netanjahu.«

Gideon Saar

In einer scharfzüngigen Kritik seines ehemaligen Chefs sagte der 53-Jährige: »Meine Partei ist zu einem Werkzeug für die persönlichen Interessen Netanjahus geworden, bei denen es auch um seinen Prozess wegen krimineller Vergehen geht.« Der Likud fördere einen »Personenkult« rund um den Ministerpräsidenten und habe in den vergangenen Jahren seinen Charakter dramatisch verändert.

FÜHRUNG »Ich kann die Regierung unter Netanjahu nicht weiter unterstützen oder ein Mitglied des Likuds unter seiner Führung bleiben. Israel braucht heute Einheit und Stabilität – Netanjahu bietet nichts davon.« Der Likud ließ kein gutes Haar an der Entscheidung Saars. Grund sei eher seine fallende Popularität und nicht die Sorge um das Land, hieß es.

Im vergangenen Jahr hatte Saar Netanjahu bereits bei den Primaries zur Parteiführung herausgefordert – und verloren. 72 Prozent hatten sich für Netanjahu als Vorsitzenden entschieden Dies hielt den aufstrebenden Politiker dennoch nicht von seinem Ziel ab, Netanjahu zu ersetzen.

Nach der Ankündigung brodelt die Gerüchteküche in Jerusalem über.

Im Gegenteil: In Anlehnung an einen Satz von Menachem Begin, den ersten Likud-Premierminister, warnte Saar vor den moralischen Gefahren für die Nation, wenn eine Führung zu lange an der Macht bleibe: »Netanjahu zu ersetzen ist das Gebot der Stunde«.

Die derzeitige Koalition habe beim Umgang mit der Corona-Pandemie versagt, begründete Saar unter anderem seine Entscheidung. Die Israelis hätten das Vertrauen in das politische System verloren und große Sorge um ihre Zukunft und die ihrer Kinder.

SPEKULATIONEN Nach der Ankündigung brodelt die Gerüchteküche in Jerusalem, wer der »neuen Hoffnung« beitreten könnte, über. Zum einen wird die Vorsitzende des Corona-Komitees in der Knesset und Kritikerin Netanjahus aus den eigenen Reihen, Yifat Shasha-Biton, nach Berichten des Fernsehkanals zwölf hoch gehandelt. Zum anderen wird erwartet, dass Yoaz Hendel und Zwi Hauser beitreten, beide Mitglieder von Derech Eretz, die nach den Wahlen die Zentrumspartei Blau-Weiß verließen.

Ebenfalls ist eine gemeinsame Liste mit der Rechtsaußen-Partei Yamina von Naftali Bennett nicht ausgeschlossen. Und auch der ehemalige Stabschef Gadi Eizenkot könnte eines der führenden Mitglieder werden, munkelt man. Klar ist derzeit noch nichts – und »alles ist offen«, wie Saar passend bemerkte.

Glosse

Auf, auf zum bewaffneten Kampf!

Eine deutsche Komikerin wechselte am Wochenende wieder einmal das Genre. Enissa Amani versuchte allen Ernstes, rund 150 Berlinern zu erklären, dass Nelson Mandela das Vorgehen der Hamas gegen Israel gutgeheißen hätte

von Michael Thaidigsmann  20.11.2025 Aktualisiert

Geiseln

»Alon – du bist nicht allein«

Der israelisch-deutsche Doppelstaatsbürger Alon Ohel spielt auf dem Klavier, das eigens auf dem Platz der Geiseln für ihn aufgestellt wurde

von Sabine Brandes  20.11.2025

Gaza-Gefangenschaft überleben

»Wut zerstört dich«

Der nach mehr als zwei Jahren aus der Hamas-Gefangenschaft entlassene Avinatan Or hat eine zutiefst bewegende und motivierende Rede über Resilienz gehalten. Eine Dokumentation

von Avinatan Or  20.11.2025

Gespräch

»Der Überlebenskampf dauert an«

Arye Sharuz Shalicar über sein neues Buch, Israels Krieg gegen den palästinensischen Terror und die verzerrte Nahost-Berichterstattung in den deutschen Medien

von Detlef David Kauschke  20.11.2025

Israel

Späte Aufklärung

Der Oberste Gerichtshof erwirkt einstweilige Verfügung gegen die politische Untersuchungskommission der Regierung

von Sabine Brandes  20.11.2025 Aktualisiert

Wetter

Hitzewelle im November

In Israel werden Temperaturen erwartet, die deutlich über dem jahreszeitlichen Durchschnitt liegen

 20.11.2025 Aktualisiert

Nahost

Israels Armee greift Hisbollah-Gebäude im Libanon an

Vor einem Jahr trat die Waffenruhe in Kraft. Nun wirft Israel der libanesischen Terrorgruppe vor, sich neu zu strukturieren und aufzurüsten

von Cindy Riechau  19.11.2025

Kommentar

Danke, Berlin!

Die Entscheidung der Behörden, einem Hamas-Fanboy die Staatsbürgerschaft zu entziehen, sendet ein unmissverständliches und notwendiges Signal an alle Israelhasser. Mit Mahnwachen allein können wir die Demokratie nicht verteidigen

von Imanuel Marcus  19.11.2025

Weltall

Studie: Viele ferne Planeten könnten über Wasser verfügen

Israelische und amerikanische Wissenschaftler gehen davon aus, dass diese Himmelskörper Wasser direkt in ihrem Inneren produzieren

 19.11.2025