Tokio

Linoy Ashram schreibt Geschichte

Linoy Ashram im Einzelfinale bei den Olympischen Spielen in Tokio am 7. August 2021 Foto: imago images/Xinhua

Linoy Ashram, die als erste Frau für Israel eine olympische Goldmedaille errungen hat, ist überglücklich über ihren Erfolg. Die 22-Jährige, die sich am Samstag bei den Olympischen Sommerspielen in Tokio in der Disziplin Rhythmische Sportgymnastik durchsetzte, sagte dem israelischen Sender Kanal zwölf am Samstagabend: »Ich habe das immer noch nicht verarbeitet. Ich bin immer noch im Schock darüber, was passiert ist und was ich erreicht habe. Ich habe keine Worte. Das ist so eine aufregende tolle Erfahrung.«

Die Weltranglistenerste Linoy hatte die favorisierte Mehrkampf-Weltmeisterin Dina Awerina, die wegen des Banns von Russland offiziell für das Russische Olympische Komitee (ROC) antrat, knapp auf den zweiten Platz verwiesen. Dritte wurde Alina Harnasko aus Belarus, auf dem vierten Platz landete Arina Awerina, die Zwillingsschwester von Dina Awerina. Der Sieg von Linoy Ashram beendete mehr als 20 Jahre russische Dominanz in der Diszplin Rhythmische Sportgymnastik.

GLÜCKWÜNSCHE Israels Präsident Isaac Herzog gratulierte Linoy Ashram noch am selben Abend zu ihrem Sieg. Das ganze Land sei stolz auf sie, sagte er. Auch Israels Ministerpräsident Naftali Bennett und Außenminister Yair Lapid schlossen sich den Glückwünschen an.

Russland hingegen, das in der Rhythmischen Sportgymnastik erstmals seit mehr als 20 Jahren auch im Gruppenwettbewerb kein Gold geholt hat, protestierte gegen die Entscheidung der Wertungsrichter. Russland wende sich an den Weltverband FIG, um die Situation zu klären, schrieb der Präsident des Russischen Olympischen Komitees (NOK), Stanislaw Posdnajkow, am Sonntag bei Instagram.

»Es wurde sofort Protest eingelegt gegen die Benotung der Juroren (…), dem wurde nicht stattgegeben«, meinte er mit Blick auf die Silbermedaille von Dina Awerina am Samstag. In der Gruppendisziplin siegte am Sonntag Bulgarien.

»MANIPULATION« Bulgarien könne sich zwar auf Augenhöhe messen mit Russland, meinte die Präsidentin des russischen Verbandes der Rhythmischen Sportgymnastik, Irina Winer-Usmanowa. Sie kritisierte aber, dass die Mannschaft für eine schwache Leistung eine höhere Punktzahl als das russische Team für dessen fehlerfreien Auftritt erhalten habe. »Das ist schrecklich.« Russlands »Vormachtstellung« in der Sportart sei nur durch »Manipulationen der Juroren« gebrochen worden, meinte sie.

Die Moskauer Zeitung »Sport-Express« sprach von den »traurigsten Emotionen« für Russland seit mehr als 20 Jahren. »Die Rhythmische Sportgymnastik ist nicht mehr unsere Sportdisziplin.« Das Thema bestimmte in Russland viele Debatten über die Sportwelt hinaus auch in den sozialen Netzwerken.

Die Olympiasiegerin von 2004, Alina Kabajewa, sagte der Zeitung, dass Dina Awerina um ihren Sieg bestohlen worden sei. »Sie haben ihr dumm und frech die verdiente Goldmedaille verwehrt.« Hier gehe es nicht um »Patriotismus, obwohl der wichtig ist, sondern um Professionalität«. Auch NOK-Chef Posdnjakow meinte, dass Awerina die stärkste Leistung gezeigt habe. »Es tut weh«, dass ihr der Sieg vorenthalten werde.

GESAMTWERTUNG Es war das erste Mal seit 1996, dass Russland im Vierkampf (Ball, Keule, Band und Reifen) keine Goldmedaille holte. Russland ist wegen Sanktionen der Welt-Anti-Doping-Agentur in vergleichsweise geringer Stärke in Tokio vertreten. Das Land verfehlte sein Ziel, Dritter in der Länder-Gesamtwertung zu werden, und landete mit 20 Gold-Medaillen auf den fünften Platz nach den USA, China, Japan und Großbritannien.

Russlands Sportminister Oleg Matyzin erklärte, die Entscheidung der Jury werfe viele Fragen auf. Dina Awerina sei die wahre Siegerin. Und Maria Sacharowa, Sprecherin des russischen Außenministeriums, erklärte laut »ntv« am Samstag via Telegram: »Die Bastarde, die den Krieg gegen den russischen Sport begonnen haben, haben sich vor der ganzen Welt für eine Fälschung entschieden.« ag/dpa

Frankfurt/Main

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