Armee

Inspiriert von den Großeltern

Lässig sieht er aus mit seiner Baseballkappe auf dem Kopf und dem breiten Lächeln im Gesicht. Man könnte meinen, Yarden Milnitzki wäre Student an irgendeiner Uni in Deutschland. Doch Davidstern, olivgrüne Uniform und das Gewehr um den Hals machen unmissverständlich klar: Der 22-Jährige aus Frankfurt dient in der israelischen Armee. Am Internationalen Holocaust-Gedenktag hat dies für ihn eine besondere Bedeutung.

Korporal Yarden ist »lone soldier«, der mit der Organisation Garin Zabar nach Israel kam. Er begann in der Eliteeinheit Shayetet 13, verletzte sich aber und wechselte zu den Fallschirmjägern ins Bataillon 202. »Ganz ehrlich, anfangs war es schon ein Schock, diese extrem strikten Regeln der Armee befolgen zu müssen.« Mittlerweile ist der Schock überwunden.

Yarden wollte schon als Teenager nach Israel gehen.

Nach dem Abitur in Frankfurt sei ihm sofort klar gewesen: »Ich will zur Zawa.« Eigentlich habe er das sogar schon seit seiner frühen Kindheit gewusst. »Jedes Jahr besuchten wir Israel. Meine Großeltern lebten in einem Moschaw neben einer Armeebasis. Dort sprachen alle ständig über Zawa und Chajalim, und wenn ich eine Uniform sah, war ich tief beeindruckt.« Das Gefühl wurde im Teenageralter noch stärker. Am liebsten wäre er sofort nach dem Abi abgereist. Seine Mutter aber riet ihm: »Genieß doch das Leben noch etwas.« Das tat er.

KIBBUZ »Und jetzt genieße ich es auch«, macht er klar und lacht verschmitzt. Trotz Corona sei man nicht allein in der Basis und würde oft etwas »mit den Jungs gemeinsam unternehmen«. Yarden ist in einer sogenannten geschlossenen Basis stationiert und kommt nur alle zwei Wochen nach Hause. Das ist derzeit der Kibbuz Malkia im Norden des Landes.

Während Gleichaltrige in Deutschland arbeiten oder an die Uni gehen, trägt er permanent sein Gewehr mit sich, schläft in der kargen Stube und isst mit vielen anderen im Speisesaal. »Es passt zu mir. Im Hörsaal sitzen und stundenlang irgendeinem Professor zuhören, wäre nichts für mich.« Zwar lerne er gern etwas Neues, »aber es muss praktisch sein«. Das ist es in der Armee von morgens bis abends.

»Es beginnt mit dem Bettenmachen und Zimmeraufräumen. Ich bin hier viel ordentlicher geworden. Meine Mama freut sich.« Außerdem schätze er die kleinen Dinge des Lebens plötzlich mehr. »Ein warmer Ort, gutes Essen, dafür bin ich dankbar geworden.« Yarden fühlt sich wohl, wo er ist. Das sieht man ihm an. Andere sind stolz auf ihn. Darunter seine Großeltern.

Rebeccas Großeltern überlebten die Schoa und dienten beide in der Armee.

Seine Urgroßmutter väterlicherseits schrieb während des Holocaust ein Tagebuch über die Bedrohung, die Flucht aus Polen über Ungarn, das Verstecken und das Überleben in Asien. Yarden hat darin gelesen. »Es ist eine Sache, über die Geschichte in Büchern zu lesen. Aber dies ist krass, denn das hat mit mir zu tun. Das ist eine ganz andere Verbindung.« Auch aus diesem Grund traf er die Entscheidung, sich die Uniform mit dem Davidstern anzuziehen. Seine Familie ist mächtig stolz auf ihn und findet, dass die Armee ihm richtig guttut. Und Yarden findet das auch.

HELFEN Korporal Rebecca Krickelberg fällt auf. Ihre langen roten Haare unter dem türkisfarbenen Barett strahlen in der Sonne. Die junge Frau aus der Nähe von Bonn ist bereits seit 2015 im Land. Sie kam mit der Organisation Naale der Jewish Agency, um ihr Abitur in Israel zu machen.

»Ich habe im Anschluss lange überlegt, ob ich in die Armee eintreten soll«, gibt sie zu. »Aber irgendwann war mir ganz klar, dass ich dem Land etwas zurückgeben möchte«, erzählt sie per »Zoom«-Gespräch aus ihrer Basis. Zunächst bewarb sie sich um einen Posten als Zahnarzthelferin, weil sie im Anschluss an ihren Militärdienst Zahnmedizin studieren möchte. »Aber dann fühlte ich, dass das nicht genug ist. Ich wollte Israel stattdessen wirklich helfen.«

»Echte Hilfe«, meint die 20-Jährige, »ist es, eine Lochemet zu werden.« Und das ist sie jetzt: Kämpferin im 55. Bataillon der Artillerie. In der Grundausbildung war sie unter sieben Mädchen und rund 60 Jungs. »Ein bisschen komisch war das schon manchmal. Aber auch eine echt tolle Erfahrung.« Denn statt Ablehnung erlebte sie Kameradschaft. »Wenn wir bei den 16-Kilometer-Märschen nicht mehr weiterkonnten, haben uns die Jungs förmlich den Berg hinaufgeschoben. Das war richtig klasse.«

ALLTAG Auch Rebeccas Alltag spielt sich heute hauptsächlich in der Basis ab. Doch ausschließlich beim »Kriegüben« bleibt es nicht. »Wir müssen auch an die Grenzen und schon mal schießen. Das gehört bei meiner Einheit dazu.« Hat sie keine Angst? »Eigentlich nicht«, sagt sie und räumt ein, dass ihre Eltern sich wohl mehr sorgen als sie selbst. Während ihr Vater von ihrer Entscheidung anfangs nicht sonderlich angetan war, habe ihre Mutter sie gleich unterstützt. »Aber zum Glück finden sie es jetzt beide gut.«

Wie auch ihre Großeltern. Die waren Rebeccas große Vorbilder. Das Thema Schoa ist ihr sehr wichtig, »ich beschäftige mich viel damit«. Ihr Opa, der den Holocaust als Kind in Polen überlebte, und ihre Oma aus Bulgarien immigrierten nach Israel und dienten beide in der Armee.

»Sie waren letztendlich der Grund, weshalb auch ich mich dazu entschlossen habe.« Besonders ihr Großvater ist Vorbild für sie. »Trotz seiner schrecklichen Geschichte hat er diesen unglaublichen Lebenswillen, den ich so beeindruckend finde.« Sie spüre das auch in sich selbst. »Entweder ist es genetisch, abgeschaut oder beides«, meint sie und schmunzelt. »Auf jeden Fall ist es eine riesengroße Ins­piration.«

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