Jerusalem

Hält die Koalition?

Foto: Flash90

Nicht einmal Mitglieder der eigenen Fraktion wollten dafür stimmen. Nur wenige Stunden vor dem Termin hat Ministerpräsident Benjamin Netanjahu die Abstimmung über das höchst umstrittene »Rabbi-Gesetz« von der Tagesordnung genommen. Stimmen aus der ultraorthodoxen Koalitionspartei Schas sagen nun, dass die Regierung bald fallen werde.

Schas-Mitglieder, die sich dazu äußerten, meinen, der »Zusammenbruch der Regierung sei unvermeidlich«. Im öffentlich-rechtlichen Rundfunksender Kan sagte ein Schas-Abgeordneter, der anonym bleiben wollte: »Es gibt keine Koalition, keine Disziplin, und das Frustrierendste ist, dass der Likud eine Partei ist, die aus 35 verschiedenen Fraktionen besteht. Jeder tut, was er will.« Für ihn sei klar, dass »die vollständige Auflösung der Koalition nur eine Frage der Zeit ist.« Auch Schas-Parteichef Arie Deri warf Netanjahu nach dessen Entscheidung vor, »die Kontrolle über die Regierung verloren« zu haben.

Arbeitsplätze für Parteifreunde

Der Gesetzesvorschlag, der von den Abgeordneten Simcha Rothman (Religiöser Zionismus) und Erez Malul (Shas) eingebracht wurde, würde Hunderte neuer staatlich finanzierter Stellen für kommunale und bezirkliche Rabbiner schaffen. Diese Stellen sollen von einem Ausschuss besetzt werden, in dem die Vertreter des Ministeriums für religiöse Dienste eine Mehrheit hätten. Kritiker des Gesetzes, das den Steuerzahler jährlich Dutzende Millionen Schekel an Gehältern für Hunderte neuer Rabbiner in den verschiedenen Städten des Landes kosten würde, behaupten, es sei ausschließlich dazu gedacht, Arbeitsplätze für Parteifreunde zu schaffen.

Der Verfassungsausschuss der Knesset hatte die Arbeit an der Einbringung bereits im März eingefroren. »Es ist zum jetzigen Zeitpunkt im Krieg nicht richtig, ein umstrittenes Gesetz voranzutreiben«, hieß es damals.

»Warum um alles in der Welt bringen wir einen umstrittenen Gesetzentwurf zur Sprache, der in Kriegszeiten Zwietracht sät?«

likud-abgeordnete Tally Gotliv

Der Gesetzentwurf ist weiterhin umstritten – auch in den Parteikreisen der Koalition. Die Abgeordnete Tally Gotliv (Likud) fragte: »Warum um alles in der Welt bringen wir wieder einen umstrittenen Gesetzentwurf zur Sprache, der in Kriegszeiten Zwietracht sät? Haben wir denn nichts gelernt?« Es gebe ausreichend kriegsbezogene Gesetzentwürfe vorzubereiten, fügte sie hinzu.

Auch der Likud-Parlamentarier Moshe Saada machte klar, dass er mit »Nein« stimmen würde. Der Versuch, »einen Gesetzentwurf zu fördern, der während des Krieges bereits in große Kontroversen verstrickt war, nur um Ernennungen zu ermöglichen, die Politiker anstreben, ist eine Schande für diejenigen, die ihn jetzt aus einem unerklärlichen Gefühl der Dringlichkeit heraus fördern«, fuhr er fort.

Abstimmung über Wehrpflicht nächster Test

Das Bündnis Nationale Einheit unter dem Vorsitz von Benny Gantz, das den Vorschlag ebenfalls ablehnt, gab eine Erklärung heraus: »Netanjahu und seine Koalition haben wieder einmal bewiesen, dass für sie Politik über allem steht. Wichtig ist nur ihr politisches Überleben. Ausgerechnet jetzt, wo der Norden brennt und der Süden im Krieg ist, hat die Koalition beschlossen, mit verzerrten Gesetzen voranzuschreiten, um die Kluft in der Nation zu vertiefen.«

Oppositionsführer Yair Lapid (Jesch Atid) schrieb nach Netanjahus Absage an das Gesetz in den sozialen Netzwerken, der »Ministerpräsident beginne zu verstehen, dass es in Likud Leute gibt, die die Schande nicht länger mittragen wollen«. Seiner Meinung nach werde »der nächste Test das Wehrpflichtgesetz sein«. Damit bezieht sich Lapid auf eine Abstimmung über einen Gesetzentwurf zur Senkung des Alters, ab dem strengreligiöse Jeschiwa-Studenten vom Militärdienst befreit werden. Dieser ist noch umstrittener als das Rabbi-Gesetz. Und Lapid will wissen: »Was ist wichtiger, das politische Überleben oder das Überleben der Truppen?«

Ehemalige Geiseln

Mehr als ein Happy End – ein Sieg

Matan Zangauker und Ilana Gritzewsky – beide wurden von der Hamas verschleppt – verloben sich

von Sabine Brandes  29.12.2025

Verteidigung

Israel will Laser Beam auch auf Flugzeugen

Erst am Sonntag wurde das neue Luftabwehrsystem eingeweiht. Einem ranghohen Entwickler zufolge arbeitet das Verteidigungsministerium bereits an der nächsten Generation

 29.12.2025

Gazastreifen

Hamas bestätigt Tode hochrangiger Mitglieder

Gleichzeitig präsentierte die Terrororganisation den neuen Chef der Qassam-Brigaden

 29.12.2025

Analyse

Warum die Anerkennung Somalilands so viel Aufsehen erregt

Das kleine Land am Horn von Afrika hat plötzlich eine große geopolitische Bedeutung. Dafür gibt es gute Gründe

von Ralf Balke  29.12.2025

Libanon

Hält die Waffenruhe mit der Hisbollah?

Bis zum 31. Dezember muss die Terror-Miliz die Waffen abgeben. Doch bisher weigert sich die Hisbollah-Führung

 29.12.2025

Anerkennung Somalilands

Huthi-Terroristen drohen Israel

Jegliche »israelische Präsenz« in Somaliland werde von den Huthis als militärisches Ziel betrachtet. Warum die Terror-Miliz aus dem Jemen jetzt zittert

 29.12.2025

Israel

Oberstes Gericht setzt Schließung des Armeesenders aus

Gegen die Entscheidung der Regierung, den beliebten Sender zu schließen, hatte es zahlreiche Klagen gegeben. Über die will das Gericht nun entscheiden

 29.12.2025

Sexualisierte Gewalt

Ex-Geisel: »Ich dachte, ich werde für immer ihre Sexsklavin sein«

Fast ein Jahr nach ihrer Freilassung spricht die junge Israelin Romi Gonen zum ersten Mal über ihre zutiefst verstörenden Erlebnisse in Gaza

von Sabine Brandes  28.12.2025 Aktualisiert

Militär

Israels neue Laserwaffe »Iron Beam« ist da

Das Abwehrsystem »Eiserner Strahl« ist an die IDF übergeben worden

von Sabine Brandes  28.12.2025