Der Ellenbogen-Gruß war ein freundschaftlicher zwischen dem Bundesaußenminister Heiko Maas und seinem israelischen Amtskollegen Gabi Ashkenazi am Mittwoch in Israel. Auf den Gesichtsmasken waren die Flaggen beider Staaten aufgedruckt.
Doch das Hauptthema des Gesprächs war ein schwieriges. Deutschland habe »ehrliche und ernsthafte Sorgen« über die Annexionspläne von Teilen des Westjordanlandes der Regierung in Jerusalem, ließ Maas bei dem Treffen der beiden wissen.
CORONA Der Minister war am Morgen auf dem Ben-Gurion-Flughafen angekommen und kann sich trotz Corona-Restriktionen neben Ashkenazi auch mit Premierminister Benjamin Netanjahu (Likud) und Verteidigungsminister Benny Gantz (Blau-Weiß) treffen. Nach Yad Vashem jedoch darf er nicht.
Ebenso kann der Außenminister nicht von Israel aus nach Ramallah fahren. Als Grund wurden hier ebenfalls die Corona-Maßnahmen angegeben. Die Palästinenser und einige Oppositionspolitiker der Linkspartei Meretz hatten das kritisiert.
»Wir wollen einen offenen und transparenten Dialog, wie es unter Freunden sein sollte«, sagt Israels Außenminister Gabi Ashkenazi
Es ist der erste Besuch des SPD-Politikers bei der neuen Regierung in Jerusalem, die erst vor einigen Wochen eingeschworen wurde, und seine erste Auslandsreise seit dem Ausbruch des Coronavirus.
»Ich freue mich sehr, meinen Kollegen und engen Freund Israels hier zu begrüßen«, so Ashkenazi auf der Pressekonferenz im Anschluss an das Gespräch. Man sehe die EU-Ratspräsidentschaft von Deutschland als großartige Möglichkeit, die Beziehungen zur Europäischen Union zu stärken. »Wir wollen einen offenen und transparenten Dialog, wie es unter Freunden sein sollte«, machte er klar.
In Bezug auf das heikle Thema leitete der Minister ein: »Deutschlands Verpflichtung zu Israels Sicherheit ist allbekannt. Wie Israel, so ist auch die Regierung in Deutschland an Stabilität und Frieden in der Region interessiert. Es ist daher wichtig für uns, auch ihre Perspektive anzuhören.«
KOORDINATION Die Friedensinitiative von US-Präsident Donald Trump sei ein Meilenstein und eine große Chance für die Region. Der Plan werde verantwortungsbewusst mit voller Koordination mit den USA durchgeführt, während die bestehenden und zukünftige Friedensabkommen anerkannt werden. Um welche Länder es sich dabei handele, ließ Ashkenazi offen. Es gebe noch keine Karten, der US-Plan sei bislang reines Konzept.
Bundesaußenminister Maas bedankte sich für den herzlichen Empfang in ungewöhnlichen Zeiten. Man begehe 2020 55 Jahre diplomatische Beziehungen der beiden Länder. »Dass wir angesichts unserer Geschichte und dem von Deutschland verursachten Horror des Holocaust heute hier stehen und solch enge freundschaftliche und breit gefächerte Beziehungen haben, ist für uns besonders wertvoll.«
RECHT Darüber hinaus habe er »die deutsche Haltung und unsere ehrlichen und ernsthaften Sorgen als ganz besonderer Freund Israels über mögliche Folgen des Schrittes einer Annexion mitgeteilt«. Diese Sorgen teile man mit europäischen Partnern. »Annexion ist nicht mit dem internationalen Recht vereinbar. Wir stehen nach wie vor zu einer verhandelten einvernehmlichen Zweistaatenlösung«, machte Maas deutlich.
Allerdings brauche es neue, kreative Impulse für die Wiederbelebung der Gespräche. Er sehe positiv, dass Ashkenazi sagte, Israel sei bereit für Verhandlungen. »Das ist richtig und notwendig. Denn wir befinden uns in einer Zeit, in der Diplomatie und Verhandlungen eine Chance gegeben werden muss.« Deutschland sei bereit, dazu beizutragen.
SANKTIONEN Auf die Frage, ob Deutschland eventuelle Sanktionen gegen Israel mittragen würde, machte Maas klar, dass er in Israel keine Preisschilder aufstellt, sondern sich über die Pläne der Regierung informieren lassen wolle. »Ich halte nichts davon, dass man in Zeiten, in denen noch keine Entscheidungen getroffen sind, mit Drohungen Politik macht.« Er sei hier, um die historische Beziehung der beiden Länder auszubauen.
Maas hatte auch mehr im Gepäck als nur Besorgnis: »Es ist eine besondere Verantwortung, die Erinnerung an die Schoa zu bewahren«, sagte er. Und hierbei müsse man neue digitale Wege gehen, wo physische Präsenz nicht möglich ist.
Deshalb wurde die Fortsetzung der Förderung von Yad Vashem bis 2031 mit einer Million Euro jährlich beschlossen und unterzeichnet. Außerdem werden Vorhaben des Shoah Heritage Campus mit drei Millionen Euro unterstützt. »Damit würdigt Deutschland die unersetzliche Arbeit von Yad Vashem.«