Trend

Der Tubi-Effekt

Angeblich sollen 60 Zutaten drin sein: verschiedene Zitrusfrüchte, Ingwer, Minze, Safran, Blumen, Baumextrakte und anderes mehr. Doch woraus genau der trübe gelbliche Likör mit Namen »Tubi 60« und satten 40 Prozent Alkohol gebraut ist, daraus machen seine Erfinder, Hilal und Yanai Tubi, geradezu ein Staatsgeheimnis. Überhaupt gehen die Brüder aus der Hafenstadt Haifa nur ungern mit ihrem Produkt hausieren. Viel lieber bleiben sie im Hintergrund, präsentieren ihren Gästen ein breites Lächeln in ihren schwarzen T-Shirts mit dem Firmenlogo und schenken ein.

Im neuen Florentin-Komplex in Tel Aviv stehen die Flaschen mit dem unscheinbaren schwarz-weißen Logo bereit. Man trifft sich zur Licht-Kunst-Party. Am liebsten machen die Tubis gemeinsame Sache mit Künstlern. Doch zu ihren Events laden sie nicht ein, sondern vertrauen voll und ganz auf Mundpropaganda. »Es spricht sich schon herum«, ist Hilal Tubi sicher, als er mit Freunden und der Flasche im Arm für Fotos posiert.

Vor einigen Monaten kooperierten die Organisatoren mit Stars der israelischen Graffiti-Szene, die Flaschen designten. Die Leute standen Schlange, um eingelassen zu werden. Und auch an diesem Abend geben sich die coolsten Szenegänger der Stadt ein Stelldichein.

Kater Die erste Flasche füllte das Duo bereits im Jahr 2012. Doch statt die Magazine und Zeitungen anzurufen, ließen sie nur einige Freunde probieren. Es bremste Tubis Eroberungszug durch das Nachtleben nicht. Im Gegenteil. Vielleicht steckt gerade diese Heimlichtuerei hinter dem Erfolg. Oder es ist das Gerücht, dass der Likör keinerlei Kater verursacht, »sondern dich am nächsten Morgen an einem Stück lässt«, wie die Website verspricht. »Es sind die besonderen Zutaten, die einfach glücklich machen. Probieren und fühlen«, schlägt Hilal als Antwort vor.

Schirli Weiss ist mit Freunden zur Party gekommen, »weil man bei Tubi-Events immer die interessantesten Leute trifft und die Atmosphäre fantastisch ist«. Die Designstudentin liebt einen Schluck von dem Likör vor dem Ausgehen. »Ich weiß gar nicht genau, warum, aber schon nach einem kleinen Gläschen Tubi 60 bekomme ich so ein wohlig-warmes Gefühl. Es fühlt sich anders an als bei gewöhnlichen alkoholischen Getränken. Ein bisschen wie eine Mischung aus happy und high.«

Hartnäckig halten sich die Gerüchte, dass sich in dem Drink Extrakte des afrikanischen Khat-Strauches befinden, in dem das Amphetamin Cathin enthalten ist. Doch das Getränk ist vom Gesundheitsministerium in Israel zertifiziert, alle Inhaltsstoffe entsprechen den israelischen, amerikanischen und europäischen Richtlinien. Getränke oder Pillen mit Khat-Zusätzen sind seit 2012 illegal in Israel.

Experiment Die Anfänge von Tubi 60 sollen praktisch im Kinderzimmer der Tubis in Haifa stattgefunden haben. Zuerst habe Hilal in seinem Raum experimentiert, dann habe man die Destillierungsanlage auf Yanais Zimmer ausgedehnt und später Wissenschaftler, Ernährungsspezialisten und Botaniker hinzugeholt. »Ich fand immer, dass die Drinks auf den Regalen der Bars mehr mit Profit als mit Qualität zu tun haben«, sagt Hilal.

»Es war die Zeit der Sozialproteste 2011, als Hunderttausende auf die Straße gingen und eine Atmosphäre von Einheit in der Luft lag. Wir wollten ein Getränk machen, das Menschen zusammenbringt und ihnen ein Lächeln aufs Gesicht zaubert. Eines mit sanftem, doch komplexem Geschmack und einem übermäßig guten Feeling. Das ist schon alles.«

So sehr die Tubis auch auf Understatement setzen, sie expandieren und exportieren stetig. Mittlerweile gibt es Tubi 60 neben Israel in den USA, in Ungarn, Norwegen und wahrscheinlich noch vor Jahresende in Deutschland. »Wir sind superstolz, dass Tubi 60 für den Export nach Deutschland bestätigt wurde«, erklären die Brüder. Die erste Lieferung werde bald unterwegs sein. Vor allem die Fangemeinde in Berlin wartet angeblich schon ungeduldig.

Cocktails Bars im ganzen Land, die etwas auf sich halten, müssen Tubi im Sortiment haben, ist Ido Weil überzeugt. »Es ist der angesagteste Drink überhaupt.« Der Experte für das Tel Aviver Nachtleben, der regelmäßig Pub- und Bar-Nächte für Touristen veranstaltet, reicht seinen Kunden vor dem Losgehen einen Tubi-Shot zum Aufwärmen. »Vielleicht schütteln sich jene, die ihn zum ersten Mal probieren, weil er so bitter ist, doch dann wollen die meisten gleich noch einen.«

Angeblich schwört die klassische Tubi-Gemeinde auf das pure Erlebnis, also ohne alles als »Shot« im kleinen Glas. Doch von den Mixern hinter der Bar werden immer mehr Cocktails mit Tubi 60 als Grundlage kreiert. So zum Beispiel Tubi Libre mit Coca-Cola auf Eis oder Red Tubi Tonic mit Cranberry-Saft und Tonic Water. »Für mich hat dieser Drink einfach den wahren Israel-Geschmack«, meint Talia Cohen und hebt ihr Glas zum »L›Chaim«. »Er ist ein bisschen sauer und bitter, ein klein wenig merkwürdig, insgesamt total lecker – und irgendwie kann man nicht genug davon bekommen.«

www.tubi60.com

Terror

Hamas übergibt weitere Leiche

Im Rahmen eines Waffenruhe-Abkommens müssen die Islamisten insgesamt 28 tote Geiseln übergeben. Nun sind noch mindestens 12 Leichen von Verschleppten im Gazastreifen

 27.10.2025

Geiseln

»Ich konnte nach den Schlägen nicht mehr laufen«

Bar Kuperstein und andere Geiseln wurden von der Hamas gefoltert, nachdem Sicherheitsminister Itamar Ben-Gvir Haftbedingungen für Palästinenser verschlechterte

von Sabine Brandes  27.10.2025

Meinung

Die SP im moralischen Blindflug

Mit zwei widersprüchlichen Resolutionen beweist die Sozialdemokratische Partei der Schweiz einmal mehr ihre ethische Orientierungslosigkeit

von Nicole Dreyfus  27.10.2025

Mainz

ZDF räumt ein: In Gaza getöteter Mitarbeiter war Hamas-Mitglied

Nachdem sich das ZDF zuerst über einen Angriff auf »Medienschaffende« beschwert hatte, räumt der Sender nun ein: Sein palästinensischer Mitarbeiter war Terrorist

von Imanuel Marcus  27.10.2025

Heimkehr

Der Letzte macht das Licht aus

Während die letzten freigelassenen Geiseln nach Hause zurückkehren, werden in den Krankenhäusern die Stationen für ihre Erstaufnahme geschlossen. Angehörige hoffen, dass die Geiselstationen nie wieder gebraucht werden

von Sabine Brandes  27.10.2025

Nahost

PA zahlt weiterhin Terror-Renten

Trotz gegenteiliger Zusagen hat die Palästinensische Autonomiebehörde erneut Gelder an Terroristen ausgezahlt. Dies bestätigt Itamar Marcus, Direktor der NGO Palestinian Media Watch

von Imanuel Marcus  27.10.2025

Meinung

Warum die UNRWA seit 77 Jahren den Frieden in Nahost blockiert

Das UN-Flüchtlingshilfswerk für die Palästinenser verursacht erhebliche Probleme. Daher gibt es nur einen Weg

von Jusek Adlersztejn  27.10.2025

Frankfurt am Main

Berlin will keine palästinensischen »Märtyrerrenten« finanzieren

Die Palästinensische Autonomiebehörde soll mehrere Millionen US-Dollar an Terroristen ausbezahlt haben. Doch ihr Geld kommt zu einem Großteil aus dem Westen. Deutschland will solcher Veruntreuung einen Riegel vorschieben

 27.10.2025

Nahost

13 Leichname von Geiseln fehlen: Israel droht Hamas mit Konsequenzen

»Wir werden nicht ewig warten«, sagt ein ranghoher israelischer Regierungsvertreter

 27.10.2025