Außenminister Johann Wadephul kündigt angesichts der Schrecken des Holocaust einen entschlossenen Kampf gegen Antisemitismus in Deutschland an. Es sei bleibende Verantwortung, das Bewusstsein für dieses von Deutschland begangene unermessliche Unrecht »aufrechtzuerhalten, der Opfer zu gedenken, die Überlebenden zu würdigen und entsprechend der Lehren aus dem Menschheitsverbrechen der Schoa zu handeln«, sagte der CDU-Politiker in der Holocaust-Gedenkstätte Yad Vashem in Jerusalem. Er rief dazu auf, »gemeinsam gegen Antisemitismus aufzustehen und auf der Basis der unteilbaren Menschlichkeit die Zukunft zu gestalten«.
Wadephul zeigte sich erschüttert, nachdem er in der Halle der Erinnerung die Ewige Flamme entzündet und im Gedenken an die von Nazi-Deutschland ermordeten sechs Millionen Jüdinnen und Juden einen Kranz niedergelegt hatte. »Mit Entsetzen und mit Scham stehe ich hier als Außenminister Deutschlands«, sagte der Minister. »Dieser Ort führt uns Deutschen immer wieder vor Augen: Die Monstrosität der Schoa wurde in deutscher Sprache befohlen, von Deutschen geplant, von Deutschen ausgeführt.«
Im Anschluss kam Wadephul mit Israels Außenminister Gideon Saar zu einem Meinungsaustausch zusammen. Später war auch ein Treffen mit Ministerpräsident Benjamin Netanjahu geplant. Bei den politischen Gesprächen dürfte Wadephul auch heikle Themen wie das Vorgehen der israelischen Regierung im Gazastreifen ansprechen.
Am Nachmittag ist in Ramallah in den Palästinensergebieten ein Treffen mit dem palästinensischen Ministerpräsidenten Mohammed Mustafa vorgesehen. Der Besuch Wadephuls steht vor dem Hintergrund der diese Woche anstehenden Feiern zur Aufnahme diplomatischer Beziehungen zwischen Deutschland und Israel vor 60 Jahren.
Wadephul besichtigt Batterie des Raketenabwehrsystems Arrow 3
Am Morgen ließ sich der Minister in Begleitung von Saar eine aktive Batterie des israelischen Luftverteidigungssystems Arrow 3 (deutsch: Pfeil) zeigen. Wadephul erhielt eine Einführung in das System, das künftig auch von Deutschland eingesetzt werden soll. Deutschland und Israel arbeiten im Rüstungsbereich eng zusammen.
Die deutsche Luftwaffe will noch dieses Jahr eine erste Einsatzbereitschaft des modernen Raketenabwehrsystems erreichen, mit dem eine Lücke in der Luftabwehr geschlossen werden soll. Der »Pfeil« kann anfliegende Raketen in bis zu über 100 Kilometern Höhe zerstören, also außerhalb der Atmosphäre und im beginnenden Weltraum. Das soll feindliche Raketen möglichst wirkungslos machen. Arrow 3 soll in Deutschland an drei verschiedenen Standorten stehen.
Die politischen Gespräche dürfte Wadephul nutzen, um die grundsätzliche Solidarität der neuen schwarz-roten Regierung mit dem Land zu unterstreichen – Stichwort Staatsräson.
Wunsch Israels nach deutschen Waffenlieferungen
Neben dem Wunsch Israels nach deutschen Waffenlieferungen dürfte bei den Gesprächen auch eine Initiative der Niederlande eine Rolle spielen, mit der überprüft werden soll, ob Israel sich noch an Grundprinzipien des sogenannten Assoziierungsabkommens zwischen der EU und Israel hält. In dem Abkommen ist festgehalten, dass die Beziehungen auch auf der Achtung der Menschenrechte beruhen.
Hintergrund ist insbesondere, dass das Land seit Anfang März keine Lieferungen von Hilfsgütern mehr in den Gazastreifen lässt, in dem rund zwei Millionen Palästinenser leben. Israel begründet sein Vorgehen damit, dass die Hamas von den Hilfsgüter-Lieferungen profitiere. Der niederländische Vorstoß soll demnächst von den EU-Außenministern diskutiert werden. dpa/ja