Coronavirus

Ausgangssperre am Sederabend bestätigt

Wir bleiben zu Hause und stehen das gemeinsam durch, schreibt die Stadtverwaltung Tel Aviv. Foto: Sabine Brandes

Kurz vor dem Pessachfest werden in Israel die Maßnahmen gegen den weiteren Ausbruch des Coronavirus noch einmal verschärft. Am Mittwochabend ist der Sederabend, an dem traditionell  Großfamilien gemeinsam den Auszug der Juden aus Ägypten feiern, rituelle Speisen essen und aus der Haggada lesen.

Doch Premier Benjamin Netanjahu untersagte jegliche Zusammenkunft, die über die unmittelbare Familie in einem Haushalt hinausgeht, und verhängte für den Sederabend eine komplette Ausgangssperre über das ganze Land. Noch hat das Kabinett nicht über die genauen Zeiten abgestimmt, doch Netanjahu verkündete am Montagabend: »Jeder bleibt zu Hause.«

Von 18 Uhr am Mittwoch bis zum Donnerstagmorgen um 7 Uhr, in der Zeit des Seders, gibt es eine generelle Ausgangssperre.

Die nationale Abriegelung soll von Dienstag 16 Uhr bis Freitag 7 Uhr morgens andauern. Dabei dürfen die Grenzen des Wohnortes nicht überquert werden. Von 18 Uhr am Mittwoch bis zum Donnerstagmorgen um 7 Uhr, in der Zeit des Seders, gibt es zudem eine generelle Ausgangssperre. Niemand darf in diesen Stunden sein Haus verlassen. Von Dienstag bis Samstag wird es zudem weder öffentlichen Nahverkehr noch Flüge geben.

Hochburgen Zuvor hatten Gesundheitsexperten geraten, besonders gefährdete Gebiete strikter abzuriegeln, vor allem die Hochburgen des Coronavirus-Ausbruchs Bnei Brak und Teile von Jerusalem. Berichten in israelischen Medien zufolge hatten jedoch die ultraorthodoxen Minister Yaakov Litzman (Gesundheit) und Arie Deri (Innen) den Premier beschworen, dies nicht zu tun, um die charedische Bevölkerung nicht zu benachteiligen.

Währenddessen bemühen sich immer mehr Initiativen, hilfsbedürftige Menschen in Israel während des Pessachfestes nicht allein zu lassen. Vor allem die Armee kümmert sich mit Hunderten von Soldaten um ältere und kranke Bürger. Auch die Stadtverwaltungen haben Hilfsaktionen gestartet. Mit Schildern auf den Straßen rufen sie auf: »Bleiben Sie zu Hause. Wir stehen das gemeinsam durch.«

Die Zahlen der Infizierten steigt derweil weiter, obwohl die Zahl der Tests aufgrund eines Mangels an Auswertungsmaterialien zurückgegangen ist. 9006 Fälle sind bislang bestätigt. Die Todesfälle liegen bei 60, am Dienstagmorgen erlag eine 90-jährige Frau den Folgen der Erkrankung. Das Gesundheitsministerium gab an, dass sich 153 Menschen in kritischem Zustand befinden, 113 von ihnen müssen künstlich beatmet werden. Mehr als 500 Israelis, die infiziert waren, sind genesen.

Beatmungsgeräte Der viel beschriebene Mangel an Beatmungsgeräten scheint zunächst behoben. Das verkündete der Generaldirektor im Gesundheitsministerium, Mosche Bar Siman-Tov, jetzt im Armeeradio. Israel verfüge derzeit über 3000 dieser Maschinen. In einem Knessetbericht vom März hieß es, dass es weniger als 1500 gebe, doch Siman-Tov widersprach dem und meinte sogar: »Es wird noch mehr geben.« Woher die zusätzlichen Beatmungsgeräte stammen, sagte er nicht.

Israelis, deren Alltag seit einem Monat von extrem strikten Regeln diktiert ist, haben Grund für ein wenig Hoffnung.

Währenddessen haben die Israelis, deren Alltag seit einem Monat von extrem strikten Regeln diktiert ist, Grund für ein wenig Hoffnung, dass sich die Lage in absehbarer Zeit ändern könnte: Einer der führenden Experten im Gesundheitswesen erklärte in einem Fernsehinterview in Kanal 12, er gehe davon aus, dass es nach den Pessachferien Erleichterungen geben werde. Gabi Barbash, der Direktor des Medizinischen Zentrums Sourasky in Tel Aviv, erläuterte jedoch, dass es »in Stufen vor sich gehen und ein langer Prozess werden« wird.

Fabriken Er meint, dass zunächst Fabriken öffnen dürfen, nachdem die Arbeiter negativ auf das Virus getestet worden sind. Anschließend seien Hightech-Firmen und Start-ups an der Reihe. Die sollen – nach Barbashs Verständnis – für einen Aufschwung in der Wirtschaft sorgen. Es könnten Büros von Buchhaltern, Anwälten und bestimmte Bereiche des öffentlichen Dienstes folgen, in denen Social Distancing möglich ist. Schulen und Kindergärten allerdings seien die letzten, die geöffnet werden, sagt er voraus. Kinder in Israel stecken seit einem Monat in ihren Häusern fest.

Die israelische Regierung hat bislang keinerlei Plan für die Bürger veröffentlicht, wie man vorhat, nach der Corona-Krise zurück zur Normalität zu gelangen.

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