Der hebräische Ausdruck »Schiwa« heißt »sieben« und ist für Juden die Zeit der Trauer in der ersten Woche unmittelbar nach dem Begräbnis von Eltern, Ehegatten, Geschwistern oder eines Kindes.
Beisetzung Zwischen Tod und Beerdigung liegt der Schwerpunkt auf den traditionellen, pietätvollen Vorbereitungen für die Beisetzung. Sobald die Schiwa beginnt, verschiebt sich der Fokus auf die Trauernden. Sie bleiben eine Woche lang zu Hause. Verwandte, Freunde und Bekannte lassen sie in ihrem Schmerz nicht allein, sondern sichern ihnen Liebe, Unterstützung und Aufmerksamkeit zu, sorgen für ihre Bedürfnisse und trösten sie. Es ist eine große Mizwa, Trauernde zu besuchen, wenn sie »Schiwa sitzen«.
Laut der Tradition sitzen die Trauernden während der Schiwa auf niedrigen Stühlen oder Hockern – aus dem Bewusstsein heraus, dass eine unwiderrufliche Veränderung in ihrem Leben eingetreten ist.
Manche glauben, dass die Seele des Verstorbenen noch im Trauerhaus weilen könnte. Erinnerungen sind noch wach. Ein Teil der Schiwa ist das Andenken an den Toten, vielleicht durch Erzählen von Begebenheiten aus seinem Leben.
Trauerhaus Gemäß einer volkstümlichen Sitte werden in vielen Häusern die Spiegel verhängt und eine Kerze als Gedenklicht angezündet. Fromme Juden unterlassen es, während der Schiwa Lederschuhe zu tragen, zu baden, ihr Haar zu schneiden, sich zu rasieren oder umzukleiden. Sie tragen während der ganzen Schiwa das Kleidungsstück, das am Grab als Zeichen der Trauer eingerissen wurde (Kri’a). Im Trauerhaus vermeidet man es, einander beim Kommen und Gehen zu begrüßen. Dies signalisiert, dass eine Veränderung im Leben eingetreten ist.
Am ersten Tag der Schiwa nehmen die Trauernden Mahlzeiten ein, die sie nicht selbst zubereitet haben. Die erste Mahlzeit nach der Beerdigung, die sogenannte Se’udat Hawra’a, wird in der Regel von Nachbarn und Freunden vorbereitet. Damit wollen sie ein Zeichen des Mitgefühls und des Trostes zum Ausdruck bringen. Die Mahlzeit besteht in der Regel aus in Asche getauchten, hartgekochten Eiern, Linsen oder einem runden Gebäck. Sie symbolisieren den Kreislauf des Lebens.
Speisen Aber es gibt noch einen weiteren, tieferen psychologischen Aspekt für diese Geste. Wir signalisieren den Trauernden, dass wir verstehen, welches Trauma sie gerade mit der Bestattung ihrer Lieben durchleben mussten. Und Essen bedeutet: Das Leben muss weitergehen, und ihr sollt das Leben bejahen. Es ist eine Mizwa, den Trauernden Speisen zu bringen, um zu gewährleisten, dass es genügend zu essen gibt, da die meisten gläubigen Trauernden es vermeiden zu kochen.
Morgens und abends wird im Trauerhaus ein Minjan organisiert, um das Kaddisch zu sprechen. Oft werden auch Mischnajot, Lehrstücke aus der traditionellen Literatur, vorgetragen (Das Wort »Mischna« besteht aus den gleichen hebräischen Buchstaben wie »Neschama«, Seele).
Am Schabbat sitzt man keine Schiwa. Man geht in die Synagoge, und die öffentlichen Trauerriten sind solange aufgehoben. Es ist üblich, dass man dem Trauernden einen anderen Platz zuweist als den, den er sonst einnimmt.
Die Schiwa endet am Morgen des siebenten Tages nach der Beerdigung, nachdem die Trauernden noch einige Minuten beisammengesessen haben. Üblicherweise besuchen sie noch am gleichen Tag das Grab des Verstorbenen.