Glossar

Nichum Awelim

Es ist üblich, dass die Trauernden während der Schiwa, der ersten sieben Tage nach der Beisetzung, besucht werden, um sie zu trösten. Foto: Flash 90

Nichum Awelim wird üblicherweise mit »Trösten der Trauenden« übersetzt und gehört zu den wichtigsten Geboten im Judentum. Über den Ursprung dieser Mizwa gibt es zwei verschiedene Meinungen: Rambam (1138–1204) schreibt in Hilchot Avel (14,1), dass Nichum Awelim ein rabbinisches Gebot ist, wohingegen Rabejnu Jona (13. Jahrhundert) in seinem Talmudkommentar (Brachot 16b) behauptet, Nichum Awelim sei ein Teil des Toragebots von Gmilut Chassodim, der Nächstenliebe.

Der Talmud unterstreicht die Bedeutung dieses Gebots, indem er im Traktat Sota (14a) sagt, G’tt selbst habe es erfüllt, als er Jizchak nach dem Tod seines Vaters Awraham besuchte. Dort steht auch, dass die Menschen die Aufgabe haben, G’tt nachzuahmen. Unter anderem durch dieses Gebot kommt man diesem Ziel nahe.

Wie bei der Erfüllung anderer Gebote gilt es auch bei Nichum Awelim, einige Regeln zu beachten. So ist es üblich, dass die Trauernden während der Schiwa, der ersten sieben Tage nach der Beisetzung, besucht werden, um sie zu trösten.

trauernde Wenn man das Haus betritt, soll man die Trauernden nicht auf übliche Weise begrüßen. »Schalom« oder »Guten Tag« ergeben unter diesen Umständen keinen Sinn, denn die Trauernden befinden sich weder im Frieden, noch ist der Tag für sie gut. Man soll den Raum leise betreten. Die Tröstenden werden von den Trauernden ebenfalls nicht begrüßt. Die Trauernden sollen auch nicht aufstehen, wenn jemand den Raum betritt, selbst wenn es sich um einen großen Toragelehrten handelt.

Die Gäste, die zum Trösten kommen, dürfen keine Geschenke für die Trauernden mitbringen. Es ist verboten, jemanden, der gerade trauert, zu beschenken. Selbst an Purim, wenn es eigentlich eine große Mizwa ist, anderen Mischloach Manot zu schenken, dürfen den Trauernden keine Geschenke überreicht werden. Dieses Verbot gilt für jemanden, der um seine Eltern trauert, ein ganzes Jahr. Wer um andere nahe Verwandte trauert, dem darf man nur während der ersten 30 Tage nichts schenken.

stille Es ist üblich, dass die Besucher die Stille im Raum nicht unterbrechen, sondern sich leise neben den Trauernden setzen. Die Unterhaltung sollen die Trauernden beginnen. Man darf nicht vergessen, dass man mit dem Besuch zwar eine große Mizwa erfühlt, im Mittelpunkt aber muss der Trauernde stehen. Deshalb soll er entscheiden, ob und worüber er mit den Besuchern reden möchte. Er weiß, ob er schon bereit ist, über seinen Verlust zu sprechen oder nicht. Auch die Besuchszeiten müssen sich nach dem Trauernden richten, man darf weder zu spät am Abend noch zu früh am Morgen kommen.

Man muss aufpassen, dass man nicht über banale Themen redet oder Witze erzählt, die den Trauernden von seiner Trauer abhalten würden. Sätze wie »Es hätte schlimmer kommen können« oder »Das Leben geht weiter« sind fehl am Platz. Der Verlust ist für Trauernde unermesslich schlimm, doch müssen wir G’ttes Entscheidungen mit Liebe akzeptieren, auch wenn wir sie nicht immer nachvollziehen können.

taten Es ist auch üblich, über die guten Eigenschaften und Taten des Verstorbenen zu sprechen. Wenn man seinen Namen erwähnt, soll man danach für Männer »Sichrono liwracha« und für Frauen »Sichrona liwracha« sagen, was mit »seligen Angedenkens« übersetzt werden kann. Man kann auch »Alaw haschalom« für Männer, oder »Aleha haschalom« für Frauen sagen. Das bedeutet, der Verstorbene möge in Frieden ruhen.

Beim Verlassen des Trauerhauses sagt man: »Hamakom jenachem etchem betoch scha’ar awejlej zion wiruschalajim« – »Der Allmächtige soll euch mit den anderen Trauernden von Zion und Jeruschalajim trösten«. Die Trauernden antworten mit »Amen«. Dies ersetzt die übliche Verabschiedung.