Der Tag unmittelbar nach einem der drei Wallfahrtsfeste Pessach, Schawuot und Sukkot wird als Isru Chag bezeichnet. Dieser Tag besitzt eine gewisse Heiligkeit. »Isru Chag« heißt auf Deutsch »Einwickeln (Abschließen) des Feiertags« und geht auf einen Vers im biblischen Buch Tehillim (Psalmen) zurück: »Bindet das Festopfer (Isru Chag) mit Seilen, bis ihr zu den Höhewinkeln des Altars gelangt« (118,27).
Am Isru Chag sagt man keine Trauergebete wie das Tachanun, und es ist ebenfalls verboten, an diesem Tag zu fasten (Magen Awraham 425,8). Manche pflegen den Brauch, am Isru Chag besondere Kleidung wie an einem Jom Tow zu tragen. In einigen Gemeinden war es früher üblich, Isru Chag wie einen Halbfeiertag (Chol Hamoed) zu behandeln.
Brücke Isru Chag stellt die Verbindung, die Brücke oder den Übergang von der Heiligkeit der Feiertage, die gerade zu Ende gegangen sind, und der Routine der Wochentage dar, die dem Isru Chag folgen. Somit ist Isru Chag ein »Quasi«-Feiertag, der einen feierlichen Geschmack hat. Der große Kabbalist Rabbi Jitzchak Luria, der Arisal (1534–1572), schreibt, dass man die Heiligkeit des Feiertags auch am Isru Chag fühlen kann.
Am Isru Chag gibt es keinerlei Einschränkungen von Tätigkeiten, die am Schabbat oder an den Feiertagen verboten sind. Es gibt auch keine speziellen Gebote, die an Isru Chag zu erfüllen sind. Allerdings wird empfohlen, an diesem Tag eine etwas feierliche Stimmung herrschen zu lassen. Dabei helfen größere Mahlzeiten. Unsere Weisen des Talmuds lehren uns im Traktat Sukka 45b, dass derjenige, der den Isru Chag durch feierliche Mahlzeiten ehrt, jemandem gleicht, der den Altar gebaut und ein Opfer dargebracht hat.
Einheit Isru Chag symbolisiert in gewisser Weise die Einheit des jüdischen Volkes, vor allem zwischen den Juden im Land Israel und denen in der Diaspora. Denn die Juden in Israel haben nur einen Jom Tow, während man in der Diaspora zwei Jamim Towim feiert.
Der Sdej Chemed, Rabbi Chaim Hesekia Medini (1834–1905), schreibt, dass die Juden im Land Israel darüber besorgt waren, dass die nichtjüdische Bevölkerung vermuten könnte, das jüdische Volk sei geteilt, denn einige begingen nur einen Feiertag und die anderen zwei. Um die Einigkeit des jüdischen Volkes hervorzuheben, führten sie das Feiern des Isru Chag ein (Alef 154).
In Piskej Teschuwot 429,6 heißt es, dass der Isru Chag uns unter anderem an die Zeit erinnert, als alle Juden an den Feiertagen nach Jerusalem pilgerten. Isru Chag war der Tag nach dem Feiertag. Inspiriert und motiviert kehrte man am Isru Chag nach Hause zurück in den Alltag.
Die Tage nach Schawuot sind besonders feierlich. Das liegt daran, dass man das Schawuotopfer in der Zeit des Tempels, wenn man es nicht rechtzeitig geschafft hatte, innerhalb der darauffolgenden sechs Tage nachholen konnte. Manche meinen, dies gelte auch für das Schehechijanu, also den Segensspruch, den man bei freudigen Anlässen sagt (unter anderem an einem Jom Tow). Wenn man ihn an Schawuot nicht gesagt hat, dürfe man ihn während der sechs darauffolgenden Tage sagen, genauso wie es bei dem Opfer der Fall war. Dieser Meinung wird jedoch in der Praxis üblicherweise nur sehr wenig Beachtung geschenkt.