Es ist ein Gebot, über jede Art von Speisen und Getränken eine entsprechende Bracha (Segensspruch) zu sagen, um sich bei G’tt zu bedanken. Unsere Weisen waren sich bewusst, wie schwierig es manchmal ist, zu essen zu haben. Brot war in der Vergangenheit ein Luxus und dessen Herstellung sehr aufwendig.
Laut dem Verständnis der ersten großen Rabbiner war das aber nicht immer so. In Gan Eden (Paradies) wuchs das Brot auf den Bäumen. Rabbi Jehuda (2. Jh. d.Z.) nimmt sogar an, dass es sich bei diesem »Brotbaum« um den Baum der Erkenntnis handelt und beim Brot um die verbotene Frucht. Denn als Adam und Chawa diesen idyllischen Ort verlassen mussten, heißt es: »Im Schweiße deines Angesichts sollst du dein Brot essen« (1. Buch Mose 3,19). Folglich wurden Anbau und Verarbeitung des Getreides zum Grundstein jeglicher Entwicklung unserer Zivilisation und Technologie. Der Weizen förderte also unseren Wissensdrang.
Paradies Rabbi Zeira (4. Jh. d.Z.) meint, dass die Birkat HaMozi (»hamozi lechem min haaretz« – »der das Brot aus der Erde hervorgebracht hat«), auf die Erinnerung an das Paradies anspielt, wo alles so einfach und perfekt war. Denn wir wissen natürlich, dass das Brot nicht direkt der Erde entsprungen ist. Die meisten Rabbiner, so wie Rabbi Nechemia (um 150 d.Z.), sind sich aber einig, dass dieser Segen sich eher auf die Zukunft bezieht und vor allem mit der Hoffnung verbunden ist, dass man zu messianischen Zeiten wieder paradiesähnliche Zustände haben wird.
Brot genießt daher unter den Segnungen eine absolute Sonderstellung. Als Brot gilt, was aus Weizen, Dinkel, Roggen, Hafer oder Gerste gebacken wurde. Bevor man das Brot verzehrt und den Segen spricht, wäscht man sich zuerst die Hände (Netilat Jadaim). Nach dem Händewaschen und dem Anschneiden des Brotes wird sofort die Birkat HaMozi gesprochen. Erst nach dem Verzehr des Brotes darf man wieder sprechen. Man möchte die Heiligkeit dieser Handlung nicht stören. Nachher wird das Brot in Salz getunkt, in Erinnerung an die Opferdarbietungen auf dem Altar des Tempels.
Am Schabbat weicht die Handlung leicht ab. Da es ein Gebot ist, an diesem Tag den Segen über zwei intakte Challot zu sagen, und die Birkat HaMozi uns doch dazu bestimmt, das Brot leicht anzuschneiden, löst man das Problem damit, dass man das Messer vorher symbolisch über das Brot streift.
Da das Brot als eine ganze Mahlzeit angesehen wird, braucht man über jedes weitere, zusätzliche Nahrungsmittel, das man einnimmt, keinen individuellen Segen zu sagen (Orach Chaim 212, Schulchan Aruch).
Brot Am Ende einer Brotmahlzeit muss immer die Birkat Hamason, ein weiterer Segensspruch, gesagt werden, um das »Ritual« abzurunden. Bei manchen Familien ist es üblich, sich vor dem Birkat Hamason noch einmal symbolisch die Hände zu waschen (Majim acharonim). Dies ist aber nur ein alter Brauch, da das Salz ansonsten eventuell in den Augen brennen würde.
Mit Hinblick auf die positiven Aspekte, die die messianische Ära laut unseren Rabbinern mit sich bringen wird, hoffen wir, dass der Maschiach (Messias) bald kommen wird. Denn dann wächst das Brot wieder frisch gebacken auf den Bäumen. Guten Appetit!