Shulchan L’Shulchan

Was runterfällt

von Tobias Kühn

Wenn die letzten Gäste gegangen sind, fahren sie vor – mit dem Lastwagen. Sie holen ab, was am Ende einer Barmizwa-Party, einer Hochzeitsfeier oder eines Banketts übrig geblieben ist: Fleisch, Brot, Salate, Desserts – alles schleppen sie zu ihrem Kühl- transporter. Zwischen 80 und 200 Events in ganz Israel »entsorgen« sie Woche für Woche, für den guten Zweck. Sie tun es ohne Lohn und fühlen sich doch nicht ausgenutzt, sie arbeiten freiwillig. Sie sind Volontäre von Shulchan L’Shulchan, dem israelischen Ableger der weltweit agierenden Wohlfahrtsorganisation Table to Table. In Israel wurde er vor fünf Jahren gegründet. Er möchte Essen vor dem Verderb bewahren und es bedürftigen Menschen bringen.
Was als Ein-Personen-Kampagne anfing, hat sich zu einer Organisation von Zehntausenden Volontären entwickelt. Doch sie arbeiten nicht nur nachts, sondern rund um die Uhr. Sie holen übrig gebliebenes Essen aus Cafés und Restaurants, aus Kantinen und Armeestützpunk- ten in ganz Israel. Auf diese Weise entstehen jede Woche Tausende von Mahlzeiten, die die Freiwilligen von Shulchan L’Shulchan an wohltätige Einrichtungen und Vereine, darunter Obdachlosenasyle, Frauenhäuser und Nachmittagsklubs für Jugendliche liefern. In einem neuen Projekt legen die Mitarbeiter Wert darauf, dass auch die Hilfsvereine in den Peripherien, den vernachlässigten Regionen des Landes (vgl. Interview Seite 14), mit bedacht werden, Orte wie Givat Olga, Migdal Ha’emek und Kiryat Malachi.
Bei Shulchan L’Shulchan herrscht dieser Tage Hochbetrieb, denn zur 60-Jahrfeier des Staates Israel gibt es mehr Partys im Land als üblicherweise. »Diese Woche werden wir sicherlich besonders viel abholen können«, schätzt Projektleiter Andrew Friedman.
Dass man im Festrausch nicht auf jeden Schekel schaut, sondern überreichlich auftischt und deshalb auch viel übrig bleiben wird, kann Friedman von Berufs wegen nur lieb sein. Schließlich verteilt seine Organisation die Brotkrumen, die von den Tischen des bessergestellten Teils der Gesellschaft auf den Boden fallen. Doch: Hält Friedman die üppigen Feiern zum Staatsjubiläum für angebracht, angesichts der zunehmenden Kluft zwischen Arm und Reich im Land? In den vergangenen Tagen sind in Israel wiederholt Stimmen laut geworden, die die Regierung zu mehr Bescheidenheit beim Feiern aufrufen oder gar dazu raten, die große Party ganz abzublasen und das Geld den Armen zu geben. Doch Friedman sieht dies anders: »Es ist der 60. Geburtstag! Einmal in zehn Jahren sollte man doch Israel richtig groß feiern«, sagt er. Das widerspreche nicht der Pflicht, für die Armen zu sorgen.
Eine Pflicht schon seit biblischen Zeiten, eine Mizwa, ist auch Leket, die Nachlese, ein weiteres Projekt von Shulchan L’Shulchan. Wie in anderen westlichen Ländern ernten auch in Israel die meisten Landwirtschafts- und Gartenbaubetriebe ihre Felder und Plantagen nicht vollständig ab – allerdings auch hier weniger aus religiösen denn aus wirtschaftlichen Gründen. So blieben in der Vergangenheit jedes Jahr Tausende Tonnen von Früchten auf den Feldern liegen und auf Bäumen hängen. Shulchan L’Shulchan mobilisiert Freiwillige, die diese Früchte ernten. »Im vergangenen Jahr hatten wir rund 50.000 Volontäre«, sagt Friedman, »wir haben über eine Million Pfund Obst und Gemüse vor dem Verderb gerettet und an unsere Partner in der Armenversorgung verteilt.«
Vor zwei Wochen, in den Pessachferien, trafen sich einige Hundert Männer und Frauen zur Erdbeernachlese. Friedman: »Inzwischen ist die Saison vorüber, jetzt beginnen wir mit Wassermelonen.« In einem warmen Land wie Israel gibt es fast das ganze Jahr über irgendetwas zu pflücken. Die Erntehelfer kommen aus allen Schichten der Gesellschaft: Es sind Männer und Frauen, die Jüngsten Anfang 20, die Ältesten im Rentenalter, Universitätsprofessoren sind ebenso darunter wie arbeitslose Neueinwanderer.
Neuestes Projekt der Hilfsorganisation ist »Sandwiches für Schulen« in zehn Städten im Großraum Tel Aviv. Viele Kinder aus sozial benachteiligten Elternhäusern kommen morgens mit leerem Magen zur Schule und haben auch kein Pausenbrot dabei. An mehr als 60 Schulen verteilt Shulchan L’Shulchan täglich rund 4.000 Sandwiches an diese Kinder.

Capri

G7 warnen Israel und Iran vor Eskalation

Der Iran wird aufgefordert auf, die Unterstützung der Terrororganisation Hamas zu beenden

 19.04.2024

Frankfurt am Main

Angriff Israels auf Iran belastet Aktienmarkt

Der Leitindex Dax sackte gleich zu Beginn des Handelstages ab

 19.04.2024

Jerusalem

Baerbock trifft Premier Netanjahu und Präsident Herzog

 17.04.2024

Israel

Omer und ich

Ich habe einen neuen Mitbewohner, einen neuen Freund. Omer Shem Tov ist bei mir eingezogen. Er hat wunderschöne Augen, blaugrün und gutmütig, während ich derzeit schlecht schlafe, schließt er sie nie

von Gabriella Meros  15.04.2024

Naher Osten

G7 verurteilen Angriff auf Israel

Die sieben großen Industriestaaten hatten am Sonntag ein Treffen einberufen

 14.04.2024

Berlin

Zentralrat der Juden ruft Deutschland und die EU zu einer harten Position gegenüber Iran auf

Zentralrat hat den Großangriff Irans auf Israel mit aller Schärfe verurteilt

 14.04.2024

Rechtsextremismus

Zentralrat: »AfD-Funktionäre müssen immer wieder mit ihren radikalen Ansichten konfrontiert werden«

Zentralratspräsident Josef Schuster äußert sich zum TV-Duell

 12.04.2024

NRW

Haftbefehl gegen drei Jugendliche wegen Terrorverdachts

Sie werden verdächtigt, einen islamistisch motivierten Anschlag geplant zu haben

 12.04.2024

Halle

Anklage gegen Björn Höcke erweitert

Vor Gericht geht es um den Vorwurf der Volksverhetzung. Jetzt sogar um zwei Fälle

 12.04.2024