Der Präsident des hessischen Landesamtes für Verfassungsschutz, Bernd Neumann, warnt vor einer neuen Radikalisierungswelle unter Islamisten. »Das, was wir in den vergangenen zwei, drei Jahren erlebt haben, war so etwas wie eine trügerische Ruhe«, sagte er im Interview der »Frankfurter Allgemeinen Zeitung« (Donnerstag). Seit Ende des vergangenen Jahres sei eine »verstärkte Agitation« zu beobachten. Er sehe den Islamismus als größte Gefahr »gleich nach dem Rechtsextremismus«.
Die Missionierung, die vielfach online stattfinde, könne »letztlich den Nährboden bereiten für gewaltorientierte Dschihadisten«, so Neumann. Insbesondere bei jüngeren Menschen zeige sich, »dass tatsächlich eine Radikalisierung über das Internet stattgefunden hat«. Die Inhalte, etwa Bauanleitungen für Bomben oder Hinrichtungsvideos, würden in neuem Gewand präsentiert und »zielgruppenspezifisch aufbereitet«.
Personenkreis Der Personenkreis derer, die sich radikalisierten, habe sich derweil kaum verändert. »Es gibt den Deutschen mit Migrationshintergrund, es gibt aber ebenso Menschen, die noch nicht so lange hier leben. Konvertiten stellen wir genauso wie früher fest. Daraus lassen sich nur schwer Schlüsse ziehen«, erklärte der Experte.
Immer wieder zeige sich dagegen, »dass viele derer, die sich radikalisieren ließen, gesellschaftlich außen vor waren. Dass der Weg in die Radikalität durch einen gewissen Druck entstanden ist, dem sie entfliehen wollten, weil sie bestimmte Ziele im Leben nicht erreichten. Das ist sicher nicht der einzige Faktor, der eine Rolle spielt, aber offenbar ein sehr wichtiger.«
Als größte Gefahr bezeichnete Neumann den Rechtsextremismus, der eine »sehr hohe Dynamik« habe. Eine wichtige Rolle spielten dafür die Ängste von Menschen im Zusammenhang mit dem Krieg in der Ukraine. »Alle Extremisten verfolgen ein Ziel: diese unsicheren Zeiten und damit verbundene Zukunftsängste in der Bevölkerung für sich zu nutzen.« kna