von Michael Wuliger
Mit ihrem Silberblick und ihrer prononcierten Nase entspricht Barbra Streisand nicht gerade dem gängigen Schönheitsideal. Das hat sie nicht daran gehindert, die erfolgreichste Entertainerin der USA zu werden. Als einzige Künstlerin hat sie sämtliche großen Preise der US-Unterhaltungsbranche gewonnen: den Oscar, den Grammy, den Tony, den Emmy und den Golden Globe. Mit mehr als 70 Millionen verkauften Alben zählt Streisand zu den Top Ten der Musikindustrie. Songs wie People, The way we Were oder Memories sind Klassiker. Auch Streisands 18 Filme waren fast alle Erfolge. Zweimal gewann sie den Oscar, zehnmal den Golden Globe. Mit fünf Emmys ausgezeichnet wurden ihre TV-Specials. Ihre Tony-prämierten Broadwayshows spielten stets vor ausverkauften Häusern, ebenso ihre Konzerte.
Trotz ihrer kleinen Schönheitsfehler hat es Barbra Streisand auch nie an Männern gemangelt. Neben Elliot Gould, mit dem sie 1963 bis 1971 verheiratet war und James Brolin, ihrem Ehemann seit 1998, hatte sie Beziehungen mit den Schauspielern Ryan O’ Neal, Warren Beatty, Jon Voight, Don Johnson und Steve McQueen, Kanadas Premier Pierre Trudeau, TV-Moderator Peter Jennings und Tennischampion André Agassi – um nur die Bekanntesten zu nennen.
Geboren wurde Barbra Streisand, heute eine der reichsten Frauen der USA am 24. April 1942 in Brooklyn als Tochter einer armen jüdischen Familie. Ihr Broadwaydebüt hatte sie mit 19 Jahren in dem Musical I can get it for you wholesale. In dem in der jüdischen New Yorker Bekleidungsindustrie angesiedelten Stück spielte sie die Sekretärin Miss Marmelstein und wurde erstmals für einen Tony nominiert, die begehrteste Broadwayauszeichnung.
Jüdisch begann auch Streisands Hollywoodkarriere. An der Seite von Omar Sharif spielte sie 1968 in Funny Girl die legendäre Sängerin und Schauspielerin Fanny Brice (1891 - 1951). Dafür erhielt die Newcomerin ihren ersten Oscar als beste Hauptdarstellerin. Fünfmal Oscar-nominiert wurde sie 1983 für Yentl. Den Film nach einer Geschichte von Literaturnobelpreisträger Isaac Bashevis Singer über ein jüdisches Mädchen im Polen des 19. Jahrhunderts, das sich als Junge verkleidet, um in einer Jeschiwa lernen zu dürfen, hatte Streisand selbst produziert; sie führte auch Regie und spielte die Hauptrolle. Dass sie bei der Oscar-Verleihung leer ausging, erschütterte die erfolgsverwöhnte Diva; ebenso die Tatsache, dass Singer sich von der Verfilmung distanzierte. Dem Zuspruch des Publikums tat das freilich keinen Abbruch. Yentl war ein Kassenerfolg.
Jüdinnen porträtierte Streisand auch in den Filmen Hello Dolly (1969), A Star is Born (1976), The Way we were (1973), Prince of Tides (1991) The Mirror has two Faces (1996) und zuletzt in Meet the Fockers (2004). Das ist kein Zufall: Barbra Streisand ist nicht religiös, aber das Judentum spielt eine wichtige Rolle in ihrem Leben. Für ihren Einsatz in der amerikanischen zionistischen Frauenorgani- sation Hadassah erhielt sie 1995 einen Ehrendoktor der Brandeis University.
Engagiert ist Barbra Streisand auch in der Politik, was ihr nicht nur Freunde eingebracht hat. Die überzeugte Linksliberale setzt sich mit ihrer millionenschweren Streisand Foundation für Frauen- und Minderheitenrechte sowie für den Umweltschutz ein und gehörte von Anfang an zu den Kritikern des Irakkriegs. Das hat ihr den Hass der amerikanischen Rechten eingetragen. George W. Bush wird dennoch kommenden Dienstag, wenn Barbra Streisand ihren 65. Geburtstag feiert, wohl nicht darum herumkommen, in den »Happy Birthday Barbra«-Chor mit einzustimmen. Superstars sind in Amerika im Zweifelsfall bedeutender als Präsidenten.