Menschen in falschen Zusammenhängen

Stadtneurotiker für Arme

von Michael Wuliger

Matratzen, ein Kühlschrank, ein Mann, eine Frau. Dina und Micky, Berliner Juden, sie Anfang dreißig, er Mitte vierzig, reden über ihre Beziehung. Seit etwas über einem Jahr betrügen die beiden Dinas gojischen Mann Sven. Viel Lust scheint es ihnen nicht zu bereiten. Dina läßt Micky nicht wirklich ran: »Ich war noch nie richtig drin in Dir«, klagt er. Sie wiederum bekommt trotz Mickys manueller und anderer Bemühungen keinen Orgasmus. Dafür reden die beiden viel: über verkorkste Beziehungen – die eigenen und die von Freunden –, über Nazis, Oskar Schindler, jüdische Ängste und traumatisierte Eltern. Wenn zwischendurch die Themen ausgehen, geht’s immer wieder in die Kiste: Labern, Vögeln, Labern, Vögeln, Labern, Vögeln, Labern.
Als »bittere Satire über die großstädtische Einsamkeit« hatte das Berliner Gorki-Theater Maxim Billers eigens für das Haus geschriebenes Zweipersonenstück Menschen in falschen Zusammenhängen angekündigt, das vergangene Woche Premiere hatte. Das klang vielversprechend nach einer Mischung aus Albees Wer hat Angst vor Virginia Woolf und Woody Allens Stadtneurotiker. Doch weder vom Furor des einen noch von der Ironie des anderen hat Billers Stück etwas. Beziehungsdramen oder -komödien, zumal Zweipersonenstücke, leben vom Dialog. Der ist bei Biller weder komisch noch dramatisch, sondern schlicht belanglos. Dina und Micky geben Gemeinplätze von sich, die durch die aufgesetzten jüdischen Elemente auch nicht interessanter werden: Sprüche über Gojim, beschnittene Schwänze und Second-Generation-Syndrome kann nur witzig oder provozierend finden, wer noch nie ein Buch von Philip Roth gelesen oder einen Woody-Allen-Film gesehen hat. Zusammenhanglos wird Micky zwischendurch auch noch als Zentralratsvorsitzen- der eingeführt, der im Fernsehen Fried-manesque Phrasen abläßt. Das soll dem Stück wohl zeitkritisches Kolorit verleihen.
Isabella Parkinson als Dina und Peter René Lüdicke als Micky bemühen sich nach Kräften, aus der faden Textvorlage etwas Dramatisches herauszuholen. Es gelingt ihnen nicht. Die Dialoge sind nichtssagend, die Sexszenen so erotisch wie Turnunterricht. Eineinviertel Stunden dauert das Stück. Eine Pause gibt es nicht. Sehr klug von der Regie: So verhindert man, daß die Zuschauer schon zur Halbzeit angeödet abhauen.

www.gorki.de

Geiseldeal

Itay Chen ist wieder in Israel

Die Leiche des 19-jährigen, israelisch-amerikanischen Soldaten wurde am Dienstagabend von Terroristen der Hamas übergeben

 05.11.2025

Jerusalem

Nach Eklat in Jerusalem: Westfälische Präses setzt auf Dialog

Projekte, Gedenkorte und viele Gespräche: Die Theologin Ruck-Schröder war mit einer Delegation des NRW-Landtags fünf Tage in Israel und im Westjordanland. Angesichts der Spannungen setzt sie auf dem Weg zur Verständigung auf Begegnungen und Dialog

von Ingo Lehnick  06.11.2025 Aktualisiert

Terror

Hamas übergibt erneut Leichen an Rotes Kreuz

Die Hamas hat dem Roten Kreuz erneut Leichen übergeben. Ob es sich bei den sterblichen Überresten in drei Särgen wirklich um Geiseln handelt, soll nun ein forensisches Institut klären

 02.11.2025

Augsburg

Josef Schuster und Markus Söder bei Jubiläumsfeier von jüdischem Museum

Eines der ältesten jüdischen Museen in Deutschland feiert in diesem Jahr 40-jähriges Bestehen. Das Jüdische Museum Augsburg Schwaben erinnert mit einer Ausstellung an frühere Projekte und künftige Vorhaben

 29.10.2025

Interview

»Wir sind für alle Soldaten da«

Shlomo Afanasev ist Brandenburgs erster orthodoxer Militärrabbiner. Am Dienstag wurde er offiziell ordiniert

von Helmut Kuhn  29.10.2025

Bayern

Charlotte Knobloch kritisiert Preisverleihung an Imam

Die Thomas-Dehler-Stiftung will den Imam Benjamin Idriz auszeichnen. Dagegen regt sich nicht nur Widerstand aus der FDP. Auch die 93-jährige Präsidentin der Israelitischen Kultusgemeinde Münchens schaltet sich nun ein

von Michael Thaidigsmann  29.10.2025

Jerusalem

Karin Prien in Yad Vashem: »Jedes Mal für mich erschütternd«

Bei ihrer Israel-Reise erinnert die Bildungsministerin an die Millionen Opfer des Holocaust. Der Moment berührt die CDU-Politikerin auch aus einem persönlichen Grund

von Julia Kilian  28.10.2025

Bildungsministerin

Karin Prien reist nach Israel

Die CDU-Ministerin mit jüdischen Wurzeln will an diesem Sonntag nach Israel aufbrechen. Geplant sind Treffen mit dem israelischen Bildungs- und Außenminister

 26.10.2025

München

Paul Lendvai: »Freiheit ist ein Luxusgut«

Mit 96 Jahren blickt der Holocaust-Überlebende auf ein Jahrhundert zwischen Gewalt und Hoffnung zurück. Besorgt zeigt er sich über die Bequemlichkeit der Gegenwart - denn der Kampf »gegen das Böse und Dumme« höre niemals auf

 21.10.2025