Krieg in Gasa

Protest auf dem Campus

von Ingo Way

Der Elfenbeinturm ist auch nicht mehr, was er einmal war. Die großen Universitäten Israels sind normalerweise stolz darauf, dass an ihnen der Nahostkonflikt keine Rolle spielt, sondern jüdische und arabische Studenten sich gemeinsam nur der Wissenschaft hingeben. Was ohnehin eher ein Wunschbild war, dem die Realität sich mal mehr, mal weniger annäherte, scheint seit dem Beginn des israelischen Militäreinsatzes gegen die Hamas im Gasastreifen endgültig zu bröckeln. Seit Ende Dezember kam es immer wieder zu teils heftigen Protestkundgebungen an den Universitäten Jerusalem, Tel Aviv und Haifa.
In der Nähe des Campus der Hebräischen Universität Jerusalem auf dem Scopusberg versammelten sich etwa 200 arabische Studenten, verstärkt durch linke jüdische Kommilitonen, hielten PLO-Flaggen und palästinensische Nationalflaggen in die Höhe und riefen »Gasa, Gasa, verzweifle nicht«, »Allah ist groß« und »Mit Blut und Feuer werden wir dich befreien, Palästina«. Etwa 100 Gegendemonstranten hielten Israelflaggen in die Höhe und sangen die Hatikwa.
Unter den 23.000 Studenten der international renommierten Hebräischen Universität sind etwa 5.000 Araber. Die Universität gilt als Musterbeispiel für Toleranz und friedliche Koexistenz. Dennoch kam es hier 2002 zu einem Selbstmordattentat in der Mensa am »Frank Sinatra International Student Center«, zu dem sich die Hamas bekannte. Dabei wurden sieben Menschen getötet und 85 verletzt. Dass sich heute, keine sieben Jahre später, Studenten dieser Universität de facto mit der Hamas solidarisieren, das können viele nicht verstehen. Zum Beispiel der Politikwissenschaftler Shlomo Avineri, der 1939 als Kind nach Palästina emigriert ist und seit 1973 eine Professur in Jerusalem innehat. Der New York Times berichtete er, wie die arabischen Studenten den Chef der Sicherheitsabteilung der Universität, einen Holocaustüberlebenden, als Nazi beschimpften, als er versuchte, Ausschreitungen zu verhindern.
An der Universität Haifa kam es ebenfalls zu Zusammenstößen. Mehrere Hundert arabische Demonstranten sowie ein paar linke jüdische Studenten und Dozenten protestierten gegen Israel. Zwölf arabische Demonstranten wurden festgenommen, weil sie Steine auf Polizisten ge-
worfen hatten.
Der 28-jährige Erez, Student der Politikwissenschaft an der Hebräischen Universität Jerusalem, ist wütend. »Was diese Leute machen, hat nichts mehr mit Mei-
nungsfreiheit zu tun.« Erez gehört zu den Organisatoren einer regelmäßigen Gegenveranstaltung. Seit zwei Wochen stehen er und einige Gleichgesinnte – die meisten davon sind Mitglieder der zionistischen Hochschulgruppe – im Foyer der sozialwissen-
schaftlichen Fakultät und verteilen Flugblätter, in denen zur Solidarität mit den israelischen Streitkräften aufgerufen wird.
»Natürlich sind die meisten arabischen Studenten nicht islamistisch«, weiß auch Erez. »Aber die Uni wäre zur Wahrung des akademischen Friedens verpflichtet, gegen diese radikale Minderheit vorzugehen. Wir haben die Universitätsverwaltung gebeten, diese Demonstrationen zu verbieten, aber die Uni schließt die Augen.« Nach dem Gespräch muss er sofort aufbrechen – er ist Reservist und wurde zum Kriegsdienst in Gasa eingezogen.
Die Proteste der arabischen Studenten gehen weiter, wenn auch in kleinerem Rahmen. Immer wieder versammeln sich in den diversen Universitätsgebäuden eine Handvoll Studenten mit PLO-Flaggen, blieben aber bisher meistens friedlich.
»Einerseits ist diese Entwicklung nichts Neues. Wir beobachten seit Jahren eine zunehmende Radikalisierung arabischer Studenten«, sagt ein renommierter Professor der Hebräischen Universität, der nicht namentlich genannt werden möchte. Andererseits passiert es jetzt zum ersten Mal, dass arabische Israelis an der Universität während eines Krieges gegen Israel demonstrieren und die Gegenseite unterstützen«, fährt er fort. »Insofern haben wir es hier schon mit einer neuen Qualität zu tun.«

Israel

Eli Sharabis Bestseller bald auch auf Englisch

Zum zweiten Jahrestag des Hamas-Massakers vom 7. Oktober 2023 soll das Buch der ehemaligen Geisel veröffentlicht werden

von Sabine Brandes  10.07.2025

Genf

Türk verurteilt US-Sanktionen gegen Albanese

Der Hochkommissar der Vereinten Nationen für Menschenrechte, Volker Türk, sprach von »Angriffen« und »Drohungen« gegen die umstrittene Italienerin

 10.07.2025

Der unter liberianischer Flagge fahrende Massengutfrachter "Eternity C" beim Untergang im Roten Meer am Mittwoch, den 9. Juli 2025.

Terror auf See

Tote nach Huthi-Angriff auf Handelsschiff

Die Huthi-Miliz im Jemen versenkt innerhalb von 24 Stunden zwei Schiffe auf dem Roten Meer

von Nicole Dreyfus  10.07.2025

Wien

Vor Treffen mit Sa’ar: Wadephul ermahnt Israel

Der Bundesaußenminister will sich weiter für einen Waffenstillstand und die Freilassung der Geiseln einsetzen, verlangt aber bessere humanitäre Hilfe in Gaza

 10.07.2025

Gaza

Das Dilemma des Deals

Premier Benjamin Netanjahu hat das Weiße Haus ohne ein Freilassungsabkommen für die israelischen Geiseln verlassen. Die Verhandlungen gehen weiter

von Sabine Brandes  09.07.2025

Berlin

Bundestagspräsidentin will Angehörige israelischer Geiseln treffen

In dieser Woche sind Angehörige der von der Hamas verschleppten Geiseln in Berlin. Am Dienstag kommt Bundestagspräsidentin Klöckner mit ihnen zusammen. Sie formuliert im Vorfeld klare Erwartungen

 07.07.2025

Magdeburg

Batiashvili und Levit mit Kaiser-Otto-Preis ausgezeichnet

Der Kaiser-Otto-Preis ist die höchste Auszeichnung der Stadt Magdeburg. Er wurde im Jahr 2005 anlässlich des 1.200-jährigen Stadtjubiläums zum ersten Mal verliehen. In diesem Jahr ging er an zwei Künstler, die sich gesellschaftlich engagieren

von Oliver Gierens  03.07.2025

Israel

Gideon Saar: Mehrheit der Regierung will Gaza-Deal

Israels rechtsextreme Minister Itamar Ben-Gvir und Bezalel Smotrich möchten einen neuen Gaza-Deal verhindern. Laut Außenminister Saar sind die meisten Regierungsmitglieder aber anderer Ansicht

 02.07.2025

Politik

Dobrindt in Israel - Treffen mit Netanjahu geplant

Innenminister: »Ich will zeigen, dass wir Israel als engsten Partner im Kampf gegen den Terror unterstützen.«

 28.06.2025