Vor der Konrad-Adenauer-Stiftung (KAS), die sich seit Jahrzehnten um die deutsch-israelischen Beziehungen verdient gemacht hat, spräche man vor Freunden, bemerkte der Vizepräsident des Zentralrats der Juden in Deutschland, Dieter Graumann. Anlass war die Festveranstaltung »Shalom – 60 Jahre Israel« der KAS und des Zentralrats. Allerdings sei »Israel-Bashing« leider derzeit eher angesagt. Graumann verwies auf eine Studie der BBC, derzufolge Israel unter Europäern nur kurz vor dem Iran als unbeliebtester Staat gilt. Viel zu wenig werde im Westen verstanden, dass uns mit Israel eine Wertegemeinschaft verbinde, so Graumann. Für Juden sei Israel »eine feste Burg«, umso größer sei die Sorge, wenn die Existenz Israels in Frage gestellt werde, wie durch den iranischen Präsidenten Mahmud Ahmadinedschad. Deutliche Worte fand Graumann zum Verhalten der deutschen Wirtschaft. Die Bundesrepublik sei der wichtigste Handelspartner Irans, aber offensichtlich gelte: »Die Geschäfte blühen, die Moral verkümmert.« Die Bundesregierung forderte Graumann auf, energischer gegen die nukleare Aufrüstung des Iran und dessen Unterstützung terroristischer Gruppen vorzugehen.
Die Staatssekretärin bei der Bundeskanzlerin, Hildegard Müller (CDU), antwortete direkt auf Graumanns Forderungen. Es sei die Pflicht des Iran, nachzuweisen, dass sein Atomprogramm nur für friedliche Zwecke genutzt wird, sagte sie. Der Bundesregierung komme es in erster Linie darauf an, die Mithilfe Russlands und Chinas zu garantieren. Dazu seien »mehr Diskussionsrunden erforderlich, als wir uns wünschen«. Nichts komme dem Iran gelegener, als die Staatengemeinschaft zu spalten.
Fast alle Redner – darunter Stephan J. Kramer, Generalsekretär des Zentralrats, Johannes Gerster, Vorsitzender der Deutsch-Israelischen Gesellschaft, und Gerhard Wahlers, Leiter der Abteilung Internationale Zusammenarbeit der KAS – wiesen auf den enormen Erfolg des Besuchs von Bundeskanzlerin Angela Merkel in Israel hin; die gemeinsamen Kabinettsitzungen hätten die Beziehungen auf eine ganz neue Ebene gehoben. Dennoch zeigten sie sich besorgt über die Zukunft der deutsch-israelischen Beziehungen. Diese könnten nicht nur auf einem aus der Geschichte resultierenden Gefühl der Verpflichtung basieren, sondern müssten ein zusätzliches Fundament finden. Hildegard Müller mahnte: »Der Sprung in die nächste Generation muss gelingen.« Aus diesem Grunde solle noch in diesem Jahr das Deutsch-Israelische Zukunftsforum ins Leben gerufen werden.
Ohnehin sei es ein weit verbreiteter Irrtum, dass Israel seine Existenz der Schoa zu verdanken habe, sagte Avi Primor, ehemaliger israelischer Botschafter in Deutschland. Die Fundamente eines jüdischen Staates seien schon lange zuvor von den Zionisten gelegt worden. Theodor Herzl hatte sich einen demokratischen Staat erträumt, so Primor. Obgleich fast alle Einwanderer aus autokratischen Gesellschaften stammten, hät- ten sie eine lebendige Demokratie und, wie sich Herzl ebenfalls gewünscht hatte, eine blühende Wirtschaft errichtet. Nur ein Punkt von Herzls Utopie sei noch nicht verwirklicht: der Frieden. Sylke Tempel
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