„Die letzte Jungfrau“

Jungfrau mit Zündstoff

von Michael Wuliger

Tuvia Tenenbom ist ein Provokateur. Der Autor und Regisseur, Sproß einer ultraorthodoxen Rabbinersippe aus Mea Schearim, bringt in seinem Jewish Theatre of New York mit Vorliebe Stücke auf die Bühne, in denen religiöse, politische und sexuelle Tabus gebrochen werden. Beispielsweise Die letzte Jungfrau. Das Stück han- delt von Religion, Politik und Wahn im Nahen Osten: Drei Geheimagenten – ein Christ, ein Israeli und ein Araber – versuchen, jeder aus anderen politischen Motiven, eine schöne junge Muslima dazu zu bewegen, sich an der Klagemauer in die Luft zu sprengen. Zwischendurch wird munter gemordet, vergewaltigt und zur wechselseitigen Vernichtung aufgerufen, inklusive »Juden raus«.
.Über die künstlerischen Meriten des Stücks kann man streiten. Als es vor drei Jahren an den Hamburger Kammerspielen lief, wurde es in der Presse fast einhellig verrissen. Als Provokation aber taugt Die letzte Jungfrau immer noch hervorragend, wie aktuell in Frankfurt am Main bewiesen wird. Dort spielt seit Mitte September das kleine »Englisch Theatre« Tenenboms Nahostfarce. Prompt reagierten wie Pawlows Hunde empörte Freunde Israels. »Antisemitisch, antiisraelisch, pornografisch, degoutant, moralisch und politisch unzulässig«, sei das Stück, erklärte Claudia Korren- ke von der Deutsch-Israelischen Gesellschaft (DIG). Wenn das Theater es nicht vom Spielplan nehme, werde sie überprüfen lassen, ob Die letzte Jungfrau »möglicherweise gegen Gesetze unseres Landes verstößt«. Kopien zur Kenntnis an Frankfurts Oberbürgermeisterin, den israelischen Botschafter und die Präsidentin des Zentralrats der Juden in Deutschland.
Tenenbom schlug sofort und nicht minder heftig zurück. Die Forderung, sein Stück abzusetzen »erinnert an die Bücherverbrennung der Nazis«, schrieb der Autor in einem Offenen Brief. »Es gab eine Zeit, in der die Juden in diesem Land intelligent und gebildet waren und stets die Kunst unterstützt haben.« Das sei inzwischennicht mehr der Fall, tobte Tenenbom weiter: »Heute ist das deutsche Judentum eine ängstliche Gruppe verbitterter Menschen, die jeden einschüchtert, der nicht ihrer Meinung ist.««
Dialog sieht anders aus. Auch eine Podiumsdiskussion vergangenen Donnerstag mit Tenenbom, einem islamischen Vertreter, einem ZDF-Journalisten und Doron Kiesel für den Zentralrat der Juden, brachte keine Annäherung. Dafür aber reichlich Presse. Nicht nur Frankfurter Lokaljournalisten kamen, sondern, wie die stolze Pressesprecherin des Theaters mitteilt auch »Spiegel, Focus und die New York Times«. Die Karten für das Stück verkaufen sich natürlich jetzt ganz besonders gut. Eins zu Null für Tuvia Tenenbom.

Gedenkstätten

70 Länder auf neuem Gedenkstein in Neuengamme

Zum 80. Jahrestag des Kriegsendes und der Befreiung der Häftlinge wird das Gedenkzeichen am Sonntag eingeweiht

 02.05.2025

Hamburg

Zehn Monate auf Bewährung nach mutmaßlich antisemitischem Angriff

Die 27-Jährige hatte ein Mitglied der Deutsch-Israelischen Gesellschaft nach einer Vorlesung über antijüdische Gewalt attackiert

 28.04.2025

Fernsehen

Mit KI besser ermitteln?

Künstliche Intelligenz tut in Sekundenschnelle, wofür wir Menschen Stunden und Tage brauchen. Auch Ermittlungsarbeit bei der Polizei kann die KI. Aber will man das?

von Christiane Bosch  21.04.2025

Reaktionen

Europäische Rabbiner: Papst Franziskus engagierte sich für Frieden in der Welt

Rabbiner Pinchas Goldschmidt, der Präsident der Konferenz Europäischer Rabbiner, würdigt das verstorbene Oberhaupt der katholischen Kirche

 21.04.2025

Berlin

Weitere Zeugenvernehmungen im Prozess gegen Angreifer auf Lahav Shapira

Der Prozess gegen Mustafa A. am Amtsgericht Tiergarten geht weiter. Noch ist unklar, ob am heutigen Donnerstag das Urteil bereits gefällt wird

 17.04.2025

Indischer Ozean

Malediven will Israelis die Einreise verbieten

Es ist nicht die erste Ankündigung dieser Art: Urlauber aus Israel sollen das Urlaubsparadies nicht mehr besuchen dürfen. Das muslimische Land will damit Solidarität mit den Palästinensern zeigen.

 16.04.2025

Essen

Was gehört auf den Sederteller?

Sechs Dinge, die am Pessachabend auf dem Tisch nicht fehlen dürfen

 11.04.2025

Spenden

Mazze als Mizwa

Mitarbeiter vom Zentralratsprojekt »Mitzvah Day« übergaben Gesäuertes an die Berliner Tafel

von Katrin Richter  10.04.2025

Jerusalem

Oberstes Gericht berät über Entlassung des Schin-Bet-Chefs

Die Entlassung von Ronen Bar löste Massenproteste in Israel aus. Ministerpräsident Netanjahu sprach von einem »Mangel an Vertrauen«

 08.04.2025