Ethikrat

»Juden haben viel beizutragen«

»Juden haben
viel beizutragen«

Micha Brumlik über Lebensfragen und den Deutschen Ethikrat

Herr Brumlik, am 1. Juli wird ein Deutscher Ethikrat eingerichtet, dessen 26 Mitglieder je zur Hälfte von Bundestag und Bundesregierung benannt werden. Dieser löst den Nationalen Ethikrat ab, der 2001 von Bundeskanzler Gerhard Schröder eingerichtet worden war. Dort saßen zahlreiche christliche Theologen, aber kein einziger Jude. Haben Juden zu ethischen Fra- gen nichts beizutragen?
brumlik: Juden haben zu ethischen Fragen sehr viel beizutragen. Sowohl aus der Orthodoxie als auch aus dem Reformjudentum liegt eine umfangreiche rabbinische Literatur gerade zu bio- und friedensethischen Fragen vor. Allerdings sind die Juden in Deutschland zahlenmäßig eine verschwindende Minderheit. Aber der Umstand, dass sie in Rundfunkräten vertreten sind, weist darauf hin, dass die jüdische Stimme bei politischen und moralischen Belangen gehört werden soll. Das sollte auch für den Ethikrat gelten.

Wieso saß im Ethikrat bisher kein Jude?
brumlik: Da haben auch viele andere nicht dringesessen. Das liegt daran, dass der Ethikrat bisher eine Idee des Alt-Bundeskanzlers Schröder gewesen ist, der seine eigene Agenda im Bereich der Bioethik durchsetzen wollte und sich die Personen zusammengesucht hat, die seine Linie unterstützen. Das wird im neuen Ethikrat hoffentlich anders sein.

Wer könnte dort von jüdischer Seite kompetent Positionen vertreten?
brumlik: Ich würde zunächst dafür plädieren, wirklich ausgewiesene Rabbiner der unterschiedlichen liturgischen Strömungen zu berufen, also diejenigen, die in der Allgemeinen oder der Orthodoxen Rabbinerkonferenz mit derlei Fragen befasst sind und die wirklich halachisch-ethisch bewandert sind.

Worin würden sich jüdische Positionen etwa zur Stammzellenforschung von christlichen unterscheiden?
brumlik: Grundsätzlich ist die rabbinische Bioethik, was Fragen des ungeborenen Lebens angeht – auch in der Orthodoxie –, deutlich liberaler als die katholisch-kantianische Position. In der politischen Ethik ist bekannt, dass im Judentum etwa das Recht auf individuelle und kollektive Selbstverteidigung einen höheren Stellenwert hat als in christlichen Ethiken. Übrigens gibt es in der rabbinisch-talmudischen Ethik bereits im zweiten und dritten Jahrhundert eine sehr breite Diskussion über die Würde des Menschen als Ebenbild Gottes. Eine Diskussion, die historisch früher anfängt als in den christlichen Kirchen.

Mit dem Erziehungswissenschaftler und Philosophen sprach Ingo Way.

Israel

Razzia wegen Korruptionsverdacht bei Histadrut

Der Gewerkschaftsboss und weitere hochrangige Funktionäre wurden festgenommen

 03.11.2025

Terror

Hamas übergibt erneut Leichen an Rotes Kreuz

Die Hamas hat dem Roten Kreuz erneut Leichen übergeben. Ob es sich bei den sterblichen Überresten in drei Särgen wirklich um Geiseln handelt, soll nun ein forensisches Institut klären

 02.11.2025

Augsburg

Josef Schuster und Markus Söder bei Jubiläumsfeier von jüdischem Museum

Eines der ältesten jüdischen Museen in Deutschland feiert in diesem Jahr 40-jähriges Bestehen. Das Jüdische Museum Augsburg Schwaben erinnert mit einer Ausstellung an frühere Projekte und künftige Vorhaben

 29.10.2025

Interview

»Wir sind für alle Soldaten da«

Shlomo Afanasev ist Brandenburgs erster orthodoxer Militärrabbiner. Am Dienstag wurde er offiziell ordiniert

von Helmut Kuhn  29.10.2025

Bayern

Charlotte Knobloch kritisiert Preisverleihung an Imam

Die Thomas-Dehler-Stiftung will den Imam Benjamin Idriz auszeichnen. Dagegen regt sich nicht nur Widerstand aus der FDP. Auch die 93-jährige Präsidentin der Israelitischen Kultusgemeinde Münchens schaltet sich nun ein

von Michael Thaidigsmann  29.10.2025

Jerusalem

Karin Prien in Yad Vashem: »Jedes Mal für mich erschütternd«

Bei ihrer Israel-Reise erinnert die Bildungsministerin an die Millionen Opfer des Holocaust. Der Moment berührt die CDU-Politikerin auch aus einem persönlichen Grund

von Julia Kilian  28.10.2025

Bildungsministerin

Karin Prien reist nach Israel

Die CDU-Ministerin mit jüdischen Wurzeln will an diesem Sonntag nach Israel aufbrechen. Geplant sind Treffen mit dem israelischen Bildungs- und Außenminister

 26.10.2025

München

Paul Lendvai: »Freiheit ist ein Luxusgut«

Mit 96 Jahren blickt der Holocaust-Überlebende auf ein Jahrhundert zwischen Gewalt und Hoffnung zurück. Besorgt zeigt er sich über die Bequemlichkeit der Gegenwart - denn der Kampf »gegen das Böse und Dumme« höre niemals auf

 21.10.2025

Abkommen

»Trump meinte, die Israelis geraten etwas außer Kontrolle«

Die Vermittler Steve Witkoff und Jared Kushner geben im Interview mit »60 Minutes« spannende Einblicke hinter die Kulissen der Diplomatie

von Sabine Brandes  20.10.2025