von Michael Wuliger
Der Journalist und Buchautor David Klinghoffer schreibt für das rechte Magazin National Review und für die liberale New Yorker Wochenzeitung Jewish Forward. In seinen Kolumnen hält er die Fahne des Konservativismus hoch: gegen die Evolutionstheorie, für den Kreationismus; gegen Moralverfall, für Familienwerte. Seine Positionen begründet Klinghoffer mit Tora und Talmud, so wie er sie versteht, sprich, orthodox. Der ehemalige Reformjude ist vor Jahren zum streng traditionellen Judentum zurückgekehrt.
Mit »biblischer statt politischer Korrektheit«, wie er es nennt, begründet Klinghoffer jetzt auch die seiner Meinung nach einzig richtige Entscheidung bei den Wahlen im November. How would God vote? heißt sein Anfang Juni erschienenes neues Buch, Was würde Gott wählen? Die Antwort lautet: selbstverständlich republikanisch.
»Die Bibel ist ein eindeutig politisches und dabei ausgesprochen konservatives Werk«, schreibt Klinghoffer. »Manche politischen Auffassungen beleidigen Gott. Und diese Auffassungen sind meist liberal und links.« Deshalb müsse die entscheidende Frage in der Wahlkabine stets lauten: »Stimmst Du für den Herrn oder gegen ihn?«
Unter Amerikas Juden, die sich zu fast zwei Dritteln als links und liberal verstehen, stößt das Buch erwartungsgemäß auf wenig Zustimmung. Aber auch im eigenen Lager hat Klinghoffer nicht nur Fans. Etliche seiner politischen Auffassungen stehen konträr zu zentralen Dogmen des amerikanischen Konservativismus, insbesondere in seiner christlich-fundamentalistischen Lesart. So argumentiert das Buch unter Berufung auf die Tora für Abtreibungsfreiheit bis zur siebten Schwangerschaftswoche. Anderseits verneint es, dass das Recht, Waffen zu tragen, gottgegeben sei. Was den Irakkrieg angeht, gehört Klinghoffer eher zu den Tauben als den Falken. »Die politische Vision der Bibel ist nicht neokonservativ«, schreibt er. Wichtiger als der Kampf gegen ausländische Feinde sei der Widerstand gegen moralischen Zerfall im Innern. Auch in Sachen illegale Einwanderung ist Klinghoffer sehr viel liberaler als die Mehrheit seiner Parteifreunde. Sogar Wiedergutmachung an die Afroamerikaner für das Leid der Sklaverei hält der Autor für gerechtfertigt.
Die Reaktionen waren entsprechend. »Abgesehen von John McCain und George W. Bush hat niemand den Begriff ›konservativ‹ je so missbraucht wie Klinghoffer«, kommentierte der viel gelesene konservative Blogger Joe Farah.
Von links hat derweil der Publizist und Verleger Larry Yudelson, ein Intimfeind Klinghoffers, angekündigt, demnächst eine Replik auf das konservative Credo zu veröffentlichen. How would God really vote, soll das Buch heißen, Was würde Gott wirklich wählen? Folgt man Yudelson, natürlich die Demokraten. Von Gott selbst war bis Redaktionssschluss keine Stellungnahme über seine parteipolitischen Präferenzen zu erfahren.