TV

Handgefertigte Erinnerung: Arte widmet Stolpersteinen eine Doku

Gunter Demnig beim Verlegen der Steine in der Linienstraße Foto: Rolf Walter

1996 startete das einmalige Kunstprojekt Stolpersteine - von Holland aus zunächst in drei Ländern. Heute erinnern mehr als 100.000 solcher Mini-Mahnmale in mittlerweile 30 Ländern und 28 Sprachen Europas an das Schicksal von Menschen, die im Zweiten Weltkrieg von den Nationalsozialisten verfolgt wurden. Der Dokumentarfilm »Stolpersteine - gegen das Vergessen« im Arte-Abendprogramm beleuchtet das Projekt am 23. Januar um 21.05 Uhr näher.

Stolpersteine sind im Boden verlegte Steine, die auf der Oberseite kleine Messingplatten mit den Namen der Opfer tragen; verlegt werden sie vor deren einstigen Wohn- und Lebensorten im Straßen- oder Gehwegpflaster. Meist beginnt deren Inschrift mit den Worten »Hier wohnte«, es folgen stets Vor- und Zuname und Jahreszahlen. Das Kunstprojekt, das von dem damals 45-jährigen Gunter Demnig ins Leben gerufen wurde, wächst stetig, entwickelte sich zum größten dezentralen Mahnmal und ist weltbekannt. Marius Möller setzt dem Projekt mit der Dokumentation von Westdeutschem Rundfunk (WDR) und dem deutsch-französischen Kulturkanal Arte nun auch ein filmisches Denkmal.

Besuch in der Stolperstein-Werkstatt

Für die Dokumentation wird der heute in Köln lebende Erfinder der Stolpersteine, Gunter Demnig (77), in seiner Werkstatt besucht. In den 1990er Jahren verlegte der studierte Kunstpädagoge die ersten Stolpersteine in Deutschland, um mit dem kleinen Symbol an die Deportation und Ermordung von Juden, Sinti und Roma unter der NS-Herrschaft zu erinnern. Dazu recherchieren Bürgerinnen und Bürger die Geschichte der ehemaligen Bewohnerinnen und Bewohner ihrer Nachbarschaft.

Allein im NS-Archiv in der Kleinstadt Bad Arolsen (Hessen) lagern, wie im Film zu sehen, Akten von mehr als 15 Millionen Opfern des NS-Regimes. »Diese große Kunstaktion bietet sehr viele Ansatzpunkte, mehr als die großen staatlichen«, erklärt Historiker Christoph Kreutzmüller im Film. Er schätzt an dem Prozess besonders: »Wenn jemand gerne einen Stolperstein legen möchte, dann muss er recherchieren und wird damit selbst zum Historiker.«

»Leuchtendes Objekt auf dem Bürgersteig«

Die menschlichen Geschichten hinter einzelnen Steinen verwebt die Doku mit der Historie des Projekts - wie die Steine über die Jahre zu einem europäischen Netz der Erinnerung gewachsen sind und wie sie Angehörigen, Freiwilligen und Passanten helfen, eine emotionale Verbindung zu den Opfern aufzubauen und aufrechtzuerhalten. Die Filmcrew nimmt an der Zeremonie einer Steinlegung teil für den Geschäftsmann George Silberstein und dessen Ehefrau, die freiberufliche Stenotypistin Susanne, zu der die Angehörigen des Opfer-Ehepaares, Ronnie Gold und Steve Heinemann, aus Kanada angereist sind.

Ronnie Gold sagt über diesen Tag, an dem das Mahnmal um zwei weitere Geschichten erweitert wird: »Jedes Denkmal ist etwas ganz Besonderes. Für mich ist es ein helles leuchtendes Objekt auf dem Bürgersteig, das uns daran erinnert, dass das Menschen waren, die ein Leben hatten.« Von Michael Friedrichs-Friedländer erfährt man, dass aus Respekt vor den Opfern jeder einzelne Stein in Handarbeit entsteht - sichtlich berührt sagt der Kölner Bildhauer in seiner Arbeitsstätte: »Das ist auch das Harte an der Arbeit, diese Auseinandersetzung mit den Schicksalen.«

Mitunter gibt es auch Widerstand

Mit einer gekonnten Mischung zwischen Nähe und Distanz zu Angehörigen und Ausführenden erzählt die Dokumentation »Stolpersteine - gegen das Vergessen« von den persönlichen Geschichten hinter den kompakten Steinen, von den Herausforderungen der Erinnerungskultur, aber auch von Widerständen gegen die Verlegungen, etwa in München und Paris, wo sich Anwohnende und Verwaltungen gegen die Verlegung der Stolpersteine zur Wehr setzen.

Trotzdem wird in Interviews und emotionalen Erzählungen die Bedeutung des Projekts gerade auch für die jüngere Generation deutlich, ebenso die Herausforderungen der Erinnerung an die nationalsozialistischen Verbrechen. Die Dokumentation sensibilisiert für Fragen der Erinnerungskultur und fordert eine intensivere Auseinandersetzung mit der Vergangenheit und mit den Opfern, deren Schicksale durch die Stolpersteine lebendig bleiben.

»Stolpersteine - Gegen das Vergessen«. Dokumentarfilm von Marius Müller (Buch, Regie und Schnitt). Arte, Do 23.01., 21.05 bis 22.00 Uhr

Israel

Eli Sharabis Bestseller bald auch auf Englisch

Zum zweiten Jahrestag des Hamas-Massakers vom 7. Oktober 2023 soll das Buch der ehemaligen Geisel veröffentlicht werden

von Sabine Brandes  10.07.2025

Genf

Türk verurteilt US-Sanktionen gegen Albanese

Der Hochkommissar der Vereinten Nationen für Menschenrechte, Volker Türk, sprach von »Angriffen« und »Drohungen« gegen die umstrittene Italienerin

 10.07.2025

Der unter liberianischer Flagge fahrende Massengutfrachter "Eternity C" beim Untergang im Roten Meer am Mittwoch, den 9. Juli 2025.

Terror auf See

Tote nach Huthi-Angriff auf Handelsschiff

Die Huthi-Miliz im Jemen versenkt innerhalb von 24 Stunden zwei Schiffe auf dem Roten Meer

von Nicole Dreyfus  10.07.2025

Wien

Vor Treffen mit Sa’ar: Wadephul ermahnt Israel

Der Bundesaußenminister will sich weiter für einen Waffenstillstand und die Freilassung der Geiseln einsetzen, verlangt aber bessere humanitäre Hilfe in Gaza

 10.07.2025

Gaza

Das Dilemma des Deals

Premier Benjamin Netanjahu hat das Weiße Haus ohne ein Freilassungsabkommen für die israelischen Geiseln verlassen. Die Verhandlungen gehen weiter

von Sabine Brandes  09.07.2025

Berlin

Bundestagspräsidentin will Angehörige israelischer Geiseln treffen

In dieser Woche sind Angehörige der von der Hamas verschleppten Geiseln in Berlin. Am Dienstag kommt Bundestagspräsidentin Klöckner mit ihnen zusammen. Sie formuliert im Vorfeld klare Erwartungen

 07.07.2025

Magdeburg

Batiashvili und Levit mit Kaiser-Otto-Preis ausgezeichnet

Der Kaiser-Otto-Preis ist die höchste Auszeichnung der Stadt Magdeburg. Er wurde im Jahr 2005 anlässlich des 1.200-jährigen Stadtjubiläums zum ersten Mal verliehen. In diesem Jahr ging er an zwei Künstler, die sich gesellschaftlich engagieren

von Oliver Gierens  03.07.2025

Israel

Gideon Saar: Mehrheit der Regierung will Gaza-Deal

Israels rechtsextreme Minister Itamar Ben-Gvir und Bezalel Smotrich möchten einen neuen Gaza-Deal verhindern. Laut Außenminister Saar sind die meisten Regierungsmitglieder aber anderer Ansicht

 02.07.2025

Politik

Dobrindt in Israel - Treffen mit Netanjahu geplant

Innenminister: »Ich will zeigen, dass wir Israel als engsten Partner im Kampf gegen den Terror unterstützen.«

 28.06.2025