verlagsbranche
Geld und Gewissen
DuMont Schauberg und der Einstieg bei »Haaretz«
Was vor zwei Wochen in den meisten deutschen Medien eine relativ normale Wirtschaftsnachricht war, ist für manche in Israel ein Skandal. Die Kölner Verlagsgruppe M. DuMont Schauberg kauft 25 Prozent des Aktienkapitals der israelischen Haaretz-Gruppe. Es sollen 25 Millionen Euro Investitionssumme in das Unternehmen mit Sitz in Tel Aviv fließen. Von wütenden Anrufen in der Haaretz-Redaktion, gar von Abo-Kündigungen wird berichtet, seit das Geschäft publik wurde. Angesichts der Kritik sahen sich DuMont und Haaretz-Eigentümer Amos Schocken – Nachfahre deutscher NS-Opfer – gezwungen, klarzustellen, daß die Initiative zu der Beteiligung von Haaretz ausgegangen war. Man hatte für eine dringend benötigte Kapitalerhöhung einen Partner gesucht.
Argwohn über den Deal gab es nicht nur, weil mit DuMont erstmals ein deutscher Verlag auf dem israelischen Markt auftaucht. Das Unternehmen hat zudem eine umstrittene Vergangenheit. Der Kölner Autor Ingo Niebel und das Nachrichtenmagazin »Der Spiegel« hatten im Frühjahr behauptet, Kurt Neven DuMont – der Vater des heutigen Konzernchefs Alfred Neven DuMont – sei ein NS-Sympathisant gewesen. Zudem habe die Familie von »Arisierungen« profitiert. Allerdings ist der erste Vorwurf aus den derzeit bekannten Dokumenten nicht belegbar, sondern – wie der zweite Vorwurf – bisher vor allem eine Frage der Interpretation. Die Geschichte von Familie und Unternehmen soll erst vom Historiker Manfred Pohl aufgearbeitet werden – unter anderem anhand des Familienarchivs, das bisher nicht zugänglich war. Gegen Formulierungen wie »Arisierungsgewinnler« ist der Verlag außerdem mit Erfolg juristisch vorgegangen, denn direkte Immobilienkäufe von »arisierten« Juden hat die Familie DuMont in der NS-Zeit laut einem Urteil der Pressekammer des Landgerichts Köln nicht getätigt.
In der israelischen Presse herrscht Uneinigkeit. Während das Wirtschaftsmagazin Globes Kurt Neven DuMont gegen die Vorwürfe in Schutz nahm, berichteten Maariv und Yedioth Achranot, Israels größte Tageszeitung, fast ausschließlich über Kritik am »unwürdigen Geschäft«. Teile des Haaretz-Managements lehnten den Deal ab, hieß es. Der geschäftsführende Direktor der Zeitung, Yossi Warschawski, sei aus Protest der Unterzeichnungszeremonie ferngeblieben. Yedioth Achronot druckte genüßlich eine Schlagzeile von »Haaretz’ Nazi-Problem.«
Vor allem, daß sich die Zeitung dabei offenbar ausschließlich auf die Recherchen von Niebel bezog, der sich sonst schon mal für Castros Kuba und die Anerkennung der Hamas engagiert, stieß im Kölner Verlagshaus auf Unverständnis. Alfred Neven DuMonts Sprecher Peter Pauls sagte der Jüdischen Allgemeinen: »Wir haben uns von unseren Partnern und Freunden in Israel erklären lassen, daß ein solcher Artikel eher unter Wettbewerbsbedingungen zustande kommt als unter historischen Aspekten.« Auch DuMont-Kritiker Warschawski wird in Maariv mit diesem Vorwurf zitiert: »Die Beschäftigung der anderen Zeitungen mit der Angelegenheit hat nichts mit der Geschichte des jüdischen Volkes zu tun.« ja