koscher

Fair am Fließband

von Sue Fishkoff

Bei ihrer Konferenz in Orlando (Florida) hat die United Synagogue of Conservative Judaism kürzlich den Beschluss gefasst, einen »Hechscher Zedek« zu etablieren, ein Zertifizierungssystem für ethische Standards bei der Herstellung koscherer Lebensmittel. Mit einer solchen »Gerechtigkeitsbescheinigung« sollen Lebensmittel ausgezeichnet werden, bei deren Produktion bestimmte Umwelt- und arbeitsrechtliche Standards, einschließlich Sicherheit am Arbeitsplatz und fairer Lohn, eingehalten werden. Das empfohlene Zertifikat soll die bestehende Koscher-Zertifizierung nicht ersetzen, sondern parallel vergeben werden und jüdischen Verbrauchern einen weiteren Maßstab für die Bewertung der von ihnen ge- kauften Lebensmittel an die Hand geben.
Das Vorhaben, an dem seit einem Jahr gearbeitet wird, ist das jüngste Beispiel für das wachsende jüdische Interesse an Fragen der sozialen Gerechtigkeit. Es ist der erste konkrete Versuch einer der jüdischen Hauptströmungen, die Definition dessen auszudehnen, was Lebensmittel »essbar« – so die wörtliche Bedeutung des Wortes »koscher« – macht. Als wünschenswerten Nebeneffekt hofft man, mit der Initiative Kaschrut für jene Juden attraktiv zu machen, die an sozialen Fragen interessiert sind, und ihnen zu zeigen, dass die Konservative Bewegung Umwelt- und Arbeitsschutzbelange ernst nimmt.
In den Worten des Leiters der Kampagne, Rabbi Morris Allen von der Beth-Jacob- Gemeinde in Mendota Heights, Minnesota, ist es nur folgerichtig, dass die Konservative Bewegung in dieser Diskussion die Führung übernommen hat. »Die Position des Konservativen Judentums in dieser Frage ist einzigartig«, sagte er. »Kaschrut ist für uns unbedingt zwingend, was für andere Bewegungen vielleicht nicht zutrifft. Und genauso zwingend ist soziale Gerechtigkeit. Der Hechscher Zedek ist der Punkt, an dem halachische Gewissenhaftigkeit und ethischer Imperativ zusammentreffen.«
Auch die Reformbewegung arbeitet daran, Reformstandards für die ethische Produktion von Lebensmitteln zu entwickeln, das Projekt hat aber im Verlauf des Jahres innerhalb der Bewegung an Schwung verloren. Die Einstellung in orthodoxen Kreisen ist im Allgemeinen, dass die bestehenden, traditionellen Standards ausreichen.
Rabbiner Menachem Genack, Leiter der Kaschrut-Abteilung der Orthodox Union, betont, Umweltschutz, arbeitsrechtliche Belange und Tierschutz seien Teil der biblischen und rabbinischen Gesetzgebung; es sei richtig, dass Juden sich um diese Dinge Sorgen machen. Aber, fügte er hinzu, sie sollten nicht von den religiösen Gemeinschaften reguliert werden. »Wir glauben, dass die staatlichen und bundesstaatlichen Behörden diese Probleme viel besser und wirksamer handhaben. Sie haben die Ressourcen, den gesetzlichen Auftrag und das Know-how dafür.«
Nigel Savage, geschäftsführender Direktor von Hazon, einer gemeinnützigen jüdischen Organisation, die Umweltschutz und soziale Gerechtigkeit bei der Herstellung von Lebensmittel auf ihre Fahnen geschrieben hat, begrüßt das Hechscher-Zedek-Projekt. Es sei ein wunderbares Beispiel dafür, wie man die bestehende jüdische Gesetzgebung auf ein höheres Niveau heben kann. »Mehr und mehr Juden unserer Generation leben koscher, und ethische Fragen sind wichtig für sie: Fairness gegenüber den Arbeitern, Ehrfurcht vor der Erde«, sagte er.
Die Hechscher-Zedek-Initiative entstand im vergangenen Jahr in Reaktion auf den Streit über Agriprocessors, den größten koscheren Schlachthof der USA in Postville, Iowa. Kritiker hatten dem Unternehmen vorgeworfen, sowohl Arbeiter als auch Tiere schlecht zu behandeln, und auch das US-Landwirtschaftsministerium hatte Verstöße gegen Sicherheits- und Gesundheits- bestimmungen festgestellt. Ein von der Konservativen Bewegung eingesetzter Untersuchungsausschuss besuchte die Fabrik und entwickelte eine Reihe von Umwelt- und Arbeitsstandards, anhand deren Hersteller koscherer Lebensmittel bewertet werden können.
Richard Lederman, Kaschrut-Experte bei United Synagogue, der federführend an dem Hechscher-Zedek-Projekt arbeitet, hofft, seine Initiative werde andere Bewegungen anspornen, ähnliche Programme in Angriff zu nehmen. Und er glaubt, dass das Hechscher Zedek der Konservativen Bewegung einen neuen Impuls geben werde. »Seit Jahren konzentrieren wir uns auf die Halacha, auf Fragen des Rituals und Mizwot. Das ist wichtig für unsere Mitglieder, aber sie verlangen auch nach einer Perspektive in Fragen der sozialen Gerechtigkeit. Hier muss die Konservative Bewegung Antworten bieten können.« Der Hechscher Zedek wird neben den Rechten der Arbeiter, der Sicherheit am Arbeitsplatz auch die Aufzucht der Masttiere umfassen. Alles, was mit Bioprodukten zu tun hat, wurde laut Lederman bislang ausgespart.
Die erste Probe für das neue Zertifikat ist ein Pilotprogramm in Minneapolis-St. Paul (Minnesota), das über ein Jahr laufen soll. Eine 50.000-Dollar-Spende der Nathan-Cummings-Stiftung wird dafür verwendet, in der Konservativen Gemeinde und unter Lebensmittelproduzenten im Mittleren Westen der USA zu werben. Bis Ende 2008 sollen drei dieser Hersteller ein Zertifikat erhalten. »Wir wollen fair sein und niemanden bestrafen«, sagt Lederman. Die Kommission brauche Anregungen von Arbeitern, Verbrauchern und Herstellern, während sie das Zertifizierungsverfahren entwickelt.

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