Wahlpflichtfach

»Es wäre ein großer Gewinn«

von Thomas Klatt

Für Daniel Krochmalnik von der Hochschule für Jüdische Studien in Heidelberg liegt die Sache auf der Hand: Religion müsse genau so erlernt werden wie die Sprache, die man täglich benutzt. Das sagte er bei einer ökumenischen Konferenz, die am vergangenen Donnerstag in Berlin stattfand. Die Deutsche Bischofskonferenz, die Evangelische Kirche Deutschlands (EKD) sowie die Evangelischen und Katholischen Akademien hatten zu der Veranstaltung eingeladen, um über das Fach Religion an öffentlichen Schulen zu diskutieren.
Seitdem in Berlin Ethik als Pflichtfach ab der siebten Klasse eingeführt worden ist, brechen die Teilnehmerzahlen beim Religionsunterricht dramatisch ein, beobachtet Bischof Wolfgang Huber, Ratsvorsitzender der EKD. Nur hier würden die Schüler gezwungen, an einem staatlichen Ethikunterricht teilzunehmen, ohne gleichzeitig alternativ den Religionsunterricht der Kirchen oder anderer Religions- und Weltan- schauungsgemeinschaften wählen zu können. Seit Sommer fordert die Bürgerinitiative »ProReli« ein Volksbegehren zugunsten eines ordentlichen Lehrfaches Religion. Huber plädierte für einen Religionsunterricht als Wahlpflichtfach. Erst wenn die Schüler gleichberechtigt zwischen Ethik und Religionsunterricht wählen könnten, bestehe an Berliner Schulen auch Religionsfreiheit. Dabei steckt gerade hinter dem staatlichen Ethikunterricht das Bemühen, ausnahmslos alle Schüler bei der Wertevermittlung zu erreichen, damit sich keiner mehr wie bisher vom konfessionellen Religionsunterricht abmelden kann, hielten die Befürworter von Ethik dagegen.
Auch die zur Konferenz angereisten jüdischen Vertreter plädierten vehement für einen durch die Religionsgemeinschaften selbst verantworteten Werteunterricht. Oftmals sei der jüdische Religionsunterricht der einzige Ort, an dem noch eine religiöse Unterweisung stattfinde, denn die private Milieufrömmigkeit sei in den Familien stark rückgängig, sagt Daniel Krochmalnik. Besonders die jüdischen Einwanderer aus der ehemaligen Sowjetunion, die seit 1990 als Kontingentflüchtlinge nach Deutschland gekommen sind, könnten nach einem vollkommenen Traditionsabbruch ihren Kindern kaum noch eine jüdische Glaubenspraxis vermitteln. Der eigene Religionsunterricht liege daher auch im existentiellen Interesse der jüdischen Gemeinden. Allerdings äußerte Krochmalnik Bedenken gegenüber einem ordentlichen Schulfach Religion, da gerade der Glaube leistungsfrei bleiben sollte.
Auch Rabbinerin Gesa S. Ederberg forderte mehr jüdischen Religionsunterricht an den Schulen. »Es wäre ein großer Gewinn, wenn wöchentlich mindestens zwei bis drei Stunden ein jüdischer Fachlehrer als Ansprechpartner vor Ort wäre«, sagte Ederberg. Die meisten Lehrmaterialien für den Unterricht seien christlich geprägt und enthielten zweifelhafte bis falsche Darstellungen des Judentums. Meist würden Juden nur als Nazi-Opfer gesehen. Die jüdische Gemeinschaft werde nur sichtbar, wenn es um Antisemitismus-Debatten oder Gedenkveranstaltungen gehe. Was fehlt, wäre ein unverkrampfter Umgang mit jüdischen Mitschülern oder Kollegen. Der jüdische Religionsunterricht wäre da ein Schritt hin zur schulischen Normalität.

Terror

Hamas übergibt erneut Leichen an Rotes Kreuz

Die Hamas hat dem Roten Kreuz erneut Leichen übergeben. Ob es sich bei den sterblichen Überresten in drei Särgen wirklich um Geiseln handelt, soll nun ein forensisches Institut klären

 02.11.2025

Augsburg

Josef Schuster und Markus Söder bei Jubiläumsfeier von jüdischem Museum

Eines der ältesten jüdischen Museen in Deutschland feiert in diesem Jahr 40-jähriges Bestehen. Das Jüdische Museum Augsburg Schwaben erinnert mit einer Ausstellung an frühere Projekte und künftige Vorhaben

 29.10.2025

Interview

»Wir sind für alle Soldaten da«

Shlomo Afanasev ist Brandenburgs erster orthodoxer Militärrabbiner. Am Dienstag wurde er offiziell ordiniert

von Helmut Kuhn  29.10.2025

Bayern

Charlotte Knobloch kritisiert Preisverleihung an Imam

Die Thomas-Dehler-Stiftung will den Imam Benjamin Idriz auszeichnen. Dagegen regt sich nicht nur Widerstand aus der FDP. Auch die 93-jährige Präsidentin der Israelitischen Kultusgemeinde Münchens schaltet sich nun ein

von Michael Thaidigsmann  29.10.2025

Jerusalem

Karin Prien in Yad Vashem: »Jedes Mal für mich erschütternd«

Bei ihrer Israel-Reise erinnert die Bildungsministerin an die Millionen Opfer des Holocaust. Der Moment berührt die CDU-Politikerin auch aus einem persönlichen Grund

von Julia Kilian  28.10.2025

Bildungsministerin

Karin Prien reist nach Israel

Die CDU-Ministerin mit jüdischen Wurzeln will an diesem Sonntag nach Israel aufbrechen. Geplant sind Treffen mit dem israelischen Bildungs- und Außenminister

 26.10.2025

München

Paul Lendvai: »Freiheit ist ein Luxusgut«

Mit 96 Jahren blickt der Holocaust-Überlebende auf ein Jahrhundert zwischen Gewalt und Hoffnung zurück. Besorgt zeigt er sich über die Bequemlichkeit der Gegenwart - denn der Kampf »gegen das Böse und Dumme« höre niemals auf

 21.10.2025

Abkommen

»Trump meinte, die Israelis geraten etwas außer Kontrolle«

Die Vermittler Steve Witkoff und Jared Kushner geben im Interview mit »60 Minutes« spannende Einblicke hinter die Kulissen der Diplomatie

von Sabine Brandes  20.10.2025

Washington

Trump droht Hamas mit dem Tod

Die palästinensische Terrororganisation will ihre Herrschaft über Gaza fortsetzen. Nun redet der US-Präsident Klartext

von Anna Ringle  16.10.2025