Erich Priebke

Ende einer Mopedfahrt

Ende einer Mopedfahrt

SS-Verbrecher
Erich Priebke steht wieder
unter Hausarrest

von Ruth Reimertshofer

Nach kaum einer Woche hat ein italienisches Militärgericht den Freigang für den NS-Kriegsverbrecher Erich Priebke wieder aufgehoben. Auf dem Moped war der wegen eines Massakers an 335 Zivilisten, darunter zahlreichen Juden, zu lebenslanger Haft verurteilte ehemalige SS-Hauptsturmführer am Montag zu seinem neuen Arbeitsplatz gefahren. Eine aufgebrachte Menge erwartete ihn vor dem Eingang des Anwaltsbüros, wo der 93-Jährige als juristischer Berater und Übersetzer seiner neuen Tätigkeit nachgehen sollte. »335 Mal Scham«, stand auf den Transparenten.
Oreste Bisazza Terracini, Anwalt der Jüdischen Gemeinde Roms, der Anzeige wegen des Verdachts auf Bevorteilung von Priebke erstattet hatte, sagt: »Es geht nicht an, dass verurteilte Nazi-Massenmörder, auch wenn sie noch so alt sind, auf mildernde Umstände zählen können.«
Der Aufhebung des Freigangs ging eine Welle leidenschaftlicher Empörung im ganzen Land voraus. Am vergangenen Freitag hatte der Bürgermeister von Rom, Walter Veltroni, die Beleuchtung des Kolosseums zur Erinnerung an die 1944 bei den Ardeatinischen Höhlen bei Rom ermordeten 335 Menschen angeordnet. »Ein Verbrechen an der Stadt und der jüdischen Gemeinschaft in Italien«, so Veltroni. Das römische Militärgericht hatte es letzte Woche dem 1998 für die Beteiligung an dem Massaker zu lebenslanger Haft verurteilten Erich Priebke überraschend erlaubt, seinen Hausarrest zum »Ausüben einer Tätigkeit« im Büro seines Anwalts Paolo Giachini zu unterbrechen. Derselbe Anwalt gewährt ihm seit 1999, als seine Haftstrafe in Hausarrest umgewandelt wurde, großzügig Domizil. »Priebke ist arbeitsfähig«, sagt der beflissene Anwalt. Die damalige richterliche Begründung für die Umwandlung der Haftstrafe in Hausarrest waren »gesundheit- liche Gründe«. Und jetzt soll der damals so kranke Priebke arbeitsfähig und damit de facto ein freier Mann sein.
»Eine Beleidigung der Opfer des grausamen Massakers von 1944«, kommentierte die jüdische Gemeinde. Riccardo di Segni, Oberrabbiner Roms, gedachte in einer feierlichen Zeremonie an den Ardeatinischen Höhlen der Opfer. Italiens Justizminister »schämte sich als italienischer Staatsbürger«, der für die Militärjustiz zuständige Verteidigungsminister ließ den Generalstaatsanwalt vorführen, zehntausende Protestkarten wurden in Rom verteilt. Für weitere Empörung sorgten die neonazistischen Schmierereien im Zentrum Roms, die den Massenmörder in der Freiheit willkommen hießen. In einem eindringlichen Appell forderten mehr als 100 Parlamentsabgeordnete Staatspräsident Giorgio Napolitano auf, »der Schande ein Ende zu bereiten«.
Die richterliche Entscheidung hatte es Priebke, der nie ein Wort der Reue über seine Taten verloren hat, auch erlaubt, seinen »täglichen persönlichen Erledigungen« nachzugehen. Jeder hätte ihm beim Spaziergang im Herzen Roms auf der Straße begegnen können. Ein Affront für die Stadt, die stolz auf ihren Partisanenwiderstand gegen die Nazi-Besatzung ist. Die Suspendierung des Freigangs hat dies verhindert.

Geiseldeal

Itay Chen ist wieder in Israel

Die Leiche des 19-jährigen, israelisch-amerikanischen Soldaten wurde am Dienstagabend von Terroristen der Hamas übergeben

 05.11.2025

Jerusalem

Nach Eklat in Jerusalem: Westfälische Präses setzt auf Dialog

Projekte, Gedenkorte und viele Gespräche: Die Theologin Ruck-Schröder war mit einer Delegation des NRW-Landtags fünf Tage in Israel und im Westjordanland. Angesichts der Spannungen setzt sie auf dem Weg zur Verständigung auf Begegnungen und Dialog

von Ingo Lehnick  06.11.2025 Aktualisiert

Terror

Hamas übergibt erneut Leichen an Rotes Kreuz

Die Hamas hat dem Roten Kreuz erneut Leichen übergeben. Ob es sich bei den sterblichen Überresten in drei Särgen wirklich um Geiseln handelt, soll nun ein forensisches Institut klären

 02.11.2025

Augsburg

Josef Schuster und Markus Söder bei Jubiläumsfeier von jüdischem Museum

Eines der ältesten jüdischen Museen in Deutschland feiert in diesem Jahr 40-jähriges Bestehen. Das Jüdische Museum Augsburg Schwaben erinnert mit einer Ausstellung an frühere Projekte und künftige Vorhaben

 29.10.2025

Interview

»Wir sind für alle Soldaten da«

Shlomo Afanasev ist Brandenburgs erster orthodoxer Militärrabbiner. Am Dienstag wurde er offiziell ordiniert

von Helmut Kuhn  29.10.2025

Bayern

Charlotte Knobloch kritisiert Preisverleihung an Imam

Die Thomas-Dehler-Stiftung will den Imam Benjamin Idriz auszeichnen. Dagegen regt sich nicht nur Widerstand aus der FDP. Auch die 93-jährige Präsidentin der Israelitischen Kultusgemeinde Münchens schaltet sich nun ein

von Michael Thaidigsmann  29.10.2025

Jerusalem

Karin Prien in Yad Vashem: »Jedes Mal für mich erschütternd«

Bei ihrer Israel-Reise erinnert die Bildungsministerin an die Millionen Opfer des Holocaust. Der Moment berührt die CDU-Politikerin auch aus einem persönlichen Grund

von Julia Kilian  28.10.2025

Bildungsministerin

Karin Prien reist nach Israel

Die CDU-Ministerin mit jüdischen Wurzeln will an diesem Sonntag nach Israel aufbrechen. Geplant sind Treffen mit dem israelischen Bildungs- und Außenminister

 26.10.2025

München

Paul Lendvai: »Freiheit ist ein Luxusgut«

Mit 96 Jahren blickt der Holocaust-Überlebende auf ein Jahrhundert zwischen Gewalt und Hoffnung zurück. Besorgt zeigt er sich über die Bequemlichkeit der Gegenwart - denn der Kampf »gegen das Böse und Dumme« höre niemals auf

 21.10.2025