Konkurrenz

Eilat oder Antalya

von sabine Brandes

Michael Chen hält seine Stadt für konkurrenzlos. »Man kann keinen anderen Urlaubsort mit Eilat vergleichen.« Angefangen von Wassersport jeglicher Art an der Küste des Roten Meeres über das einzigartige Korallenriff bis zu Ausflügen in atemberaubende Wüstennatur. Neueste Attraktion ist »Kings City«, ein Erlebnispark im Disney-Stil über das Leben der israelitischen Könige und Königinnen aus der Tora. Das 31-Millionen-Dollar-Projekt auf 12.000 Quadratmetern soll noch mehrTouristen in den Süden locken. Geplant ist der Bau weiterer Hotels und eines Spielkasinos als I-Tüpfelchen.
Doch auch Chen kann nicht bestreiten, daß jedes Jahr Hunderttausende Israelis Maschinen besteigen, um in die Türkei zu fliegen, statt nach Eilat. Letztes Jahr waren es fast 400.000, Tendenz steigend. »Es ist prima, hier für ein paar Tage auszuspannen«, sagt Chaim Golan, als er in den Bus steigt, der ihn vom Flughafen Antalya zu seinem Fünf-Sterne-Hotel »Limak Lara« an der Küste bringt. Golan hat das Ferien-schnäppchen im Supermarkt gefunden. Er zahlt für den »All-Inclusive-Deal« 299 Dollar (umgerechnet 235 Euro). Hin- und Rückflug, Transfer sowie drei verschwenderische Buffets am Tag inbegriffen. Die billigen Luxus-Pakete kommen gut an. Unter fünf Sterne darf die Herberge nicht haben, viel kosten darf sie aber auch nicht.
Schalom und Lehitraot kennt hier jeder, die Kellner sprechen die nötigsten Brocken Hebräisch, die Männer und Frauen von der Rezeption sogar recht fließend. Viel ist in Antalya auf den israelischen Touristen abgestimmt, Kanal zwei im türkischen Fernsehen inklusive. Und wer einen Vertrag mit dem Mobilfunkbetreiber »Orange« hat, kann sogar sein Handy ganz normal weiterbenutzen und die Daheimgebliebenen für kleines Geld über die besten Schnäppchen informieren.
In den vergangenen zehn Jahren sind fast hundert bilaterale Übereinkünfte zwischen Israel und der Türkei geschlossen worden, darunter viele im Tourismusbereich. Die Beziehungen der beiden Staaten sind auf einem Höhepunkt. Mehr als die Hälfte aller Türkeiurlauber lassen sich in Antalya nieder, »unsere Stadt ist das Zuhause für unsere israelischen Freunde«, ließ der Bürgermeister jüngst wissen. Um nun auch religiöse Urlauberbedürfnisse zu befriedigen, öffnet im Juli das »Silence Park Resort«, das erste türkische Hotel mit glatt koscherem Restaurant. Das Restaurant mit Namen »King David« wird von Mosche Nachshoni, dem ehemaligen Leiter der Kaschrut-Abteilung des Obersten Rabbinats, geleitet.
Für einen sogenannten »Package Deal«, wie er ihn gebucht hat, müsse er in Eilat 500 Dollar zahlen, sagt Urlauber Golan. Preise seien wichtig, gibt Chen zu, doch es gehe nicht darum, daß Eilat auf Teufel komm raus mit den Angeboten für ausländische Ziele konkurriert. »Wir wissen, was wir bieten, und daß wir ausgesprochen konkurrenzfähig sind.« Die Hotels seien für die Sommersaison fast ausgebucht. Auch im eigenen Land lieben es die Israelis luxuriös. Daß Antalya der heimischen Ur-laubshochburg den Rang abläuft, daran glaubt der Marketingmann nicht. Er ist sicher, daß Landsleute, die in die Türkei fliegen, ohnehin Urlaub im Ausland machen wollen. Eilat hingegen wecke bei den meisten Israelis nostalgische Gefühle, ganz im positiven Sinn. Fast jeder kenne es schon seit der Kindheit.
Auf angestaubtes Ambiente setzt die Touristenhochburg aber nicht. Auch die angesagten Trends sollen touristisch umgesetzt werden. So gibt es neue Angebote für Radfahrer, deren Zahl in Israel rasant zunimmt. Von vierstündigen Touren rund um die Stadt für Familien bis zu anspruchsvollen sportlichen Ausflügen in die Wüste. Isaac Herzog, Tourismusminister der Regierung, machte schon bei Amtsantritt deutlich, daß er einen besonderen Fokus auf Eilat legen wolle. Bei seinem Besuch zur Eröffnung des Shangri-La-Flügels im Orchid-Hotel sagte er, Stadtverwaltung und Hotelvereinigung arbeiteten eng mit ihm zusammen, um die Stadt zu einem begehrten Ziel zu machen. »Die Regierung soll zwar nicht eingreifen, doch sie muß helfen, Bedingungen zu schaffen, um die Tourismusbranche wachsen zu lassen.«
Und sie wächst. Mehr als 2,1 Millionen Nächte wurden hier im vergangenen Jahr gebucht. Davon waren 1,95 Millionen Gäste aus dem eigenen Land. In den ersten fünf Monaten des Jahres stieg die Hotelbelegung im Süden um acht Prozent, landesweit waren es 15 Prozent. Chen ist überzeugt, daß die Zahlen in diesem Sommer noch überschritten werden. »Die Schule ist aus, die Arava-Straße Richtung Süden ist voll.«

Nachrichten

Strände, Soldat, Flüge

Kurzmeldungen aus Israel

von Sabine Brandes  21.05.2025

Sachsen-Anhalt

Sachsen-Anhalt: Verfassungsschutz sieht Demokratie bedroht

Im Osten ist die AfD besonders stark. Allerdings etablieren sich auch andere rechtsextremistische Bestrebungen

von Christopher Kissmann  19.05.2025

London

Nach antisemitischem Post: Lineker hört bei BBC auf

In den sozialen Medien teilt Gary Lineker einen Beitrag zum Israel-Gaza-Konflikt mit antisemitischer Konnotation. Nun zieht der frühere Fußballstar die Konsequenz

 19.05.2025

Erinnerungskultur

Beauftragter Klein will neues Konzept für NS-Gedenkstätten

Sie erinnern an die NS-Verbrechen und lenken den Blick auf die Gegenwart: Gedenkstätten. Sie bräuchten verlässlich Gelder und gut ausgebildetes Personal, sagt der Beauftragte der Bundesregierung gegen Antisemitismus

von Leticia Witte  19.05.2025

Berlin

»Israelfeindliche Schriftzüge« an Humboldt-Universität

Laut Polizei sind Fassaden am Haupt- und an einem Seiteneingang betroffen

 19.05.2025

Berlin

Linnemann: Migrationsabstimmung mit AfD führte zu Polarisierung

Im Januar ließ die Union über einen Antrag und Gesetzentwurf zur Verschärfung der Migrationspolitik abstimmen. Sie nahm in Kauf, dass die AfD zustimmt. Die Abstimmung hätte besser nicht stattgefunden, meint der CDU-Generalsekretär jetzt

 19.05.2025

Den Haag

Zehntausende fordern härteren Israel-Kurs

Demonstranten tragen symbolisch rote Kleidung, um eine rote Linie für die niederländische Regierung zu markieren

 18.05.2025

Nahost

Militärexperte: Vorgehen in Gaza führt zu Erstarken des islamistischen Terrors

Carlo Masala warnt vor einer Erhöhung des Konfliktpotenzials in der Region

 17.05.2025

Jerusalem

»Der Papst hat Lust auf Dialog«

Abt Nikodemus Schnabel über die Wahl von Leo XIV., das jüdisch-christliche Gespräch und Hoffnung auf Frieden in Nahost

von Michael Thaidigsmann  14.05.2025