Etgar Keret

»Dov Khenin ist unser Barack Obama«

Herr Keret, Tel Avivs bisheriger Bürgermeister Ron Huldai konnte sein Amt nur knapp behaupten. Der Kommunist Dov Khenin hätte ihm den Sieg bei der Kommunalwahl in der vergangenen Woche fast streitig gemacht. Was war da los?
keret: Es gibt viele unzufriedene junge Menschen in Tel Aviv. Sie ziehen meist nach der Armeezeit hierher, um zu studieren oder Karriere zu machen. Wenn Familie und Kinder kommen, gehen sie wieder weg. Die Stadt bleibt also jung und innovativ. Aber in den vergangenen Jahren sind viele Amerikaner und Franzosen gekommen, die sich hier Appartements gekauft haben. Dadurch sind die Immobilienpreise in die Höhe geschnellt, Wohnungen sind kaum noch zu bezahlen. Und das, obwohl die reichen Ausländer gar nicht dauerhaft in ihren Appartements leben. So haben die jungen Leute das Gefühl, dass ihnen die Stadt weggenommen wird. Deshalb haben die die Liste »Ir Lekulanu« (hebr.: die Stadt für uns alle) gewählt.

Mit Dov Khenin an der Spitze. Welche Rolle spielt seine politische Orientierung?
keret: Viele, die ihn gewählt haben, stimmen mit seiner großen politischen Linie nicht überein. Die Menschen hier sind sehr pragmatisch. Entscheidend waren vor allem kommunalpolitische Fragen. Früher waren Kommunalwahlen etwas, was nur die ältere Gene- ration interessiert hat. Jetzt sind die Jungen selbst zur Wahl gegangen. Irgendwie ist Dov Khenin so etwas wie unser Barack Obama. Er spricht für die Leute, deren Stimme bislang nicht gehört wurde.

Im Unterschied zu Obama landete Khenin aber nur auf Platz zwei.
keret: Er hatte auch keinen so guten finanziellen Rückhalt wie Obama. Aber Khenin hat die Unterstützung der Straße. Amtsinhaber Huldai hat bislang eher im Sinne der Wohlhabenden regiert und gedacht, dass eine Mehrheit diese Politik unterstützt. Noch kurz vor der Wahl galt er als einer der sichersten Bürgermeisterkandidaten in Israel. Nun wird er sich auf eine starke Opposition einstellen und seine Agenda ändern müssen.

Haben Sie für den Wechsel gestimmt?
keret: Da ich in Ramat-Gan gemeldet bin, musste ich meine Stimme dort abgeben. Doch meine Frau hat für Khenin gestimmt. Ich habe ihn aber auch unterstützt, aus zwei Gründen: Weil ich selbst nicht zu denen gehöre, die viel Geld haben. Und weil ich lieber eine junge, kreative Stadt will als eine mit leeren Appartements reicher Leute.

Mit dem israelischen Schriftsteller sprach Detlef David Kauschke.

Berlin

Bundesamt entscheidet wieder über Asylanträge aus Gaza

Seit Anfang 2024 hatte das BAMF nicht mehr über Asylanträge aus Gaza entschieden. Nun wurde der Bearbeitungsstopp laut Innenministerium aufgehoben

 18.07.2025

Syrien

Netanjahu will keine Regierungstruppen südlich von Damaskus

Nach Berichten über Massaker gegen die drusische Minderheit hat Israel eingegriffen

 17.07.2025

Bonn

Schoa-Überlebende und Cellistin Anita Lasker-Wallfisch wird 100

Sie war die »Cellistin von Auschwitz« - und später eine engagierte Zeitzeugin, die etwa vor Schülern über ihre Erlebnisse unter dem NS-Regime sprach. Jetzt feiert sie einen besonderen Geburtstag

von Leticia Witte  15.07.2025

Israel

Eli Sharabis Bestseller bald auch auf Englisch

Zum zweiten Jahrestag des Hamas-Massakers vom 7. Oktober 2023 soll das Buch der ehemaligen Geisel veröffentlicht werden

von Sabine Brandes  10.07.2025

Genf

Türk verurteilt US-Sanktionen gegen Albanese

Der Hochkommissar der Vereinten Nationen für Menschenrechte, Volker Türk, sprach von »Angriffen« und »Drohungen« gegen die umstrittene Italienerin

 10.07.2025

Der unter liberianischer Flagge fahrende Massengutfrachter "Eternity C" beim Untergang im Roten Meer am Mittwoch, den 9. Juli 2025.

Terror auf See

Tote nach Huthi-Angriff auf Handelsschiff

Die Huthi-Miliz im Jemen versenkt innerhalb von 24 Stunden zwei Schiffe auf dem Roten Meer

von Nicole Dreyfus  10.07.2025

Wien

Vor Treffen mit Sa’ar: Wadephul ermahnt Israel

Der Bundesaußenminister will sich weiter für einen Waffenstillstand und die Freilassung der Geiseln einsetzen, verlangt aber bessere humanitäre Hilfe in Gaza

 10.07.2025

Gaza

Das Dilemma des Deals

Premier Benjamin Netanjahu hat das Weiße Haus ohne ein Freilassungsabkommen für die israelischen Geiseln verlassen. Die Verhandlungen gehen weiter

von Sabine Brandes  09.07.2025

Berlin

Bundestagspräsidentin will Angehörige israelischer Geiseln treffen

In dieser Woche sind Angehörige der von der Hamas verschleppten Geiseln in Berlin. Am Dienstag kommt Bundestagspräsidentin Klöckner mit ihnen zusammen. Sie formuliert im Vorfeld klare Erwartungen

 07.07.2025