Peru

Der Stimmenfänger

von Harald Neuber

Das Urteil war vernichtend. Wie es sein könne, fragte der Schriftsteller Mario Vargas Llosa Anfang April, daß ein Drittel der peruanischen Bevölkerung wenige Jahre nach der Autokratie Alberto Fujimoris wieder »eine Diktatur mit gesteuerter Presse, manipulierter Justiz, Straflosigkeit und Verletzung der Menschenrechte will«. Das Urteil bezog sich auf Umfragen, die den politischen Newcomer Ollanta Humala als Favoriten für das Präsidentenamt sahen. Zu Recht: Mit gut 30 Prozent ging der 42jährige am 9. April als Sieger aus der ersten Wahlrunde hervor. Anfang Juni wird er gegen die zweitplazierte konservative Kandidatin Lourdes Flores antreten. Seine Chancen stehen gut.
Bislang wurde im Wahlkampf vor allem eines deutlich: Nachdem Fujimori Peru bis zu seinem Sturz im Jahr 2000 mit Hilfe eines orwellschen Geheimdienstapparates gut zehn Jahre im eisernen Griff hielt, kommt das Andenland nach wie vor nicht zur Ruhe. Denn der überraschende Erfolg Humalas hat die peruanische Gesellschaft tief gespalten. Die Polarisierung hat vor allem einen Grund: Mit seinem Bündnis aus Nationalistischer Partei und Union für Peru hat der ehemalige Oberstleutnant die Konsolidierung der Macht von Christ- und Sozialdemokraten verhindert, egal ob er letztlich gewinnt oder nicht.
Dabei geht es Humala weder um rechte oder linke Politik. Sein Programm zielt, soweit bekannt, auf die Stärkung des Staates ab. Denn die staatliche Ordnung ist in dem Andenland nicht nur historisch bedingt unterentwickelt, sie ist durch die neoliberale Politik der vergangenen Jahrzehnte zusätzlich geschwächt worden. Daß dies deutlich zu Lasten der armen Bewohner ging – das ist mehr als die Hälfte –, machte Humala in seiner Kampagne zum zentralen Thema. Er plädiert für einen integrativen Nationalstaat, fordert die staatliche Kontrolle der Schlüsselindustrien und die Kontrolle von Privatisierungen. Trotz dieses eher reformerischen Programms wurden mitunter schwere Geschütze gegen ihn aufgefahren. Ein Rassist sei er, ein potentieller Diktator und Kriegstreiber. Auch der Vorwurf des Antisemitismus kam auf.
Im November vergangenen Jahres hatte der damalige Vorsitzende der 1923 gegründeten Israelitischen Union Perus, Isaac Mekler, Humala als »Wolf im Schafspelz« bezeichnet, nachdem dieser unmittelbar nach seiner Nominierung mit antisemitischen Kommentaren aufgefallen war.
Nach mehreren Treffen mit Humala nahm Mekler sein Urteil nicht nur zurück, sondern kandidierte sogar für Humala im Kongreß. Dieser Meinungswandel war weniger spannend als die Reak- tionen. »Jüdische Lobby unterstützt Ollanta«, titelte die Tageszeitung Expreso Ende Dezember. Das Bild des Kandidaten wurde kurzerhand vor einen Davidstern montiert. Obwohl mehrere Aussagen des Artikels am Folgetag dementiert werden mußten, verfehlte der ursprüngliche Beitrag seine Wirkung nicht. Eine faschistische Splittergruppe zitierte Expreso als Beleg für ihre Theorie einer »jüdischen Infiltration«. Der Artikel endet mit dem Aufruf »Peru erwache!«

Oranienburg

Gedenkstätte Ravensbrück zeigt Kunst aus Fundstücken

Präsentiert werden Zeichnungen von Friederike Altmann sowie »vernähte Fundstücke« vom ehemaligen KZ-Areal

 07.06.2023

Berlin

Chialo will »exzellente Nachfolge« für Daniel Barenboim

An der Staatsoper Unter den Linden gilt es, große Fußstapfen zu füllen

 05.06.2023

Jahresbericht

Weniger Fälle von Extremismusverdacht in Bundeswehr

Der Militärische Abschirmdienst (MAD) habe zum Jahreswechsel 962 Fälle bearbeitet, hieß es

 04.06.2023

Fußball

»Feuert unsere Jungs an!«

Für Makkabi geht es um den Titel und um die Teilnahme am DFB-Pokal in der nächsten Saison

von Elke Wittich  02.06.2023

Dresden

Sachsen unterstützt neue Antisemitismus-Projekte

Abgedeckt werden unter anderem der Umgang mit Verschwörungsmythen und die Befähigung zur argumentativen Gegenwehr

 01.06.2023

Unglück auf dem Lago Maggiore

Geheimdienst-Mitarbeiter und israelischer Ex-Agent unter den Toten

Israels Außenministerium bestätigt den Tod eines etwa 50 Jahre alten israelischen Staatsbürgers

 30.05.2023

Streaming

Warum Serien über ultraorthodoxe Juden so erfolgreich sind

»Shtisel« und »Unorthodox« fanden weltweit ein großes Publikum auf Netflix. Mit der Serie »Rough Diamonds« steht jetzt wieder eine ultraorthodoxe Familie im Mittelpunkt

von Christiane Laudage  30.05.2023

Studie

Ist Grüner Tee wirklich gesund?

Israelische und kanadische Forscher finden heraus, dass Grüner Tee ungeahnte Gefahren bergen könnte

von Lilly Wolter  28.05.2023

Wissenschaftler über Berg in Brienz: Es gibt drei Szenarien - zwei sind besonders dramatisch

von Beni Frenkel  25.05.2023