Vorschrift

Das verflixte siebte Jahr

von Detlef David Kauschke

Die meisten interessiert es nicht, einige haben noch nicht einmal davon gehört: Ei-
nem Bericht der Tageszeitung Yedioth Ahronoth zufolge ignorieren 62 Prozent aller Israelis den Umstand, dass ihnen ein Schmitta-Jahr ins Haus steht.
Eine Umfrage des Smith Instituts un-
ter 500 erwachsenen Israelis ergab, dass 71 Prozent der Befragten zumindest etwas mit dem Begriff »Schmitta« anzufangen wussten, aber die überwiegende Hälfte keine Ahnung davon hatte, dass die Regeln im kommenden Jahr anzuwenden seien. Gleichwohl waren 78 Prozent der religiösen Umfrageteilnehmer davon über-
zeugt, dass es auch heute noch sehr viel Sinn mache, die Schmitta-Regeln zu befolgen, da sie ökologische, soziale und spirituelle Werte vereinen. Hingegen meinten 43 Prozent der Nichtreligiösen, diese Re-
geln gehörten in eine Zeit, in der die Menschen noch überwiegend von Viehzucht und Ackerbau lebten.
Nun ist das heutige Israel kein Agrarland im eigentliche Sinne mehr, dennoch gelten die biblischen Gebote im jüdischen Staat nach wie vor. 1951 wurde erstmals in der modernen Geschichte das Schmitta-Jahr offiziell deklariert, seitdem alle sieben Jahre, so auch im Jahr 5768 des hebräischen Kalenders, vom 13. September 2007 bis zum 29. September 2008.
Gesetzestreue Juden dürfen in dieser Zeit keine landwirtschaftlichen Produkte jüdischer Bauern aus dem Heiligen Land kaufen oder verspeisen. Da sich das Gebot nach rabbinischer Auslegung nur auf Bo-
den bezieht, der auch wirklich im Besitz von Juden ist, konnten in den vergangenen Schmitta-Jahren palästinensische Bauern aushelfen. Tomaten, Kartoffeln, Melonen, sowie anderes Obst und Gemüse kam aus der Westbank oder dem Gasastreifen. Das ist jetzt, nach der Machtübernahme der Hamas in Gasa, weitaus schwieriger. Wie die Jerusalem Post berichtete, prüft die israelische Armee, ob und auf welchen Wegen Lieferungen nach Israel trotz allem möglich sind. Auch für den Schutz jüdischer Kaschrut-Aufseher auf den palästinensischen Feldern muss gesorgt werden.
Eine Alternative, Obst und Gemüse anzubauen, und dennoch nicht gegen das Schmitta-Gebot zu verstoßen, hatten findige Rabbiner vor rund 100 Jahren erdacht: »Heter Mechira«. Dabei übertragen Landwirte die Eigentumsrechte für ihre Nutzflächen in einem symbolischen Akt an Nichtjuden, wodurch sie die Möglichkeit erhalten, ihren Grund und Boden weiterhin zu bearbeiten. Diese bislang weitverbreitete Praxis wurde jetzt durch verschiedene Schriftgelehrte, unter ihnen der führende Rabbiner der litauischen Charedim, Rabbi Yosef Schalom Elyashiv, heftig kritisiert. Auf Plakaten und in Zeitungsanzeigen werden Landwirte und Öffentlichkeit aufgefordert, sich nicht dieser Praxis anzuschließen, da sie gegen die Heiligkeit der Mizwa verstoße.
Der Oberrabbiner von Herzlija ging jetzt noch einen Schritt weiter: Yitzhak Yaakobovitch erklärte das »Heter Mechira« in seiner Stadt für ungültig. Er kündigte an, dass nur Hotels und Restaurants, die während der kommenden Monate ihr Obst und Gemüse importieren, mit seinem Kaschrut-Zertifikat fürs nächste Jahr rechnen dürften. Hoteliers, Gaststättenbetreiber und Agrarerzeuger fürchten um ihre Zukunft.
Weniger umstritten ist das »Otzar Beit Din«. Der Halacha entsprechend wird da-
bei das Land für das Schmitta-Jahr einem rabbinischen Gericht, Beit Din, übertragen. Somit handelt der jüdische Landwirt später im Auftrag des Beit Din, arbeitet nicht auf eigenem Boden. Die Ernte wird auch vom Beit Din veräußert. Anders als beim »Heter Mechira« ist damit die Heiligkeit des Produkts gewahrt. So funktioniert das zum Beispiel bei der Golan-Weinkellerei in Katzrin. Wie Reuwen Pfeifruck vom Besucherzentrum der Golan Hights Winery erläutert, müssen Weinfreunde deshalb weder auf den Jahrgang 2007 noch auf 2008 verzichten: »Wir dürfen unter besonderen Auflagen die Trauben lesen. Nur den Boden und die Weinstöcke können wir im Schmitta-Jahr nicht bearbeiten.«
Eine andere Möglichkeit zum Anbau von Obst und Gemüse im Schmitta-Jahr bietet »Otzar Haaretz«: In Gewächshäuern wird eine bestimmte Bodenfläche mit physikalischen Hilfsmitteln einige Zentimeter in die Höhe gehoben, so dass die Produkte nicht auf dem »Land« wachsen.
Doch es gibt nicht nur Ideen, die den in Israel lebenden frommen Juden helfen, sich mit der Mizwa des Schabbatjahres zu arrangieren. Umgekehrt macht es »Shomrei Shviit« Juden auch in der Diaspora möglich, das Schmitta-Gebot einzuhalten. Für 180 Dollar können Gläubige über das Internet (www.shviit.com) ein kleines Stück israelischen Ackerboden für ein Jahr kaufen, der dann garantiert ab Rosch Haschana brachliegt. Simcha Margaliot, der Direktor der Jerusalemer Organisation, sagt: »Erstmals wird für viele Menschen Schmitta nicht nur ein theoretisches Gebot zum Diskutieren und Lernen, sondern eine praktische und lebendige Mizwa sein.«

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