Schönheitsideal

Blondinen bevorzugt

von Wladimir Struminski

Die Blondine im knappen Badeanzug rä-
kelt sich lasziv. Blond und lasziv ist auch ihre Freundin. Gleich nebenan wirft sich die dritte Blondine in Pose. Sie hat noch knapper geschnittene, schwarze Unterwäsche an. Wir befinden uns aber nicht inmitten eines skandinavischen Schönheitswettbewerbs, auch nicht am Strand von Eilat. Die blonden Damen präsentieren ihre Vorzüge im Katalog eines israelischen Modehauses. Auch unter Mannequins, die die israelische Kundschaft zum Kauf von Kühlschränken, Autos oder Eigenheimen animieren, glänzt das Haar oft gold. Ein Blick auf die Internetseiten führender is-
raelischer Agenturen zeigt, dass zwischen der Hälfte und zwei Drittel aller Topmodels blond daherkommen – dies obwohl nur fünf bis zehn Prozent der Israelis blond sind, je nachdem wie großzügig man den Begriff definiert.
Ob wegen oder trotz des Seltenheitswertes: Blond ist in Israel nicht nur in der Werbung, sondern auch in der Gesellschaft in. Bei Männern sowieso. »Blondinen sind sexy«, weiß Nimrod, angehender Betriebswirt aus Tel Aviv, zu berichten. »Blond fällt eben eher auf«, erklärt Computertechniker Dani, lässt sich aber als treuer Ehemann einer brünetten Gattin nicht aufs Glatteis überschwänglicher Schilderungen führen. Allerdings machen auch viele Vertreterinnen des schönen Geschlechts mit. »Vom Blondieren kann man gut leben«, verrät deshalb Friseurmeister Schuki aus Jerusalem. »Ich gebe zu, ich will attraktiver sein«, bekennt Schukis Kundin Ronnie und guckt leidend unter der Tro-
ckenhaube hervor. Sie ist das, was der israelische Volksmund »Blondine mit schwarzer Vergangenheit« nennt.
Miri hatte Färben lange Zeit nicht nö-
tig. Dank ihrer skandinavischen Mutter kam sie superblond zur Welt. »Es war richtig toll«, erinnert sich die medizinische Fachkraft an ihre Junggesellinnenjahre. »Mir flogen die Männer nur so zu. Das habe ich sehr genossen und nicht zu knapp genutzt.« Wenn Miri etwas leidtut, dann die Tatsache, dass ihr Haar mit der Zeit nachgedunkelt ist. Jetzt muss auch sie zum Friseur.
Selbst ultraorthodoxe Frauen, die nach der Hochzeit ihr eigenes Haar mit einer Perücke bedecken, sagen nicht nein zu Blond. »Blonde Perücken sind gefragt«, verrät der Inhaber einer Kunsthaarwerkstatt in Jerusalem, der namentlich ungenannt bleiben will. Natürlich lassen sich nicht alle in die blonde Ecke drängen. »Frauen, die sich die Haare blond färben lassen, finde ich blöd«, erklärt die Supermarktverkäuferin Sarid. Sie will sich ihre schwarzen Haare zwar nachfärben, wenn sie eines Tages ergrauen, aber niemals blondieren.
Die Gleichung »blond ist schön« gilt auch bei Kindern, jedenfalls in Medien und Werbung. »Jadaim lemala al ha-Rosch«, ist eine beliebte Sendung im Baby-Kanal des israelischen Fernsehens. Heute übt die Moderatorin mit Maja und Schira, beide anderthalb Jahre alt, das Bekleben von Plas-
tikflaschen mit gelben und blauen Aufklebern. Es gilt, möglichst gerade Reihen zu bilden. Der Aufgabe entledigen sich die Mädchen unter dem Beifall der Moderatorin und der beiden Mütter mit Erfolg. Sie sind gehörig stolz auf sich und niedlich anzusehen. Und natürlich blond. Auch in anderen Kindersendungen wie in der Werbung sind Blondschöpfe überrepräsentiert. Auf der Sparpackung Feuchttücher, wohlgemerkt made in Israel, macht ein blondes Prinzchen ein zufriedenes Gesicht.
Allerdings glaubt Schlomo, Inhaber einer Ehevermittlung, dass die Vorliebe für Blond eine oberflächliche Erscheinung ist. »Mag sein, dass sich der junge Bursche auf der Straße nach Blondinen umdreht. Schließlich tun das Männer weltweit«, sagt der Schadchen mit jahrzehntelanger Be-
rufserfahrung. »Aber wenn’s ums Heiraten geht, wissen es die Israelis besser. Aus meiner Erfahrung kann ich jedenfalls sagen, dass die Haarfarbe bei der Heiratsentscheidung keine Rolle spielt.«
Schalom Levy, Medien- und Werbeforscher von der Bar-Ilan-Universität macht sogar einen Gegentrend aus. »Es ist wahr, das blond noch immer verehrt wird«, sagt der Forscher. »Letztendlich aber steht blond für ausländisch, und ausländisch stand lange Zeit für erfolgreich. Heute gibt es aber genug einheimische Erfolgsmenschen, mit denen sich die Israelis identifizieren können. Und diese sind meistens nicht blond.« Das gilt beispielsweise für Nachwuchstalente aus dem Showgeschäft wie die beliebte Sängerin Ninet Tajeb. In der Werbung geht der Trend ebenfalls zum einheimischen und damit eher mediterranen Typ. Schließlich setzt sich die Einsicht durch, dass die Bevorzugung des europäischen Aussehens diskriminierend ist. Kurzum: In der Fantasie mancher Herren wird sich die Blondine auch in Zukunft lasziv räkeln. Die kulturell geprägte Verehrung des Blondschopf-
Ideals geht aber nach und nach zurück.

Israel

Eli Sharabis Bestseller bald auch auf Englisch

Zum zweiten Jahrestag des Hamas-Massakers vom 7. Oktober 2023 soll das Buch der ehemaligen Geisel veröffentlicht werden

von Sabine Brandes  10.07.2025

Genf

Türk verurteilt US-Sanktionen gegen Albanese

Der Hochkommissar der Vereinten Nationen für Menschenrechte, Volker Türk, sprach von »Angriffen« und »Drohungen« gegen die umstrittene Italienerin

 10.07.2025

Der unter liberianischer Flagge fahrende Massengutfrachter "Eternity C" beim Untergang im Roten Meer am Mittwoch, den 9. Juli 2025.

Terror auf See

Tote nach Huthi-Angriff auf Handelsschiff

Die Huthi-Miliz im Jemen versenkt innerhalb von 24 Stunden zwei Schiffe auf dem Roten Meer

von Nicole Dreyfus  10.07.2025

Wien

Vor Treffen mit Sa’ar: Wadephul ermahnt Israel

Der Bundesaußenminister will sich weiter für einen Waffenstillstand und die Freilassung der Geiseln einsetzen, verlangt aber bessere humanitäre Hilfe in Gaza

 10.07.2025

Gaza

Das Dilemma des Deals

Premier Benjamin Netanjahu hat das Weiße Haus ohne ein Freilassungsabkommen für die israelischen Geiseln verlassen. Die Verhandlungen gehen weiter

von Sabine Brandes  09.07.2025

Berlin

Bundestagspräsidentin will Angehörige israelischer Geiseln treffen

In dieser Woche sind Angehörige der von der Hamas verschleppten Geiseln in Berlin. Am Dienstag kommt Bundestagspräsidentin Klöckner mit ihnen zusammen. Sie formuliert im Vorfeld klare Erwartungen

 07.07.2025

Magdeburg

Batiashvili und Levit mit Kaiser-Otto-Preis ausgezeichnet

Der Kaiser-Otto-Preis ist die höchste Auszeichnung der Stadt Magdeburg. Er wurde im Jahr 2005 anlässlich des 1.200-jährigen Stadtjubiläums zum ersten Mal verliehen. In diesem Jahr ging er an zwei Künstler, die sich gesellschaftlich engagieren

von Oliver Gierens  03.07.2025

Israel

Gideon Saar: Mehrheit der Regierung will Gaza-Deal

Israels rechtsextreme Minister Itamar Ben-Gvir und Bezalel Smotrich möchten einen neuen Gaza-Deal verhindern. Laut Außenminister Saar sind die meisten Regierungsmitglieder aber anderer Ansicht

 02.07.2025

Politik

Dobrindt in Israel - Treffen mit Netanjahu geplant

Innenminister: »Ich will zeigen, dass wir Israel als engsten Partner im Kampf gegen den Terror unterstützen.«

 28.06.2025